13. AHV-Rente: Darum geht es bei der Abstimmung am 3. März
Das Schweizer Stimmvolk entscheidet, ob Pensionierte in der Schweiz eine 13. AHV-Rente erhalten sollen. Die Ausland-Renten spielen im Abstimmungskampf eine wichtige Rolle. Sie werden überschätzt.
Unser «Let’s Talk» zu den beiden AHV-Vorlagen vom 3. März:
Wie kommt es zu dieser Vorlage?
Abgestimmt wird über eine Volksinitiative der Gewerkschaften. Diese gaben der Vorlage auch den Titel: «Für ein besseres Leben im Alter».
Die Initiative verlangt die Einführung einer 13. AHV-Rente, analog dem in der Schweiz weit verbreiteten 13. Monatslohn. Diese Zusatzrente soll die Kaufkraft steigern.
Vielen Renter:innen in der Schweiz reichen die Beiträge der AHV tatsächlich nicht, um den Existenzbedarf zu decken. Sie erhalten in diesem Fall sogenannte Ergänzungsleistungen.
Wie die 13. AHV-Rente finanziert werden soll, legt der Initiativtext nicht fest. Denkbar ist eine Finanzierung durch die Gewinne der Schweizerischen Nationalbank, durch Steuererhöhungen oder durch höhere Lohnabzüge bei den Erwerbstätigen.
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Wie sieht die AHV-Rente bisher aus?
Eine volle Schweizer AHV-Rente entspricht für Einzelpersonen einer monatlichen Auszahlung von mindestens 1225 Franken bis maximal 2450 Franken. Ehepaare erhalten bis zu 3675 Franken.
Die Höhe der AHV-Rente hängt davon ab, wie lang jemand Beiträge bezahlt hat und wie hoch das durchschnittliche Jahreseinkommen war.
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Wie eine AHV-Initiative die Schweizer Stimmberechtigten überzeugte
Um wieviel Geld geht es?
Die Schweizer Rentenversicherung AHV braucht heute jährlich rund 50 Milliarden Franken. Dieses Geld kommt zur Hauptsache durch die Beiträge der erwerbstätigen Bevölkerung und ihrer Arbeitgeber und -geberinnen zusammen. Diese Einnahmen machen fast drei Viertel aller Einnahmen aus.
Das restliche Viertel stammt aus anderen Quellen: Konkret bezahlt der Bund 20% der AHV-Ausgaben. Auch über die Mehrwertsteuer und über Glücksspielsteuern fliessen Gelder in die AHV.
Wird die Initiative angenommen, steigt der Bedarf unmittelbar auf 4 bis 5 Milliarden Franken pro Jahr. Auch ohne eine 13. Rentenauszahlung steigt die Summe der Renten in den nächsten Jahren, weil die Generation der Babyboomer ins Rentenalter kommt. Prognosen sagen, dass der Bedarf in zehn Jahren bei 63 Milliarden Franken liegt.
Was würde sich ändern?
Die monatliche Rente soll ab 2026 jährlich ein dreizehntes Mal ausbezahlt werden. Die maximale jährliche Altersrente würde für Einzelpersonen damit um 2450 Franken auf 31’850 Franken und für Ehepaare um 3675 auf 47’775 Franken steigen.
Was sagt das Ja-Lager?
Die Intiant:innen argumentieren, dass die Rentnerinnen und Rentner wegen der steigenden Lebenshaltungskosten mehr Unterstützung brauchen. Die AHV werde dem Verfassungsauftrag, für die Existenzsicherung zu sorgen, nicht mehr gerecht.
Tatsächlich sind Mieten, Krankenkassenprämien, Strom und Lebensmittel gegenüber den Renten in den letzten Jahren markant gestiegen. «Die Teuerung frisst den Rentner:innen bis Ende 2024 eine ganze Monatsrente weg», lautet etwa eine Parole der SP.
Argumentiert wird auch mit der Situation der Frauen. Für viele von ihnen ist die AHV das wichtigste Renteninstrument, da sie aufgrund traditioneller Berufsbiografien oft weniger Pensionskassen-Vermögen anhäufen konnten.
Die Befürworter:innen halten die Erhöhung für finanzierbar. Sie sagen, dass bisherige Prognosen für die Finanzlage der AHV stets zu pessimistisch waren.
Was sagt das Nein-Lager?
Bundesrat sowie National- und Ständerat empfehlen die Initiative zur Ablehnung, da sie zu viel koste. Die AHV sei insgesamt nur bis etwa 2030 genügend finanziert. Bald schon falle also ohnehin eine neue Rentensanierung an – auch ohne diese Zusatzrente.
Hauptkritikpunkt aber ist: Wie soll es bezahlt werden? Für die Gegner:innen will die Initiative folglich Geld umverteilen, das gar nicht da ist. Und dies vorwiegend auf dem Buckel der Jungen.
Kritisiert wird zudem, dass die Rentenerhöhung nach dem Giesskannenprinzip erfolgt. Auch Personen mit hohen Einkommen würden davon profitierten.
Welche Rollen spielen die Auslandrenten?
800’000 Rentenberechtigte leben im Ausland – fast jeder dritte AHV-Bezüger also, wie diese Grafik zeigt:
Es sind Auslandschweizer:innen ebenso wie rückgewanderte ausländische Fachkräfte.
Viele, denen das Leben in der Schweiz im Rentenalter zu teuer wurde, sind in den letzten Jahren ausgewandert. Eine halbe Milliarde Franken überweist die AHV jährlich ins Ausland.
Entsprechend kommt dieser Gruppe im Abstimmungskampf eine tragende Rolle zu.
Die Gegnerschaft argumentiert, dass diese Renten aufgrund des starken Frankens gegenüber vielen Landeswährungen ohnehin erheblich an Kaufkraft gewonnen haben.
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Sind Rentner:innen im Ausland tatsächlich Profiteure?
Auf der anderen Seite steht eine grosse Gruppe von Aus- oder Rückgewanderten, für welche die AHV oft der zentrale Rentenpfeiler ist. Sie haben in ihrem Erwerbsleben in der Schweiz das Rentensystem mitgetragen, und viele von Ihnen habe keine oder wenig andere Rentenmittel.
Eine bedeutende Anzahl von ihnen hat die Schweiz wohl deshalb verlassen, weil die Renten im Inland nicht ausreichen würden. Weil ihre Renten im Durchschnitt tiefer sind, fallen diese Renten in der Summe weniger ins Gewicht.
Ihr Anteil an der Summe aller Rentenzahlungen beträgt im Moment knapp 14%. Zugenommen hat der Anteil in den letzten 10 Jahren gerade mal um 1%.
Die Alter- und Hinterlassenenvorsorge AHV ist das wichtigste Sozialwerk der Schweiz. Sie ist die obligatorische staatliche Altersversicherung und soll allen ein Alter ohne Armut ermöglichen. Ihr Zweck ist also die Sicherung des Grundbedarfs.
Das ist auch in der Schweizer Verfassung verankert. Dort steht, dass die die AHV «den Existenzbedarf angemessen zu decken» habe.
Die AHV bildet die erste Säule des Schweizer Rentensystems und damit dessen Basis. Als zweite Säule kommen häufig Pensionskassengelder dazu. Wem eine AHV nicht reicht, hat auch Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Mehr als 2,5 Millionen Pensionierte profitieren derzeit von einer AHV-Rente.
Die AHV beruht auf dem Umlageverfahren. Geld, das die AHV von der arbeitstätigen Schweizer Bevölkerung einnimmt, fliesst direkt zu den Pensionierten.
Es wird also nicht zur Seite gelegt und später ausbezahlt. Man spricht deshalb auch von einem Generationenvertrag: Die Erwerbstätige Generation finanziert die Generation der Pensionierten.
In der AHV sind grundsätzlich alle Personen versichert und beitragspflichtig, die in der Schweiz wohnen oder arbeiten.
Parolenspiegel
Ja: SP, Grüne
Gewerkschaftsbund, Travailsuisse
Nein: SVP, Mitte, FDP, GLP, EVP
Bundesrat und Parlament
Arbeitgeberverband, Gewerbeverband, Economiesuisse, Bankiervereinigung
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