Achtungserfolg für die Linke

Ein solch äusserst knappes Resultat zur Unternehmenssteuer-Reform II hat niemand erwartet. Was vor der Abstimmung nach einem Durchmarsch der Bürgerlichen aussah, wurde für sie zur Zitterpartie.
Keine Überraschung war das Nein zur Kampfjet-Initiative: Das Stimmvolk liess sich vom Argument der Armee überzeugen, die Luftwaffe dürfe nicht auf den Boden gezwungen werden.
Dass die Abstimmung über die Unternehmenssteuer-Reform II am Sonntag derart knapp und spannend würde, hätte wohl niemand erwartet.
Immerhin hatten der Bundesrat, eine Mehrheit des Parlaments, alle bürgerlichen Parteien und ein Grossteil der Wirtschaft ein Ja zur Gesetzesänderung empfohlen.
Der Unmut im Zusammenhang mit der Bankenkrise (US-Immobilienkrise) und dem Verhalten der Manager von Schweizer Banken dürfte dem Gegnerlager wohl einige zusätzliche Stimmen gebracht haben.
Dass Grossaktionäre besonders von der Gesetzesreform profitieren sollen, hat wohl viele Wählende vor den Kopf gestossen.
In der letzten Phase scheint die Gegnerschaft daher noch etwas zugelegt zu haben. Denn eine Umfrage drei Wochen vor der Abstimmung hatte noch ein deutlicheres Ja vorausgesagt.
Die Steuer-Affäre in Deutschland wird das Thema zusätzlich angeheizt haben. In der Sache hat es zwar nicht direkt mit dem Thema zu tun, aber das Klima des Vertrauens, das für eine Steuerreform nötig ist, war dadurch gestört worden.
Umstrittene 10%-Hürde
Gescheitert wäre die Steuerreform fast am umstrittensten Punkt, der Entlastung von Aktionären, die über 10% eines Unternehmens besitzen. Wenn schon sollten die Firmen entlastet werden, und nicht die Aktionäre, war der Haupttenor der Gegner.
Weiter gegen die Reform gesprochen haben dürfte für viele, dass einige namhafte Wirtschafts-Professoren zu bedenken gegeben hatten, die Reform verstosse gegen die Bundesverfassung, weil sie das Gleichbehandlungsgebot verletze.
Sieg trotz Niederlage
Die politische Linke kann das Resultat trotz Niederlage als Sieg werten: Alleine schaffte sie gegen eine breite Front von Bundesrat, Wirtschaftsverbänden, bürgerlichen Parteien und Kantonsregierungen fast die Hälfte aller Stimmen.
Weitere Steuersenkungen werden es beim Stimmvolk nicht leicht haben. Der Begriff Steuergerechtigkeit konnte sich in der Bevölkerung verankern.
Viele scheinen kein Verständnis für Steuererleichterungen zu haben, die nicht für die breite Masse sind. Dies besonders in Kantonen mit hoher Steuerbelastung, wie die Resultate aus der Westschweiz und den Kantonen Bern und Basel zeigten.
Kampfjet-Initiative ohne Chance
Während sich das Stimmvolk mit der Unternehmenssteuer-Reform II schwer tat, war die Haltung zur Kampfjet-Initiative überdeutlich. Das Argument der Armee, dass zu einer starken Armee auch eine starke Luftwaffe gehöre, hat sich anscheinend durchgesetzt.
Das Argument, wonach der Lärm der Kampfjets den Tourismus in der Schweiz gefährde, hat nicht gezogen. Auch nicht die Befürchtung, das Image der Schweiz als Tourismusland könnte Schaden nehmen.
Das Nein war zwar während des gesamten Abstimmungskampfs absehbar gewesen. Die Befürworter hätten sich aber mehr Ja-Stimmen als Zeichen des Missmuts gewünscht.
Thema bleibt aktuell
Das Thema Kampfjetlärm ist trotz dem wuchtigen Nein zur Initiative aber nicht vom Tisch. Die Armee wird den betroffenen Gemeinden in künftigen Lärmdiskussionen wohl etwas entgegenkommen müssen, stimmten diese doch eher für das Volksbegehren.
Und im Parlament wird bald schon über die Umverteilung der lärmintensiven Flüge diskutiert. Verschiedene Vorstösse in diese Richtung sind deponiert.
swissinfo, Christian Raaflaub
Das Unternehmenssteuerreform-Gesetz II will Gewinne aus unternehmerischen Beteiligungen tiefer besteuern, Geschäftsvermögen steuerlich weniger belasten und Selbständigerwerbende von steuerlichen Zwängen befreien.
Gegen die Vorlage war das Referendum mit über 57’000 gültigen Unterschriften eingereicht worden.
Die Volksinitiative «Gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten» verlangte, dass in touristisch genutzten Erholungsgebieten in Friedenszeiten keine militärischen Übungen mit Kampfjets durchgeführt werden sollen.
Für die Initiative waren rund 113’000 gültige Unterschriften eingereicht worden.


In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch