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Hochseilartist Freddy Nock zu 2,5 Jahren teilbedingt verurteilt

Extremsportler und Hochseilartist Freddy Nock beim Verlassen des Bezirksgerichts Zofingen AG. Er hatte die Fragen des Gerichts nicht beantwortet. KEYSTONE/ENNIO LEANZA sda-ats

(Keystone-SDA) Das Bezirksgericht Zofingen AG hat Hochseilartist Freddy Nock der versuchten vorsätzlichen Tötung seiner Ehefrau schuldig gesprochen. Das Gericht verurteilte ihn zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 2,5 Jahren. Er kam per sofort in Sicherheitshaft.

Der 55-Jährige muss 10 Monate absitzen. Für die restlichen 20 Monate gewährte ihm das Bezirksgericht den bedingten Strafvollzug, mit einer Probezeit von zwei Jahren. Nock kam am Mittwochabend direkt aus dem Gerichtssaal für die Dauer von drei Monaten auf Antrag des Staatsanwalts in Sicherheitshaft. Gemäss Bezirksgericht besteht Fluchtgefahr und Wiederholungsgefahr.

Die Gerichtspräsidentin sagte bei der Urteilseröffnung, für einen Schuldspruch müsse der Angeklagte nicht geständig sein. In diesem Fall stehe – wie oft bei häuslicher Gewalt – Aussage gegen Aussage. Es obliege dem Gericht, die Glaubhaftigkeit der Aussagen zu prüfen.

Nock hatte gemäss Urteil versucht, seine Frau im März 2013 mit einem Kissen zu ersticken. Er habe die Frau aufs Bett geworfen und das Kissen mit beiden Händen auf den Kopf der Frau gedrückt, hielt die Gerichtspräsidentin fest. Diese habe sich leblos gestellt, daher sei nichts Schlimmeres geschehen.

Es habe Erstickungsgefahr bestanden. Nock habe erst von der Frau abgelassen, als sich diese nicht mehr gewehrt habe. Die Frau habe keine Abwehrchance gehabt, denn Nock sei ein «durchtrainierter Extremsportler».

Die Frau habe von Beginn an widerspruchsfrei ausgesagt und keine pauschalen Beschuldigungen erhoben. Auch habe sie die Tat nicht erfunden. Die Aussagen des Opfers seien «glaubhaft und authentisch». Daran bestehe kein Zweifel, hiess es bei der Begründung des Urteils.

Das Bezirksgericht sprach Nock von den Vorwürfen der mehrfachen Gefährdung des Lebens und der mehrfachen versuchten schweren Körperverletzung frei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Nock: «Möchte keine Aussage machen»

Bei der Befragung durch die Gerichtspräsidentin verweigerte Nock die Aussage. Auch auf konkrete Fragen der Gerichtspräsidentin zu den Vorfällen war immer nur eine Antwort zu hören: «Da möchte ich auch keine Aussage machen». Im Schlusswort sagte er: «Es war nicht schön, was da gelaufen ist.»

Die Frau wurde an der Verhandlung als Auskunftsperson befragt, während Nock in einem Nebenraum alles per Video mitverfolgte. «Er wollte Macht über mich», sagte sie. Sie schilderte die erste Gewaltattacke. Ihr Mann habe sie mehrfach gewürgt, bis sie keine Luft mehr erhalten habe.

Sie habe Angst gehabt. Die Frau weinte bei der Befragung. Die Probleme hätten 2008 begonnen. Er sei immer wieder aggressiv geworden. Mit der Zeit habe sie verbal zurückgegeben.

Mit dem Kissen, das er ihr ins Gesicht gedrückt habe, habe er sie erdrücken wollen. «Ich hatte Angst, dass ich sterbe.» Sie habe ihn nie geschlagen. Sie räumte ein, dass sie ihren Mann auch verbal provoziert habe. «Ich habe weitergemacht, als ob nichts gewesen wäre», erzählte die Frau.

Sie wäre von sich aus niemals zur Polizei gegangen. «Ich habe all die Jahre alles geschluckt und verdrängt. Ich habe den Mann über alles geliebt.» Sie habe mit niemandem reden können. Sie zog aus dem Haus aus, ging dann später vorübergehend wieder zurück. «Ich hatte die Hoffnung, dass es wieder gut wird.»

Sie erzählte ihre Erlebnisse der Polizei, die von Nock zur gemeinsamen Wohnung bestellt worden war. Er gab an, die Frau habe ihn angegriffen.

Staatsanwalt forderte 7,5 Jahre Gefängnis

Der Staatsanwalt hatte eine Freiheitsstrafe von 7,5 Jahren gefordert. Es sei wiederholt zu massiver Gewalt gekommen. Der Angeklagte habe allen «das Leben zur Hölle» gemacht, sagte er. Der Angeklagte zeige keinerlei Reue oder Einsicht.

In der Öffentlichkeit gelte er als erfolgreicher Artist. Nock versuche, von sich in den Medien ein anderes Bild zu zeichnen. Die Anklage basiere auf den glaubwürdigen Aussagen des Opfers. Die Aussagen seien schlüssig.

Der Verteidiger wollte einen Freispruch erreichen. Er zerpflückte die Anklageschrift. Die Sachverhalte seien nicht belegt. Der Tötungsvorsatz sei eine Erfindung der Staatsanwaltschaft.

Es sei jedoch richtig, dass die Streitigkeiten jeweils hässlich ausgetragen worden seien. Es sei auch zu Tätlichkeiten gekommen. Das werde nicht bestritten. Die Frau sei aggressiv und streitsüchtig geworden, wenn sie zu viel getrunken habe. Sie habe ihren Mann auch mit einer Küchenkelle geschlagen. Der Verteidiger sprach von einer «toxischen Beziehung» und von «einer wilden Ehe».

Gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte er nach dem Prozess, sie verlangten nun das begründete Urteil und würden nach dessen Analyse entscheiden, ob sie das Verfahren ans Obergericht weiterziehen. Auch der Staatsanwalt wollte sich noch nicht festlegen. Doch er sehe durchaus Punkte, bei denen er sich in einem zweitinstanzlichen Verfahren Chancen ausrechne.

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