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«Gutes Gefühl garantiert keinen Erfolg»

(Keystone-SDA) Der Zürcher Ronnie Schildknecht (38) kann am Sonntag am Ironman Switzerland in Zürich seinen zehnten Erfolg am Heimrennen feiern.

In einem ausführlichen Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA äussert sich der erfolgreichste Schweizer Ironman-Triathlet unter anderem über seinen Saisonhöhepunkt am Sonntag, sein absehbares Karriere-Ende und die Ironman-Ausnahmekönnerin Daniela Ryf.

Am Sonntag können Sie zum zehnten Mal den Ironman Switzerland gewinnen und damit Geschichte schreiben. Wie fühlen Sie sich kurz vor dem Wettkampf?

Ronnie Schildknecht: «Alles lief in der Vorbereitung soweit nach Plan und ich fühle mich bereit für Sonntag.»

Im Vorjahr mussten Sie aber früh im Laufen wegen Wadenproblemen aufgeben, die Sie bereits ab dem Schwimmen behinderten.

«Das kann schon mal passieren. Da kann mich sich noch so gut vorbereiten. Alles kann man nicht immer kontrollieren.»

Mit Cameron Wurf figuriert der Radstrecken-Rekordhalter der Ironman-WM auf der Startliste. Der Australier wird fast sicher als Erster auf die Laufstrecke gehen. Inwiefern wird dies ihre Renntaktik in Zürich beeinflussen?

«Ich werde wegen Cameron auf den 180 Radkilometern nicht überzocken. Bei allem Respekt vor Cameron Wurf. Ich denke, dass ich im Marathon noch ausreichend Zeit haben werde, ihn einzuholen. Und mit Jan van Berkel und Sven Riederer erachte ich vor allem wegen des Laufens zwei Schweizer als ernsthaftere Konkurrenten im Kampf um den Sieg.»

Am Sonntag wird grosse Hitze ums Zürcher Seebecken herrschen. Achten Sie bereits im Vorfeld auf eine salzreiche Ernährung, um Krämpfe zu vermeiden?

«Das ist schon so. Ich achte sicher darauf, dass ich genügend, aber auch nicht zuviel Salz vor und während dem Wettkampf zu mir nehme.»

Wie beurteilen Sie Ihren aktuellen Formstand?

«Ich würde diesen als sehr gut bezeichnen. Ich war im April an den offenen afrikanischen Ironman-Meisterschaften in Südafrika Fünfter, was zum Saisoneinstieg schon mal ordentlich war. Doch jetzt ist meine Form deutlich besser. Die Zeiten und Wattleistungen und mein Körpergefühl sprechen da eine deutliche Sprache. Die letzten drei Wochen vor dem Ironman Switzerland mit einigen erholsameren Tagen geben mir aktuell ein positives Gefühl. Ich fühle mich nun sehr fit. Das von meinem Trainer Lubos Bilek gesteuerte Timing auf diesen Saisonhöhepunkt hin scheint aufzugehen.»

Aber Sie fühlten sich schon im Vorjahr gut und mussten aufgeben, und Sie fühlten sich auch schon schlecht und gewannen dennoch. Wie massgebend ist das Gefühl vor einem Ironman für eine Top-Leistung?

«Das ist schon richtig. Ein gutes Gefühl garantiert keinen Erfolg. Doch für Zürich habe ich beispielsweise bessere Referenzwerte als für die Ironman-WM auf Hawaii. Dort habe ich mich zugegebenermassen auch schon gut gefühlt und konnte dies dann im Rennen nicht wunschgemäss umsetzen.»

«Keine Schande, von Ryf überholt zu werden»

Apropos Hawaii. Sie benötigen eine Top-3 oder Top-4-Klassierung in Zürich, um sich das Ticket für eine weitere Ironman-WM-Teilnahme zu sichern. Auf Hawaii waren Sie 2008 Vierter, seither aber nie mehr in den Top Ten. Haben Sie keine Angst, dass Sie in Kona von ihrer Landsfrau, der dreifachen Ironman-Weltmeisterin und «Männer-Jägerin» Daniela Ryf, überholt werden? Im letzten Oktober betrug Ihre Reserve im Ziel noch 17 Sekunden beziehungsweise einen Rang.

«Was Daniela leistet, ist schon phänomenal. Doch bei den Männern ist die Leistungsdichte und Renndynamik an der Spitze eine andere. Auf Hawaii beispielsweise brechen viel mehr Männer ein, weil sie teilweise früh an ihre Reserven gehen, um im gewünschten Top-Bereich zu verbleiben. Ich denke, dass es auch für Daniela anspruchsvoller wäre, wenn Sie bis zum Ende von 10 bis 15 gleichwertigen Gegnerinnen gefordert würde. Ich weiss, dass an der Ironman-EM in Frankfurt gerade noch ein halbes Dutzend Männer vor ihr waren. Ich denke aber, dass die Top 15 overall für Daniela in Hawaii zu hoch gegriffen, die Top 25 hingegen in etwa möglich sind. Ich persönlich würde es im Gegensatz zu anderen Männer-Profis nicht als Schande empfinden, von Ryf ein- und überholt zu werden. Wenn es mir normal läuft, mache ich mir da aber keine Sorgen.“

Sie werden bald 39. Wie lange tun Sie sich diesen kräftezehrenden Sport auf Top-Niveau noch an?

«Ganz sicher auch noch nächstes Jahr. Doch sicher nicht bis Mitte 40 wie der Neuseeländer Cameron Brown, der immer noch top ist. Mein Gefühl ist, dass ich nach wie vor zu Spitzenleistungen fähig bin. Im Vergleich mit Anfang 30 dauert meines Erachtens die Regeneration etwas länger, jedoch habe ich mittlerweile mehr Erfahrung und kenne meinen Körper besser. Ich brauche eher weniger Umfang als früher, dafür muss es ab und zu richtig intensiv sein, um neue Reize zu setzen.»

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