Die Zukunft der Post hat einen Preis
Die Post kündigt Reformen an. Die Gewerkschaften rechnen mit dem Abbau von weiteren 1500 Stellen.
Die Direktion des gelben Riesen propagiert Schadensbegrenzung, will jedoch weitere Kürzungen nicht ausschliessen. Und sie bestätigt den schon angekündigten Abbau von 3000 Stellen.
Vor den anstehenden GAV-Verhandlungen mit den Gewerkschaften hat die Konzernspitze der Post am Mittwoch das Terrain für diese Gespräche besetzt: Wolle die Post mit der Konkurrenz mithalten, müsse auch das Personal Federn lassen, so ihre Position.
3000 oder 4000 Stellen weg?
Postchef Ulrich Gygi bestätigte am Mittwoch in Bern den bereits angekündigten Abbau von mittelfristig 3000 Stellen. Unter anderem damit will das Unternehmen versuchen, den drastischen Rückgang der Postsendungen und den mit der Marktöffnung verbundenen Verlust von Marktanteilen zu kompensieren.
Laut der Gewerkschaft sollen es gar 1500 zusätzliche Stellen in den nächsten 2 – 3 Jahren sein, die gestrichen werden. «Zusammen mit den 2400 bis 2500 Stellen, die Rema (Reorganisation der Briefsortierzentren) kostet, wären es dann fast 4000», sagte Giorgio Pardini, Vizepräsident der Gewerkschaft Kommunikation, gegenüber swissinfo.
Vermutlich wegen der «psychologischen Wirkung» sei die Post nicht bereit, die Anzahl zusätzlicher Stellen zu nennen, die gestrichen würden. Es gehe nicht an, dass die Post auf Kosten des Personals ihre Modernisierung vorantreibe, sagte Pardini.
«Die Post – obwohl Marktführer – ist nicht in der Lage, aus einer Position der Stärke heraus innovative Lösungen zu finden. Das ist keine Glanzleistung des Managements.»
Überlebenskampf
Konzernchef Gygi sprach etwa für den Bereich ExpressPost, wo die Post Ende 2002 nur noch 36% hielt, von einem Überlebenskampf. «Von der alten Beschaulichkeit sind nur noch Restbestände geblieben», sagte er.
Bei dem angekündigten Abbau soll es aber vorläufig bleiben. Zudem schloss Gygi eine Senkung der Nominallöhne aus. Trotzdem will die Post beim verbleibenden Personal sparen. In diesem Bereich nämlich leidet das Unternehmen nach den Ausführungen von Personalchef Rolf Hasler gegenüber der Konkurrenz unter schweren Nachteilen.
Der Gesamtarbeitsvertrag als Ganzen sei wohl kaum gefährdet, meint Pietro Cavadini vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB): «Die Post ist bestimmt unter Druck, da einige Konkurrenten eben keinen GAV haben. Diese aber kommen zurück und zeigen sich gesprächsbereit.»
Hasler nannte neben dem «vergleichsweise hohen Lohnniveau» und der Länge der Arbeitszeiten das im Bundespersonalgesetz verankerte Gleichheitsgebot. Dieses verhindert nach Branchen und Regionen abgestufte Entschädigungen.
Branchenspezifische Regelungen
Bei dieser Differenzierung will die Post bei den in diesem Jahr anstehenden Verhandlungen um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag ansetzen. «Wir brauchen branchenspezifische Regelungen», sagte Hasler. Nur wenn auch im Personalbereich betriebswirtschaftliche Lösungen gefunden würden, könne die Post konkurrenzfähig bleiben.
Diese Punkte will die Gewerkschaft nicht gelten lassen: «Die Post ist weiterhin konkurrenzfähig, liegt doch der Lohn eines Postangestellten im Schnitt um die 5100 Franken, was dem Lohn eines Maurers entspricht», betont Pardini.
Gegen flexibilisierte Arbeitsbedingungen haben die Gewerkschaften bereits seit längerem Widerstand angekündigt. Als marktbeherrschendes Unternehmen müsse die Post als beispielhafter Arbeitgeber auftreten und seine Marktvorteile nutzen, schreibt die Gewerkschaft Kommunikation erneut in einer Mitteilung vom Mittwoch.
Die angekündigten «weiteren Kürzungen» würden die Bereiche Briefpost, Logistik, Transport und Poststellennetz betreffen, so die Mitteilung der Post. Bereits breit kommuniziert hat die Post unter anderem die Neukonzeption der Briefzentren (REMA), die Reduktion des Beschäftigungsgrads im Poststellennetz und den Stellenabbau bei der Zustellung.
Zum Ergebnis der Post für 2003 konnte Gygi noch keine Zahlen präsentieren. Der Postchef sprach aber von einem «guten Resultat».
swissinfo und Agenturen
Die Post hat fast 56’000 Angestellte.
Täglich befördert sie 17 Millionen Briefe und 500’000 Pakete.
Insgesamt gibt es 2921 Poststellen.
Die Post als selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt mit einem Umsatz von über sechs Milliarden Franken befindet sich zu 100 Prozent im Besitz des Bundes.
Seit die Post 1998 aus der PTT-Reform als selbständiges Unternehmen hervorgegangen ist, hat sich das wirtschaftliche Umfeld stark verändert.
Dies bedeutet in erster Linie, dass das Monopol der Post bei der Brief- und Paketbeförderung weiter eingeschränkt wird.
Die Post ist verpflichtet, ein flächendeckendes Poststellennetz zu führen.
Der Bundesrat setzt der Post wie anderen Unternehmen des Bundes jeweils für vier Jahre strategische Ziele und prüft jeweils im Frühjahr, ob diese erreicht worden sind.
Die Post muss gemäss Bundespersonalgesetz und Gesamtarbeitsvertrag (GAV) Restrukturierungen möglichst ohne Entlassungen umsetzen.
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