Netto-Null-Kohlendioxid bis 2050: Schwierig, aber machbar
(Keystone-SDA) Was muss die Schweiz tun, um ihre Kohlendioxid-Emissionen wie geplant bis 2050 auf Null zu senken? Und was kostet es? Forscher des Paul Scherrer Instituts (PSI) weisen in einer Studie unter anderem nach, dass man etwa 330 Franken pro Kopf und Jahr aufwenden muss.
Der Bundesrat hat dem Land ganz schön was aufgebrummt, als er im August 2019 zwecks Begrenzung des Klimawandels beschloss, dass ab 2050 die Schweiz unter dem Strich keine Treibhausgasemissionen mehr ausstossen soll. Das entspräche dem international vereinbarten Ziel, die globale Klimaerwärmung auf maximal 1,5 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
Das dekarbonisierte Energiesystem der Zukunft sei erreichbar, schreibt das PSI in einer Mitteilung vom Freitag. Es erfordere aber kohlenstofffreie Energieträger, zum Beispiel entsprechend erzeugten Strom, Biokraftstoffe und E-Fuels, Zugang zur entsprechenden Transport- und Verteilungsinfrastruktur sowie die Möglichkeit, saubere Brennstoffe und Elektrizität zu importieren.
Solarenergie, E-Auto, Wärmepumpe
Erstmal müsste die Photovoltaik ausgebaut werden: «Die installierte Kapazität von Photovoltaikanlagen muss sich mindestens jedes Jahrzehnt bis 2050 verdoppeln». Photovoltaikanlagen wären dann mit 26 Terawattstunden Produktion im Jahr 2050 der zweitgrösste Energielieferant nach der Wasserkraft mit 38 Terawattstunden.
Die private Autoflotte müsste bis 2050 grösstenteils auf elektrischen Antrieben basieren. Zusätzlich müsste bis 2050 fast drei Viertel des Heizungs-und Warmwasserbedarfs durch Wärmepumpen gedeckt werden. Zudem müssen Wohngebäude schneller renoviert werden, um deutliche Energieeinsparungen zu erzielen.
All das benötigt wiederum Strom: «Im Hauptszenario zur Erreichung des Netto-Null-Emissionsziels steigt insgesamt die Stromerzeugung aus Kraftwerken und Speicheranlagen in der Schweiz gegenüber dem gegenwärtigen Niveau um etwa ein Fünftel auf 83 Terawattstunden im Jahr 2050 an».
Wasserstoff und Abscheidungsanlagen
Neben elektrischer Energie werden weitere Energieformen wie Wasserstoffanwendungen eine Rolle spielen, meint das PSI. Auch der Einsatz von Technologien mit der sogenannten CO2-Abscheidung müsse in Betracht gezogen werden. In Teilbereichen sei eine negative Bilanz beim CO2-Ausstoss beispielsweise möglich mittels der Nutzung von Biomasse als Energieträger und der unterirdischen Speicherung von abgefangenem CO2.
Die gute Nachricht: «Mehr als zwei Drittel der für das Netto-Null-Emissionsziel notwendigen Emissionsreduktionen sind mit Technologien erreichbar, die bereits kommerziell verfügbar sind oder sich in der Demonstrationsphase befinden», resümiert Evangelos Panos, ein Hauptautor der PSI-Studie.
Kosten schwer abschätzbar
«Die Kosten sind sehr schwer abschätzbar, weil dabei enorm viele Komponenten eine Rolle spielen», so Tom Kober, Leiter der PSI-Forschungsgruppe Energiewirtschaft und ebenfalls einer der Hauptautoren. In dem angenommenen Netto-Null-Hauptszenario würden sich für den Zeitraum bis 2050 die durchschnittlichen diskontierten Mehrkosten des Klimaschutzszenarios gegenüber dem Referenzszenario mit moderatem Klimaschutz auf etwa 330 Franken pro Person und Jahr belaufen.
«Betrachtet man alle untersuchten Szenarien, so sieht man eine Bandbreite der durchschnittlichen Kosten zwischen 200 und 860 Franken pro Jahr und Kopf».
Die CO2-Studie entstand im Rahmen der Joint Activity «Scenarios and Modelling» des Swiss Competence Centers for Energy Research (SCCER).