Gewerbekammer folgt Vorstand und annulliert Direktorenwahl
(Keystone-SDA) Die Gewerbekammer des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV) hat am Mittwoch die durch den Vorstand annullierte Wahl des neuen Direktors Henrique Schneider bestätigt. Schneider sieht sich mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert.
Damit hat die Gewerbekammer, das Parlament des SGV, der Verbandsspitze am Nachmittag in Bern den Rücken gestärkt. Der Verband muss sich so erneut auf die Suche nach einem Direktor machen, wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA von einer mit der Angelegenheit vertrauten Person erfuhr.
Schneider hätte eigentlich per 1. Juli den zurücktretenden Hans-Ulrich Bigler ablösen sollen. Die Gewerbekammer hatte Schneider am 8. Februar zum neuen Direktor gewählt.
Nachdem ein vom SGV in Auftrag gegebenes externes Gutachten einer Anwaltskanzlei die Plagiatsvorwürfe gegen Schneider teilweise gestützt hatte, widerrief der SGV-Vorstand am 9. Juni die Wahl Schneiders jedoch. Das Amt als SGV-Vizepräsident durfte Schneider behalten.
Gutachten spricht von Plagiaten
Zu seinem bei der Bewerbung als SGV-Direktor eingereichten Lebenslauf hielt das Gutachten fest, dass sich keine Falschangaben eruieren liessen. Auch von einer Schönung könne nicht die Rede sein, da Henrique Schneider etwa sein Doktorat nicht einmal aufgeführt habe.
In der arbeitsrechtlichen Beurteilung stufte die Kanzlei «das serienmässige Plagiieren» als klares Fehlverhalten und eine Treuepflichtverletzung ein. Diese sei aber nicht so schwerwiegend, weil es sich beim Gewerbeverband nicht um einen wissenschaftlichen Betrieb handle.
SGV-Präsident und Mitte-Nationalrat Fabio Regazzi (TI) begründete den Widerruf mit der Glaubwürdigkeit und dem Ruf der Organisation, die er bedroht sah. Er verwies aber auch auf den Leistungsausweis von Schneider. Dieser habe sich im Verband «sehr verdient gemacht».
Vorwürfe zurückgewiesen
Schneider wurden Plagiate in 65 Fällen sowie ein geschönter Lebenslauf vorgeworfen. Zudem sollte er etwa zwei Professuren vorgetäuscht haben. Schneider wies die Vorwürfe zurück.
Die Plagiatsvorwürfe stammten vom österreichischen Plagiatsforscher Stefan Weber. Die «NZZ am Sonntag» machte sie nach der Wahl Schneiders publik.