Die Reaktionen im Überblick
(Keystone-SDA) Mit grosser Erleichterung haben die Befürworter des neuen Waffengesetzes auf das deutliche Ja reagiert. Schiessverbände und Jäger hingegen sind konsterniert und sprechen von einem Abstimmungskampf «an der Grenze zur Desinformation».
Für das federführende Komitee aus Wirtschaftsverbänden und Parteien ist klar: Das Ja zum neuen Waffenrecht ist ein Ja zu Schengen/Dublin. Mit dem deutlichen Abstimmungsergebnis habe die Stimmbevölkerung ein Zeichen gesetzt für Sicherheit, Reisefreiheit und einen starken Wirtschafts- und Forschungsstandort Schweiz.
Die Tourismusbranche zeigte sich erfreut, dass die Schweiz Teil des europäischen Visaverbundes bleibe und Gäste aus Fernmärkten damit weiterhin mit einem Schengen-Visum die Schweiz besuchen könnten. Denn davon profitierten auch Schweizer Unternehmen, schreibt der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse.
Dass die Abstimmung über das neue Waffengesetz auch eine Abstimmung über Schengen/Dublin war, hat den Befürwortern offensichtlich genützt. Denn die Stimmenden hätten realisiert, dass sie nicht auf die Vorteile des Schengen-Systems für ihre Sicherheit verzichten wollten, sagte der Obwaldner CVP-Ständerat Erich Ettlin im Fernsehen SRF.
Gleichzeitig sei ihnen bewusst geworden, dass die Einschränkungen für die Schützen marginal seien und die Tradition nicht in Gefahr. Auch sei niemand vor der EU in die Knie gegangen, sagte die Waadtländer Sicherheitsdirektorin Béatrice Métraux (Grüne). «Wir mussten in Schengen bleiben, weil wir den Zugang zum Schengensystem brauchen», sagte sie dem Westschweizer Radio RTS.
Für SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (ZH) hat aber auch der verbesserte Schutz vor Waffengewalt eine wichtige Rolle gespielt. Denn die Statistiken sprächen eine deutliche Sprache: Werde die Verfügbarkeit von Waffen einschränkt, gebe es auch weniger Schusswaffentote, sagte sie zu SRF.
Gegner befürchten weitere Verschärfungen
Die Jäger und Schützen haben derweil Angst, dass das Waffengesetz weiter verschärft werden könnte, wie zum Beispiel mit psychologischen Eignungstests für Waffenkäufer oder ein Verbot des Besitzes der Ordonnanzwaffe. Am Ende gehe es darum, die ganze Bevölkerung zu entwaffnen «und dann haben nur noch die Terroristen und die Kriminellen Waffen», sagte die Aargauer SVP-Nationalrätin Silvia Flückiger-Bäni, Co-Präsidentin Referendumskomitees, gegenüber SRF.
Für sie ist das Ergebnis schlicht «eine Katastrophe». Denn nun schössen 80 Prozent der Waffenbesitzer mit verbotenen Waffen, ausser man bringe einen Bedürfnisnachweis oder mache eine Nachregistrierung. «Und wenn man das nicht macht, dann kann man die Waffen abgeben oder man ist kriminell.»
Gleichzeitig hadert Flückiger-Bäni mit dem Abstimmungskampf: Zuerst habe man mit der Bekämpfung des Terrorismus argumentiert. Deswegen sei das EU-Waffenrecht ja verschärft worden.
Doch dann hätten die Befürworter daraus eine Schengen-Abstimmung gemacht. Und die Bevölkerung sei dem Argument der Angst vor einem Schengen-Rauswurf gefolgt, sagte ProTell-Vizepräsidentin Olivia de Weck auf Anfrage von Keystone-SDA.
«An der Grenze zur Desinformation» bezeichnet der Berner SVP-Nationalrat und Co-Präsident des Nein-Komitees, Werner Salzmann, die Kampagne der Befürworter. Denn die Aussagen, dass die Schützen nicht betroffen seien und die Schweiz bei einem Nein aus Schengen geworfen würde, seien schlicht falsch gewesen.
Arbeitsplätze in der Schweiz unter Druck
Daniel Wyss, der Präsident des Schweizerischen Büchsenmacher- und Waffenhändlerverbands, rechnet neben dem zusätzlichen administrativen Aufwand kurz- und mittelfristig auch mit einem Rückgang der Waffenverkäufe. Dadurch würden wohl Arbeitsplätze verloren gehen. Und das alles «ohne Sicherheitsgewinn».
Für die Schützinnen und Schützen gehe es nun darum, alles daran zu setzen, dass die Verordnung nicht allzu scharf ausfalle, sagte Salzmann. Der Bundesrat müsse dabei seinen Handlungsspielraum «voll zu Gunsten der Waffenbesitzer auslegen». Ausserdem müsse verhindert werden, dass das Waffengesetz in fünf oder zehn Jahren weiter verschärft werde.