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AAD 10: So arbeitet die Elite-Einheit der Schweizer Armee

Einsatz der Spezialeinheit AAD10 mit Helikopter und Schlauchboot
Das Armee-Aufklärungsdetachement AAD10 bei einer Schulungslektion namens "Amphibie“ auf dem Lago Maggiore. Ruedi Weiss

Vieles ist geheim bei der Spezialeinheit der Schweizer Armee. Jeder Einsatz muss von der Regierung genehmigt werden. Erstmals wurde für ein Filmteam und für unseren Journalisten nun ein Einblick möglich.

«Wer auf Rambo machen will, hat bei uns nichts zu suchen», sagt Papy*. Er ist Instruktor bei der einzigen professionellen Elite-Einheit der Schweizer Armee, dem Armee-Aufklärungsdetachement, Codename AAD10. Er leitet heute am Luganersee die Schulungslektion namens «Amphibie». Angesagt ist ein Angriff vom Wasser auf eine Stellung an Land.

Die Truppe sitzt einsatzbereit im Schlauchboot und wartet aufs Kommando. «Wer bei uns dabei sein will, muss eine überdurchschnittliche mentale und körperliche Leistungsfähigkeit mitbringen und sich zu hundert Prozent den Zielen unserer Missionen verpflichten“, sagt der 53-jährige Ausbildungsleiter. Ein letzter Blick in die Runde. Dann schickt Papy seine schwerbewaffneten Soldaten ins Wasser.

Andere Methoden zur Problemlösung

Einer von ihnen ist Marc*. Er hat das anspruchsvolle Auswahlverfahren geschafft. Marc ist 29 Jahre alt, gelernter Betriebswirtschaftler. Er absolviert seit neun Monaten die Grundausbildung fürs Aufklärungsdetachement. Weitere Informationen zu seiner Person gibt er nicht preis. Dass er in dieser Spezialeinheit mitwirkt, wissen nur seine Familienangehörigen und ein ganz enger Freundeskreis. «Für alle anderen bin ich einfach Berufssoldat bei der Schweizer Armee», erklärt er.

Spezialisiert für Einsätze im Ausland

Das AAD10, das Kürzel steht für Armee-Aufklärungsdetachement 10, wurde 2004 gegründet. Die Soldaten – Soldatinnen gibt es in diesem Detachement keine – sind ausgebildet, in einem schwierigen Umfeld Personen und Sachen zu schützen oder im Ausland gefährdete Schweizer:innen zu evakuieren. Zu den Aufgaben gehören Nachrichtenbeschaffung, Rettung, Befreiung und Rückführung von Schweizer Bürger:innen und der «Schutz von Truppen, Personen und Einrichtungen in Krisenlagen».

Gefährliche Einsätze…

Über Einsätze dieser Spezialkräfte wird wenig kommuniziert. Offiziell im Einsatz standen die Elitesoldaten des AAD10 etwa, als sie Bundespräsident Ignazio Cassis jüngst im Oktober 2022 auf einer überraschenden Reise in die Ukraine begleiteten. Schon im Februar 2022 sorgte die Eliteeinheit für Schlagzeilen, als sie den Schweizer Botschafter und weitere Botschaftsmitarbeitende aus Kiew ausser Landes brachte.

Im August 2021 waren Soldaten der Einheit in Afghanistan an der Evakuierung von 387 Menschen beteiligt, nachdem die Taliban dort die Macht wieder übernommen hatten. Über andere Einsätze weiss man wenig bis gar nichts.Alle diese Einsätze müssen vom Bundesrat bewilligt werden.

Doch nicht alle geplanten Einsätze wurden auch umgesetzt: 2009 musste die Truppe den Plan aufgegeben, einen Schweizer Geschäftsmann aus libyscher Geiselhaft zu befreien. Und 2020 sollte das AAD10 die Vertretung der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit in Kabul schützen. Zu beidem kam es nicht. Medien hatten die Pläne im Vorfeld publik gemacht, worauf das Parlament ablehnte.

Das Ausbildungsprogramm ist herausfordernd. Interessent:innen müssen einen detaillierten Lebenslauf und ein Motivationsschreiben einreichen. Dann folgt die Vorauswahl, in der jeder Kandidat, jede Kandidatin in einem zweitägigen Sporttest unter anderem beweisen muss, dass er oder sie innert zwei Minuten 10 Klimmzüge und 50 Liegestützen schafft.

«Keine Nachwuchsprobleme»

Wer die Vorauswahl besteht, wird nun auf seine psychische, intellektuelle und charakterliche Fähigkeit sowie auf Belastbarkeit und Teamfähigkeit getestet. Jährlich werden nur wenige der mehrere hundert Interessent:innen in die Spezialeinheit aufgenommen.

«Nachwuchsprobleme kennen wir nicht», sagt Ernesto Berini*, Kommandant des AAD10. In der einjährigen Grundausbildung geht es neben praktischen Einsatztechniken im Nahkampf auch um die Themen Sprengen, Fallschirmspringen oder Nachrichtendienst. Dazu kommt Recht, Geografie oder Ethnologie.

*alle Namen geändert

Zur Standard-Ausrüstung der AAD10 Soldaten gehören Sturmgewehre, Scharfschützengewehre mit Zielfernrohr, Maschinenpistolen, Schrotflinten sowie Präzisions- und Maschinengewehre.

Daneben Knieschutz, Helm, ballistische Schutzweste, unterwassertaugliche Rechner, Übermittlungsgeräte, leistungsfähige Aufklärungsmittel und Einsatzfahrzeuge.

Der kürzlich ausgestrahlte DOK des Schweizer Fernsehens SRF finden Sie hier:

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