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Altersvorsorge 2020: die richtige Vorlage zur Sicherung der Renten?

Drei Senioren machen einen Halt beim Joggen.
Fit bis ins Alter: Ältere Menschen leben heute viel länger als noch vor einer Generation. Das bringt das bisherige Modell der Altersversicherung aus dem Gleichgewicht - eine Reform tut dringend Not. Keystone

Die Überalterung der Bevölkerung, weniger Wirtschaftswachstum und tiefe Zinsen bedrohen die Renten in der Schweiz. Nach zahlreichen gescheiterten Versuchen schlagen nun Regierung und Parlamentsmehrheit eine umfassende Reform der Altersvorsorge vor. Ziel: die Sicherung der Finanzierung bis 2030. Hier die wichtigsten Punkte der Altersvorsorge 2020, die im September vors Volk kommt.

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Die Altersvorsorge 2020Externer Link ist zweifelsohne eines der wichtigsten, wenn nicht das Reformprojekt der letzten Jahre, worüber der Souverän im kommenden September abstimmen wird. Vor allem deshalb, weil die gesamte Bevölkerung betroffen ist: Schweizer oder Ausländer, Alte oder Junge, Berufstätige oder Pensionierte, Reiche oder Arme – praktisch alle Einwohner der Schweiz haben Anrecht auf Leistungen der staatlichen Altersvorsorge.

Ziel der Reform ist es, auch in Zukunft die Finanzierung der Sozialwerke sicherzustellen. Vor allem auf die Renten werden in den nächsten Jahrzehnten grosse Herausforderungen zukommen, die grösste bildet zweifelsohne die demographische Entwicklung der Schweiz, zumindest aus Sicht der Versicherung. Während vor 50 Jahren die Lebenserwartung der Frauen bei 74 Jahren und die der Männer bei 68 Jahren lag, ist sie heute auf 84 resp. 80 Jahre gestiegen.

Auch das Verhältnis zwischen der aktiven Bevölkerung und den Pensionierten verschiebt sich: vor 50 Jahren kamen auf einen Pensionierten fünf berufstätige Personen zwischen 20 und 64 Jahren. Heute kommen auf einen Rentenempfänger noch etwas mehr als drei Rentenfinanzierer. Dieses Verhältnis wird sich in den nächsten Jahren durch die schrittweise Pensionierung der Babyboomer-Generation weiter verschärfen.  

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Auch auf wirtschaftlicher Ebene befindet sich die Altersvorsorge in einem schwierigen Umfeld: Krisen nehmen zu und schwächen das Wachstum, die lange Zeitspanne von tiefen Zinsen belasten die Erträge der Vorsorgeeinrichtungen und bedrohen somit die Renten. Schliesslich will die Reform auf gesellschaftlicher Ebene den Veränderungen entgegenkommen, die auf dem Arbeitsmarkt im Gang sind, und den Bestrebungen für ein flexibles Pensionierungsalter Rechnung tragen.

Diese Probleme erfordern zunehmend Anpassungen des Rentensystems, das auf dem «Drei-Säulen-Prinzip» basiert und seit 1972 in der Verfassung verankert ist.

Die erste Säule besteht aus der staatlichen Vorsorge, der Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV), sie dient zur Existenzsicherung zum Zeitpunkt der Pensionierung. Diese obligatorische Versicherung wird durch Beiträge der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und des Staates finanziert.

Die zweite Säule besteht aus der beruflichen Vorsorge, deren Leistungen zusammen mit jener der AHV die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung nach der Pensionierung ermöglichen.

Die berufliche Vorsorge ist für alle Arbeitnehmer obligatorisch und wird durch ihre Beiträge und jene der Arbeitgeber finanziert. Diese sind verpflichtet, die Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung zu versichern.

Die dritte Säule ist eine private Vorsorge, die dazu dient, Vorsorgelücken zu schliessen und individuelle Bedürfnisse zu befriedigen. Einige Formen dieser fakultativen Vorsorge – eine gebundene Vorsorge und Wohneigentum – können von den Steuern abgezogen werden.

Im Grossen und Ganzen, einschliesslich der Erträge aus gewinnbringenden Tätigkeiten nach der Pensionierung, verfügen die Rentner und Rentnerinnen über ein durchschnittliches Einkommen von etwas mehr als zwei Dritteln des Einkommens der aktiven Bevölkerung. Dieses Einkommen setzt sich wie folgt zusammen:

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Ohne Korrekturmassnahmen werden die zwei Säulen ziemlich bald in die roten Zahlen abrutschen. Basierend auf den Szenarien der Regierung, wird die AHV im Jahr 2025 ein Defizit von drei Milliarden Franken und im Jahr 2030 ein Defizit von sieben Milliarden Franken aufweisen. Seit mehr als zehn Jahren sind alle Versuche einer Reform der AHV und der beruflichen Vorsorge entweder im Parlament oder beim Volk durchgefallen. Die Zeit wird allmählich knapp. Sehr knapp.

Zur Sicherung des Rentensystems bieten sich im Wesentlichen drei Optionen an: eine Reduktion der Leistung, eine Erhöhung der Beiträge oder die Erhöhung des Rentenalters. Die Frage, die sich seit Jahren stellt, bleibt ungelöst: Wer soll die Last tragen? Die Versicherten, die Arbeitgeber, der Staat, die Frauen, die Pensionierten, die Berufstätigen?

Zwei Abstimmungen

Am 24. September muss das Schweizer Stimmvolk zweimal zur Altersreform 2020 abstimmen.

Bei der ersten Abstimmung geht es um die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Dieses Projekt muss vors Volk, da es sich um eine Verfassungsänderung handelt.

Bei der zweiten Abstimmung geht es um das Bundesgesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020. Gegen das Gesetz wurde von einigen Gewerkschaften und linken Gruppierungen das Referendum ergriffen, wofür 50’000 Unterschriften nötig sind. Eine Mehrheit des Parlamentes hat das Referendum im vergangenen März gutgeheissen.

Wird eine der Vorlagen nicht angenommen, ist die Reform als Ganzes durchgefallen.

Um die zusätzlichen Lasten gerecht zu verteilen und einen mehrheitsfähigen Konsens zu erreichen, hat die Regierung eine Vorlage zu einer umfassenden Reform der Altersvorsorge präsentiert, die sowohl die erste wie die zweite Säule betrifft.

Im Parlament wurde dieses Massnahmenpaket im vergangenen März mit einer Mehrheit der Mitteparteien und der Linken äusserst knapp angenommen. Hier die wichtigsten Punkte der Reform:

  • Das Rentenalter, auf Amtsdeutsch «Referenzalter», der Frauen wird jenem der Männer angeglichen und von 64 auf 65 Jahre erhöht – sowohl für die AHV wie auch für die berufliche Vorsorge. Vorgesehen ist eine schrittweise Erhöhung von drei Monaten pro Jahr ab 2018. Dank dieser Massnahme sollte die AHV über zusätzliche 1,3 Milliarden Franken pro Jahr verfügen.
  • Alle Versicherten können den Zeitpunkt ihres Rentenbezuges zwischen dem 62. und dem 70. Lebensjahr (heute 63 und 70) selber bestimmen. Sowohl für die Frauen wie für die Männer gilt jedoch ein Referenzalter von 65 Jahren. Gehen sie mit 65 in Pension, erhalten sie die volle Rente, gehen sie früher, wird die Rente gekürzt, gehen sie später, wird sie erhöht.
  • Der Umwandlungssatz der beruflichen Vorsorge wird von 6,8 auf 6% gesenkt, in vier Schritten von je 0,2 Prozentpunkten pro Jahr. In andern Worten, wer in der Pensionskasse ein Vermögen von 100’000 Franken hat, erhält eine jährliche Rente von 6000 Franken anstatt von aktuell 6800 Franken. Diese Reduktion betrifft nur die Versicherten, die am 1. Januar 2019 noch nicht 45 Jahre alt sind. Es sind jedoch Ausgleichsmassnahmen vorgesehen, um das Rentenniveau zu erhalten.
  • Bei der beruflichen Vorsorge steigen die Beiträge der Versicherten zwischen 35 und 54 Jahren um 1%. Die Lohnbeiträge für die AHV steigen jedoch für alle Versicherten und für die Arbeitgeber um 0,15 Prozentpunkte.
  • 2019, ab Beginn der Erhöhung des Rentenalters für Frauen, erhalten die neuen AHV-Bezüger monatlich einen Zuschlag von 70 Franken als Ausgleichsmassnahme. Aktuell ist die minimale AHV-Rente bei 1175 Franken, die maximale Rente bei 2350 Franken.
  • Auch die Beiträge des Bundes für die AHV werden leicht angehoben. Dazu soll die Mehrwertsteuer für die Finanzierung der AHV in zwei Stufen um 0,6% erhöht werden. Ab 2018 fliessen 0,3 MWST-Prozente, die aktuell noch für die Invalidenversicherung (IV) bestimmt sind, in die AHV. Am 1. Januar 2021 wird die Mehrwertsteuer zugunsten der AHV um 0,3 Prozent erhöht. 

Die Altersreform 2020 wird von den Mitte-Parteien und den linken Parteien – der Christlichdemokratischen Volkpartei (CVP), der Bürgerlich Demokratischen Partei (BDP), den Grünliberalen (GL), der Sozialdemokratischen Partei (SPS) und den Grünen – unterstützt. Für sie ist es eine ausgewogene Reform, die die Renten sichert und die AHV stärkt.

Dagegen sind vor allem die Parteien vom mehrheitlich rechten Spektrum, die FDP. Die Liberalen und die Schweizerische Volkspartei (SVP). Für sie ist die Reform ungerecht und ungeeignet, um die Probleme der Altersvorsorge zu lösen. Die Altersreform wird auch von kleineren Gewerkschaften und linken Gruppierungen bekämpft, die vor allem die Erhöhung des Rentenalters für Frauen und die Senkung der Renten ablehnen.

Kontaktieren Sie den Autor auf Twitter: @ArmandoMombelliExterner Link


Übertragen aus dem Italienischen von Christine Fuhrer

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