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Frostiges Klima in der Sozialpartnerschaft

Solidaritätskundgebung am 11.02.05 mit den Swissmetal-Angestellten in Reconvilier. Keystone Archive

Laut dem Präsidenten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, Paul Rechsteiner, ist der Wind rauher geworden für die Personalverbände.

Für die Arbeitgeber andererseits ist die Grossgewerkschaft Unia kein verlässlicher Verhandlungspartner mehr. Im Baugewerbe droht ihr gar der Rauswurf.

Streiks wie bei Swissmetal seien Folge des «arroganten Verhaltens eines Teils der heutigen Manager», sagte Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) und sozialdemokratischer Nationalrat, in einem Interview mit der SonntagsZeitung.

Der Streik der Angestellten im Swissmetal-Werk in Reconvilier im Berner Jura sei vom Management des Unternehmens provoziert worden. «Das sagen selbst Vertreter der Arbeitgeber hinter vorgehaltener Hand», so Paul Rechsteiner.

Reconvilier eine Ausnahme

Der SGB-Präsident wehrt sich gegen den Vorwurf, der Streik habe sich als Debakel erwiesen. Es sei «keineswegs sicher», dass ein möglicher künftiger Käufer des Werks in Reconvilier tatsächlich die geplanten 120 Entlassungen vornehmen würde.

Konflikte wie jener in Reconvilier stellen laut Rechsteiner aber immer noch eine Ausnahme dar. In der Schweiz gebe es Hunderte von Gesamtarbeitsverträgen, die funktionierten.

Baumeister-Drohungen gegen Unia

Die Grossgewerkschaft Unia betreut rund 500 Gesamtarbeitsverträge in wichtigen Branchen wie Maschinenindustrie, Bau, Handel und Gastgewerbe. Sie vertritt über 200’000 Arbeitnehmer.

Stark angespannt ist die Lage derzeit im Baugewerbe, wo die Unia jüngst mit Streiks auf der Baustelle der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) am Gotthard-Südportal sowie beim Islisbergtunnel im Kanton Zürich drohte.

Der Schweizerische Baumeisterverband sieht den Arbeitsfrieden in der Schweiz durch die häufigen Streikdrohungen der Gewerkschaft Unia in Gefahr. Sein Präsident, der freisinnige Nationalrat Werner Messmer, sagte gegenüber der NZZ am Sonntag: «Wenn die Unia die Friedenspflicht systematisch bricht, müssen wir uns ernsthaft überlegen, den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) zu kündigen.»

Dem Gesamtarbeitsvertrag, dem so genannten Landesmantelvertrag (LMV), sind 90’000 Beschäftigte des Bauhauptgewerbes unterstellt. «Bei jeder Gelegenheit hetzt die Unia die Arbeitnehmer auf und droht mit Streik. Die absolute Friedenspflicht, zu der sich die Unia im LMV verpflichtet, wird immer häufiger geritzt», so Messmer.

Gelassene Unia

Unia-Ko-Präsident Vasco Pedrina reagiert gelassen: «Die Baumeister können es sich schlicht nicht leisten, den Vertrag mit der stärksten Gewerkschaft zu kündigen», sagte er gegenüber der NZZ am Sonntag.

Und weiter: «Nach dem Motto ‹Angriff ist die beste Verteidigung› wollen die Arbeitgeber die offensichtlich zu starke Gewerkschaft mundtot machen. Ohne die Unia gibt es keinen allgemein verbindlichen GAV, was letztlich den Betrieben schaden würde.»

Schelte vom Arbeitgeber-Direktor

Auch von Seiten des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes gibt es Schelte für die Unia. In der NZZ am Sonntag wirft Direktor Peter Hasler der Gewerkschaft vor, mit Streikaktionen wie bei Swissmetal die Grundlage der Sozialpartnerschaft in Frage zu stellen.

«Für die Arbeitgeber ist der Arbeitsfrieden der absolut zentrale Teil von Gesamtarbeitsverträgen. Sonst haben die Arbeitnehmer eigentlich nichts anzubieten. Wenn das nun nicht mehr gelten soll, wird die Frage langsam aktuell, ob es sich für uns überhaupt noch lohnt, solche Abkommen abzuschliessen», so Hasler.

Der Arbeitgeber-Direktor wünscht sich allerdings, «dass es nicht zu dieser Schlacht kommt». Und Unia-Ko-Präsident Pedrina betont, dass nur «im Notfall» gestreikt werde.

swissinfo und Agenturen

Der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer-Verbänden und einzelnen Arbeitgebern oder Unternehmer-Verbänden. Er legt Arbeitsbedingungen fest und regelt das gegenseitige Verhältnis der Parteien (Sozial-Partnerschaft).

Der GAV enthält einerseits normative Bestimmungen über Lohn, Arbeitszeit und weitere Bedingungen, anderseits schuldrechtliche Bestimmungen bezüglich der Rechte und Pflichten der Parteien, z.B. die Friedenspflicht (Arbeitsfrieden).

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