Kampf für mehr Lohn und gegen Manager-Gier
Unter dem Motto "Löhne rauf - Lohngleichheit jetzt" haben am Montag mehrere tausend Menschen an den 1.-Mai-Feiern in der Schweiz teilgenommen.
In Zürich kam es zu Ausschreitungen. Es gab Verletzte. Bundespräsident Leuenberger wurde zum Abbruch seiner Rede in Zürich gezwungen.
Tausende haben an Veranstaltungen in der ganzen Schweiz den 1. Mai gefeiert. Hauptthema der Kundgebungen waren Löhne und Lohngleichheit. In Zürich wurden bei Scharmützeln zwischen Demonstranten und der Polizei mehrere Personen verletzt.
Am Abend erzwangen vermummte Linksautonome in Zürich den Abbruch der Rede von Bundespräsident Moritz Leuenberger an einer Feier der Sozialdemokratischen Partei (SP).
Nach dem friedlichen 1.- Mai-Umzug am Vormittag kam es am Nachmittag zur unbewilligten Nachdemo mit Ausschreitungen. Am Vormittag waren rund 5000 Personen bei sonnigem Wetter friedlich durch die Zürcher Innenstadt gezogen.
Laut Polizei marschierten etwa 200 Personen vom so genannten «Revolutionären Block» mit.
600 Linksautonome
Am Nachmittag formierten sich die Linksautonomen wie seit Jahren auch heuer wieder zu einer unbewilligten Demonstration. Beim Zug der rund 600 jugendlichen und meist schwarz gekleideten und vermummten Demonstranten kam es zu Sachbeschädigungen.
Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein und riegelte den Zugang zur Innenstadt ab. Im Laufe des Nachmittags beruhigte sich die Situation. Die Nachdemonstration forderte mehrere Verletzte. Es waren die grössten Krawalle seit drei Jahren.
Böögg statt Chávez
Die vom Zürcher 1.-Mai-Komitee angekündigte Videoübertragung einer Rede des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez kam nicht zu Stande. Er sei zu einem Gipfeltreffen nach Kuba gereist, wie es hiess.
Dafür tauchte am Rande der Maifeier der gestohlene Sechseläuten-Böögg (Figur, die in Zürich jeweils im April zum Einläuten des Sommers verbrannt wird) wieder auf. Unter dem Jubel der Linksautonomen wurde er von ein paar Vermummten beim Helvetiaplatz aufgestellt.
Löhne als Hauptthema
Löhne generell, Abzocker-Mentalität von Managern und gleiche Löhne für Frau und Mann dominierten landesweit die Maifeier-Ansprachen. Die Gewerkschaften hatten den 1. Mai unter das Motto «Löhne rauf – Lohngleichheit jetzt» gestellt.
Unia-Kopräsident Vasco Pedrina sagte in Winterthur vor rund 600 Personen, an den sich häufenden Arbeitskämpfen seien nicht radikaler gewordene Arbeitnehmer schuld, sondern Manager und Bosse, denen sozialer Ausgleich, Respekt vor den Beschäftigten und Sozialpartnerschaft fremd seien.
In Bern knöpfte sich Christian Levrat, Präsident der Gewerkschaft Kommunikation, vor 1800 Zuhörern die Bundesräte Christoph Blocher und Hans-Rudolf Merz vor. Er könne sich nicht erklären, weshalb sie mit dem Verkauf der Swisscom jedes Jahr 500 Mio. Schulden abbauen wollten, wo diese doch dem Bund heute dreimal mehr einbringe.
swissinfo und Agenturen
In der Schweiz ist rund ein Viertel der Arbeitnehmenden gewerkschaftlich organisiert.
Das ist relativ wenig, jedoch mehr als in den Niederlanden, Griechenland oder Frankreich.
Die Mehrheit der Gewerkschaften hat sich in zwei Dachverbänden organisiert: Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), zu dem 16 Gewerkschaften mit rund 380’000 Mitgliedern gehören, sowie Travail.Suisse, die 13 Gewerkschaften mit rund 160’000 Mitgliedern vereinigt.
2003 waren 594 so genannte Gesamtarbeitsverträge (GAV, Verträge, die zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Organisationen ausgehandelt werden) in Kraft, mit denen die Anstellungs-Bedingungen für rund 1,414 Mio. Arbeitnehmende geregelt wurden.
Der 1. Mai ist der einzige nichtreligiöse, weltweit begangene Feiertag.
Das Datum erinnert an den blutigen Streik in Chicago von 1886, der sich für einen 8-Stunden-Tag einsetzte.
1889 proklamierte der internationale Arbeiterkongress den 1. Mai als Tag der Arbeit.
In der Schweiz wurde der 1. Mai 1890 in 34 Orten gefeiert. Der Gewerkschaftsbund zählte 5000 Mitglieder und die Sozialdemokratische Partei der Schweiz wurde 9 Monate früher gegründet.
Seither begleitet dieser Tag die Integration von Gewerkschaftsanliegen in den Staat.
Ab 1968, mit dem Aufkommen von extrem linken Bewegungen und ausländischen Gemeinschaften, wurden die 1. Mai-Demonstrationen bunter.
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