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Ein Schweizer Steuerstreit könnte Indonesiens Präsidenten blamieren

Hashim Djojohadikusumo macht mit der Hand das umstrittene Victory-Zeichen.
Hashim Djojohadikusumo, hier 2019 in der indonesischen Hauptstadt Jakarta fotografiert, hat bei der Genfer Steuerbehörde eine Schuldenlast von 131 Millionen Franken. REUTERS/REUTERS


Der einst in Genf ansässige Geschäftsmann Hashim Djojohadikusumo behauptete vor Schweizer Gerichten, dass er sich durch die Finanzierung der politischen Kampagnen seines Bruders Prabowo Subianto ruiniert habe. Dieser wurde am 24. März 2024 zum Präsidenten Indonesiens gewählt. Nun ist die Frage aufgeworfen, ob die Zuwendungen mit den Wahlgesetzen vereinbar waren.

In Indonesien ist die Politik vor allem eine Familienangelegenheit. Hashim Djojohadikusumo weiss davon ein Lied zu singen.

Der reiche Unternehmer steht an der Spitze des mächtigen Arsari-Konglomerats, das unter anderem Palmölplantagen betreibt. Und er hat nach eigenen Angaben zehn Jahre lang Hunderte Millionen Franken investiert, um die politischen Kampagnen seiner Tochter Sara Djojohadikusumo und vor allem die seines älteren Bruders Prabowo Subianto zu finanzieren, der bei den Wahlen 2014, 2019 und 2024 für das Amt des Präsidenten seines Landes kandidiert hat.

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Diese Finanzierungen hätten sein Vermögen aufgezehrt und ihn daran gehindert, eine in der Schweiz zurückgelassene Steuerschuld von 131 Millionen Franken zu begleichen.

Dies erklärten zumindest seine Schweizer Anwälte unermüdlich vor den Genfer GerichtenExterner Link und bis hin zum BundesgerichtExterner Link.

Hashim Djojohadikusumo und seine Frau hatten die Schweiz unmittelbar nach der Unterzeichnung des Verkaufs einer Ölgesellschaft für 1,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2006 verlassen.

Die Schweizer Steuerbehörde verfolgte das Ehepaar, das seine Schulden jedoch nie bezahlt hat. Später beauftragte das Ehepaar den Rechtsanwalt und früheren Nationalrat der FDP Christian Lüscher mit dem Versuch, die Aufdeckung der Affäre durch Gotham City zu verhindern, was jedoch nicht gelang.

Das Rad dreht sich

Am 23. April 2024 führte das Genfer Betreibungsamt schliesslich die Zwangsversteigerung der beiden Villen des Paares in Anières durch. Die beiden Grundstücke, die auf über 17 Millionen Franken geschätzt wurden, wurden für 12,3 Millionen Franken verkauft. Dieser Betrag deckt nicht einmal 10% der Steuerschulden, die das Paar hinterlassen hat.

Prabowo Subianto, der bisher Verteidigungsminister war, ist am 24. März von einer Mehrheit der 275 Millionen Indonesier:innen zum neuen Präsidenten gewählt worden. Er ist der Schwiegersohn des ehemaligen Diktators Suharto und hatte seine Kampagne für 2018 unter dem Motto „Make Indonesia Great Again“ (Macht Indonesien wieder gross) geführt.

Prabowo Subianto mit geballten Fäusten im rustikalen Hemd auf einem Podium
Prabowo Subianto, 72, bei einer Wahlveranstaltung am 14. Februar 2024 in der indonesischen Hauptstadt Jakarta. Getty Images/2024 Getty Images

Klagen von unterlegenen Kandidaten gegen Subiantos Wahl wurden am 22. April vom indonesischen Verfassungsgericht abgewiesen. Die Verlierer prangerten allgemeine Wahlfälschungen bei den Wahlen im Februar sowie die “Vetternwirtschaft“ des ehemaligen Generals an, der den ältesten Sohn des scheidenden Präsidenten, Joko Widodo, als in sein Wahlkampfteam aufgenommenen hatte.

Der Sieg sollte es Hashim Djojohadikusumo ermöglichen, mit der Vergangenheit abzuschliessen. Am 23. April, dem Tag, an dem seine beiden Villen in Genf versteigert wurden, begleitete er seinen Bruder – der vor seiner Amtsübernahme immer noch Verteidigungsminister war – bei einem Staatsbesuch in Singapur.

Offene Fragen

Eine Frage bleibt jedoch offen. Hat der neue Präsident die Hunderte von Millionen erwähnt, die sein Bruder angeblich für seine Wahlkampagnen ausgegeben hat, wie es das Wahlgesetz vorschreibt? Diese Information scheint, obwohl sie öffentlich sein müsste, scheint schwer zu bekommen zu sein.

Nur einige wenigeExterner Link indonesische Medien Externer Linkberichteten über die Versteigerung von Hashim Djojohadikusumos Villen in Genf am 11. April dieses Jahres und griffen dabei einen Artikel aus Le TempsExterner Link auf.

Und unseres Wissens wurde der Inhalt der Erklärung zu den Wahlkampffinanzen von Prabowo Subianto, die normalerweise bei der Wahlkommission einsehbar ist, bislang von keinem Medium aufgegriffen.

Der englischsprachige Newsletter ReformasiExterner Link, Pflichtlektüre für ausländische Investoren in Indonesien, war das einzige Medium, das sich mit den Steuerproblemen von Hashim Djojohadikusumo in der Schweiz befasste.

Ein Stand, an dem gerahmte Fotos vom neuen Präsidenten verkauft werden.
Die Wahl von Prabowo Subianto wurde am 24. April von der indonesischen Wahlkommission für gültig erklärt. The Associated Press. All rights reserved.

In einer am 19. April veröffentlichten Analyse vertritt Reformasi die Ansicht, dass eine mögliche Unterstützung von Hashim Djojohadikusumo “wahrscheinlich einen Verstoss gegen die Gesetze zur Finanzierung von Wahlkämpfen darstellen würde“.

“Über Hashims Schweizer Steuerverwicklungen wurde in der nationalen Presse kaum berichtet“, stellt der Newsletter fest. „Dies, obwohl der Fall einen Einblick in einen Charakter einer Person gibt, welche die politische Entscheidungsfindung in der Zukunft beeinflussen könnte. Hashim hat seit Beginn ihrer jeweiligen Karrieren immer Einfluss auf seinen Bruder ausgeübt, und es ist wahrscheinlich, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird.“

Rückschlüsse auf den Charakter

“Auf den ersten Blick“, so das Medium weiter, “scheint die Genfer Steueraffäre kaum mehr als eine schlechte Verwaltungsführung und vielleicht ein gewisses Mass an Nachlässigkeit aufzudecken.”

Nach dem Kauf der beiden Villen habe die jahrelange Nichteinhaltung der Steuerpflichten schnell zu einer hohen Verschuldung geführt, die den Wert der Villen selbst überstieg. “An diesem Punkt hätte das Zurückweisen der Schulden und das schlichte Aufgeben der Villen, ohne sich weiter mit dem Fall zu befassen, zumindest eine gewisse Logik.”

Stattdessen habe Hashim jahrelang darauf beharrt, vor Gericht gegen die Steuerveranlagungen zu kämpfen, schreibt Reformasi. Und er habe sich mit einem Journalisten in Rechtsstreitigkeiten verwickelt, wobei er über lange Zeiträume hinweg Anwälte beschäftigte. Dieser Aspekt des Falls zeige von Kleinlichkeit und Verachtung zeuge, sei vielleicht der wichtigste.

Hashim Djojohadikusumo wird in der Schweiz von Michel Cabaj vertreten, der ihn auch im Steuerverfahren verteidigt hat. Der Anwalt hat auf unsere Fragen nicht geantwortet.

* Gotham CityExterner Link wurde von der Investigativjournalistin Marie Maurisse und dem Investigativjournalisten François Pilet gegründet und ist ein auf Wirtschaftskriminalität spezialisierter Newsletter zur Beobachtung der Justiz.

Jede Woche berichtet sie ihren Abonnent:innen über Fälle von Betrug, Korruption und Geldwäscherei im Zusammenhang mit dem Finanzplatz Schweiz auf der Grundlage von öffentlich zugänglichen Gerichtsdokumenten.

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