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Ausländische Krankenschwestern eilen zu Hilfe

Schweizer Spitäler sind schon heute auf Arbeitskräfte aus dem EU-Raum angewiesen. Keystone

Seit 2003 arbeitet die deutsche Krankenschwester Gudrun Schau in der Zürcher Universitätsklinik. Sie ist eine von vielen ausländischen Angestellten dort.

Die Anstellungspolitik ist stärker von wirtschaftlichen Umständen als von der Öffnung gegenüber der Europäischen Union bestimmt.

Gudrun Schau (29) kommt aus der Nähe von Frankfurt und hatte eine feste Anstellung, aber Lust auf eine Veränderung.

«Während meiner Ausbildung erzählte uns eine Lehrerin von ihren Erfahrungen in Zürich. Sie empfahl uns besonders die Schweiz wegen den fortschrittlichen Standards», sagt Schau.

Es dauerte allerdings noch einige Jahre, bis der Umzug in die Schweiz Wirklichkeit wurde. Erst als ihr Freund, der als diplomierter Pfleger arbeitet, Auslandpläne schmiedete, wurde die Sache konkret.

Gudrun Schau mag die Arbeit in der Schweiz, besonders wenn sie die Bedingungen mit Deutschland vergleicht, wo Arbeitsplätze abgebaut werden und es wirtschaftlich enger wurde.

In Zürich habe sie mehr Verantwortung, sie arbeiteten gut zusammen in der Gruppe und es gebe mehr Personal zur Betreuung, sagt Schau. Dazu kommt, dass sie mehr verdiene als in Deutschland.

Hohe Preise

Am Anfang hatte sie allerdings Zweifel: «Beim ersten Besuch in Zürich erschrak ich über die Preise in der Schweiz. Aber wir verdienen ja ganz gut und man gewöhnt sich daran», erklärt sie gegenüber swissinfo.

Gudrun Schau ist eine von zahlreichen Krankenschwestern, Pflegern und ärztlichem Personal aus Deutschland. Attraktiv ist die Schweiz nicht nur wegen der Sprache und den günstigen Arbeitsbedingungen. Viele kommen auch zur Weiterbildung.

Am Zürcher Universitätsspital sind 38% der Angestellten aus dem Ausland, und man spricht rund 40 verschiedene Sprachen.

Laut Pflegeleiterin Barbara Brühwiler wäre es schlicht unvorstellbar das Spital mit 2500 Angestellten im Pflegebereich ohne ausländisches Personal zu führen.

In gewissen Fachgebieten, so zum Beispiel in der Radiologie, findet man nur Leute aus dem Ausland. In der Schweiz wird die Ausbildung zum Radiologie-Assistenten gar nicht angeboten.

Wirtschaftliche Faktoren

Wie Brühwiler erklärt, sind es hauptsächlich wirtschaftliche Faktoren, welche die Anstellungspolitik am Spital bestimmen. Denn in guten Zeiten wechselt das Schweizer Pflegepersonal oft in Bankberufe oder in die Versicherungsbranche. Dann holt man neues Personal im Ausland.

Andererseits ist es in wirtschaftlich angespannten Zeiten einfacher, einheimisches Personal zu finden.

«In der jüngsten Vergangenheit ging die Zahl der ausländischen Neuanstellungen deutlich zurück. Letztes Jahr waren von den total 132 Neuanstellungen nur 40 aus dem Ausland», sagt Brühwiler.

Vor 5 Jahren musste das Spital auf einen Schlag 500 neue Stellen besetzen. Damals kam rund die Hälfte von jenseits der Landesgrenze.

Die Öffnung des Schweizer Arbeitsmarktes für Bürgerinnen und Bürger aus den alten 15 EU Staaten im Jahre 2002 hatte keinen grossen Einfluss auf die Anstellungspolitik.

Brühwiler glaubt auch nicht, dass sich nach einem Ja am 25. September viel ändern wird.

Anfragen aus den neuen Ländern

Zwar erhielten sie viele Anfragen aus den neuen EU-Staaten. Aber solange man einheimisches Personal anstellen könne, habe dies Vorrang.

«Diese Leute wurden hier ausgebildet. Sie sind mit unserer Mentalität und unserem System vertraut. Das erleichtert vieles», sagt die Pflegeleiterin.

Mit dem Inkrafttreten der bilateralen Verträge über die Personenfreizügigkeit sei es allerdings auch einfacher geworden, Arbeitsbewilligungen für Leute aus dem EU-Raum zu erhalten, gibt sie zu bedenken.

Was fehlt, ist eine vergleichbare Berufsausbildung. Ausländisches Personal muss sich immer noch darum bemühen, dass die Diplome in der Schweiz anerkannt werden.

Kein Lohndumping

Brühwiler betont, dass die Löhne für Schweizer und Ausländer gleich seien. Lohndumping – wie das die Gegner des Personenfreizügigkeits-Abkommens befürchten – gebe es am Zürcher Universitätsspital nicht.

«Wir haben ein fixes, kantonal geregeltes Lohnsystem. Dieses System berücksichtigt Berufsanforderung und Erfahrung. Ob die Krankenschwester aus Deutschland oder der Schweiz kommt, spielt überhaupt keine Rolle», so Brühwiler.

Für Gudrun Schau, die nach zweieinhalb Jahren Arbeitsaufenthalt in Zürich nach Deutschland zurückkehrt, war die Erfahrung in der Schweiz wertvoll.

«Es war ziemlich interessant, etwas anderes zu tun. Einige Dinge werden in der Schweiz anders gemacht, aber das ist normal, es ist ein anderes Land. Dafür lernt man sehr viel dabei», so Schau.

«Ich würde andere Deutsche jederzeit ermutigen, in die Schweiz zu kommen. Ich habe es nicht eine Minute lang bereut.»

swissinfo, Isobel Leybold-Johnson in Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Urs Geiser)

Universitätsspital Zürich – Zahlen 2004:
5797 Angestellte, davon rund 900 Ärzte, 1600 Krankenschwestern und 1200 Beschäftigte im technischen und therapeutischen Bereich.
62% des Personals sind Schweizer, 38% Ausländer.
40 Sprachen werden gesprochen.

Bei den zehn Ländern, die am 1. Mai 2004 der EU beigetreten sind, handelt es sich um die drei Baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland, Polen, Ungarn, Slowakei, Tschechien, Slowenien, Zypern sowie Malta.

Mit der Ost-Erweiterung der EU wurden die geltenden bilateralen Abkommen zwischen Brüssel und Bern automatisch auf die neuen Mitgliedstaaten ausgedehnt. Ausnahme: Das Dossier über die Personenfreizügigkeit. Darüber musste die Schweiz mit der EU noch über Abänderungen verhandeln.

Europa-Gegner haben inzwischen das Referendum gegen die ausgedehnte Personenfreizügigkeit ergriffen, über das am 25. September abgestimmt wird.

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