Wohin fliessen die Kinderrenten?
Ein Drittel der 26'200 ausbezahlten Schweizer Kinderrenten floss 2017 ins Ausland. Die meisten gingen nach Frankreich. Die stärksten Zuwächse verzeichneten Serbien, Portugal und Thailand.
Der Nationalrat (grosse Parlamentskammer) will die Schweizer Kinderrenten kürzen. Das sind Beiträge, die Rentner für ihre Kinder erhalten. In der Schweiz haben auch 65-jährige Männer und 64-jährige Frauen Anspruch auf Kinderrenten, vorausgesetzt, sie haben noch Kinder unter 18 oder Jugendliche unter 25 Jahren in Ausbildung.
Die Kinderrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) beträgt 40 Prozent der AHV-Rente: Maximal sind das derzeit 948 Franken pro Monat. Und wer noch bei einer Pensionskasse versichert ist, kann mit weiteren Hunderten von Franken rechnen. All das pro Kind.
Und da immer mehr Herren im fortgeschrittenen Alter noch Vater werden, nimmt die Zahl von ausbezahlten Kinderrenten stärker zu als die Zahl der Altersrenten. Konkret: Von 2010 bis 2017 nahm die Zahl ausbezahlter AHV-Renten um 17% zu; die Zahl von Kinderenten wuchs im gleichen Zeitraum um 34%. 2017 zahlte das Land Kinderrenten über 195 Millionen Franken aus.
Immer mehr nach Thailand
Ein Drittel der 26’200 ausbezahlten Kinderrenten floss 2017 ins Ausland. Die meisten, gut 1500, gingen nach Frankreich. Interessant ist auch die Zunahme der Kinderrente seit 2010: Spitzenreiter punkto prozentualer Zunahme ist Thailand. 2010 gingen 182 Kinderrenten ins Ferien- und Rentnerparadies; 2017 waren es bereits 420, mehr als eine Verdoppelung. Man muss wissen: Auch für adoptierte Kinder hat man Anspruch auf eine Kinderrente.
Schon vor acht Jahren wollte der damalige Nationalrat der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und heutige Bundesrat Guy Parmelin die Kinderrente mit einer Motion abschaffen. Der Bundesrat winkte ab. Die Zeit schien nicht reif dafür.
Im Vorfeld der grossen Rentenreform, die im September 2017 an der Urne scheiterte, wagte der Nationalrat einen weiteren Versuch, die Renten für Seniorenväter anzutasten. Doch weil man nicht zu viele Fronten schaffen wollte, sah man davon ab. Es zeigte sich, Kinderrenten sind wie die Witwenrenten eine äusserst emotionale Angelegenheit. Mit sachlichen Argumenten kann man dagegen kaum ankämpfen.
Kürzung verlangt
In der laufenden Rentendebatte im Nationalrat ist die Kinderrente nun wieder zum Thema geworden. Die bürgerliche Mehrheit will zwar keine Streichung, doch immerhin eine Kürzung von 40 auf 30% der AHV-Rente. Damit könnte die Altersversicherung AHV 72 Millionen Franken sparen; die Invalidenversicherung IV 112 Millionen.
Zudem will der Nationalrat den irreführenden Namen Kinderrente in «Zulage für Eltern» umbenennen. Auch dazu will die Linke nicht Hand bieten. «Ich vermute sehr stark, dass hinter dieser vermeintlich rein semantischen Änderung politische Absichten stecken», sagte die Basler Silvia Schenker, Nationalrätin der Sozialdemokratischen Partei (SP), in der Ratsdebatte. «Eine Zulage für Eltern lässt sich leichter kürzen als eine Kinderrente.»
Noch muss der Ständerat (kleine Parlamentskammer) darüber befinden.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch