Jetzt dürfen auch Schwule und Lesben in der Schweiz heiraten
(Keystone-SDA) Der 1. Juli 2022 ist ein wichtiger Tag für die Gleichstellung in der Schweiz: Die Ehe für alle tritt in Kraft. Damit dürfen sich endlich auch Schwule und Lesben in der Schweiz das Jawort geben, neue eingetragene Partnerschaften sind dann nicht mehr möglich.
Gleichgeschlechtliche Paare können zudem ihre eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln. «Die Ehe für alle ist ein Meilenstein für die Gleichstellung», sagte Pink-Cross-Geschäftsführer Roman Heggli gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Für Alessandra Widmer, Co-Geschäftsleiterin der Lesbenorganisation Los steht fest: «Der Tag bedeutet nicht nur jenen etwas, die heute heiraten. Die symbolische Wirkung auf die Community ist nicht zu unterschätzen – denn die Ehe für alle ist ein klares Zeichen für die Gleichberechtigung von gleichgeschlechtlichen Paaren in der Schweiz.»
Spezielle Anlässe haben die beiden Organisationen am Freitag keine geplant. Städte wie Genf oder Zürich veranstalten jedoch jeweils einen Apéro, an denen auch Vertretende von Pink Cross und Los anwesend sein werden, teilweise mit Redebeiträgen. «Wir sind an diesem Freudentag vor allem in Gedanken bei den Paaren, die sich trauen lassen oder ihre Partnerschaft in eine Ehe umwandeln», so Widmer.
«Schön, dass Stadträtinnen und Stadträte mitfeiern»
Pink Cross freut sich darüber, dass die Städte das Abstimmungsergebnis widerspiegeln: «Gerade in den Städten wurde die Ehe für alle sehr deutlich angenommen, es ist darum schön, dass Stadträtinnen und Stadträte bei diesem Anlass mitfeiern», sagte Heggli.
Der 1. Juli wird in der Gemeinschaft verschiedentlich wahrgenommen. «Einige wollen sehr gerne heiraten und haben auf die Gesetzesänderung gewartet», so Heggli. «Gleichzeitig gibt es natürlich einen grossen Teil, der nicht oder noch nicht heiraten will, etwa weil er sich in einer anderen Lebensphase befindet.» Für die Gemeinschaft sei vor allem die rechtliche Gleichstellung wichtig.
Das sieht auch Widmer von Los so: «Für viele geht es um das Wissen, dass sie jetzt dasselbe Recht haben wie heterosexuelle Paare, dasselbe Recht, dass ihnen schon längst hätte zustehen müssen.»
Noch ist der Kampf für die Gleichstellung aber nicht vorbei: Die beiden Organisationen sehen etwa Handlungsbedarf bei der rechtlichen Absicherung der Eltern-Kind-Beziehung in Regenbogen- und Patchworkfamilien. So müssten etwa auch die familiären Beziehungen rechtlich anerkannt werden, wenn ein Kind durch eine private Samenspende oder eine Samenspende im Ausland gezeugt worden ist. «Diese Kinder sind seit Jahrzehnten Alltagsrealität», so Widmer.
Run auf Ehe bleibt wohl aus
Wie viele gleichgeschlechtliche Paare den neuen rechtlichen Rahmen nutzen werden, lässt sich laut den Bundesbehörden und dem Schweizerischen Verband für Zivilstandswesen nicht abschätzen. Eine Umfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA in verschiedenen Regionen von Ende Juni zeigte, dass ein Run von heiratswilligen gleichgeschlechtlichen Paaren auf die Zivilstandsämter, wie er Anfang 2007 nach der Einführung der registrierten Partnerschaft feststellbar war, ausbleiben wird.
In den letzten Jahren schwankte die Zahl der jährlich neu eingetragenen Partnerschaften schweizweit in der Regel zwischen 650 und 730.
In der Christkatholischen Kirche der Schweiz wird das Ehesakrament gleichzeitig mit der staatlichen Einführung der Ehe für alle eingeführt. Das hat die Nationalsynode der Christkatholischen Kirche am 11. Juni beschlossen. Die Ehe zivilrechtlich verheirateter Paare wird dann unabhängig vom Geschlecht nach dem gleichen Ritus eingesegnet und in gleicher Weise in die Eheregister eingetragen