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Kinder sind nicht kleine Erwachsene

Terre des Hommes

Kinder sind nicht einfach die herzigeren Erwachsenen. Auch in der Werbung sollen sie kindgerecht dargestellt werden. Der Child-Guardian-Werbepreis prämiert Kampagnen und Spots, die Kinder in ihrem Kindsein zeigen.

Ein kleiner Junge hat den Geschirrspüler seiner Eltern zur Waschmaschine für Dreiräder und Velos umfunktionert. Diesen Service bietet er gegen Geld auch seinen Freunden an. Für diesen TV-Spot hat Miele den Child Guardian 2009 erhalten. Die Jury lobte die Originalität des TV-Spots, «der zum Lachen bringt, aber auch zeigt, wie schon Jüngste ernstzunehmende, kreative Geschäftsideen haben».

«Es geht uns darum zu zeigen, dass Werbung auch dann kommerziell erfolgreich sein kann, wenn sie die Regeln des Kinderschutzes einhält», sagt Rocco Maglio, Leiter Projektmanagement Kommunikation und Fundraising von Terre des hommes und Präsident der Jury, welche die Spots und Kampagnen prämiert.

Unter Kinderschutz in der Werbung versteht er, dass «Kinder nicht einfach als kleine Erwachsene dargestellt werden und nicht die Rolle von kleinen Erwachsenen spielen, sondern dass sie als Kinder gezeigt werden». Das Kindsein solle nicht verleugnet werden. «Ebenfalls sollen Kinder in der Werbung nicht diskriminiert werden. Und die Werbung darf nicht sexistisch oder zweideutig sein.»

Werbung dürfe Kinder nicht zu gefährlichem oder ungesundem Verhalten auffordern oder ihre Leichtgläubigkeit ausnutzen. Die in der Werbung gezeigten Kinder sollten Vorbildcharakter für die Peergroup haben, für die Gleichaltrigen aus einem ähnlichen Umfeld.

Ein weiteres Prämierungskriterium ist die gezeigte Gewalt: «Gewaltanwendung oder Aufforderungen zur Gewaltanwendung gehören nicht in Werbespots mit Kindern», so Maglio.

Eine internationale Kampagne

Der Child-Guardian-Werbepreis ist eine Auszeichnung von Terre des hommes- Kinderschutz, der Schweizer Werbung und der Fédération romande de publicité et de communication (FRP). Er wird auch in Italien und in anderen europäischen Ländern verliehen. «Eines der Ziele von Terre des hommes ist, den Child-Guardian-Preis international bekannter zu machen», sagt Maglio.

«Rund 300 Werbespots oder Werbekampagnen nehmen wir pro Jahr unter die Lupe», erläutert Maglio das Vorgehen, «Terre des hommes macht eine Vorselektion, die sie dann der Jury vorlegt.» Neben der Jury gibt es auch ein Patronatskomitee. Es hat die Prämierungskriterien festgelegt.

«Im Patronatskomitee sind Leute dabei, die entweder in Werbe-Aufträge vergebende Firmen oder in Werbeagenturen arbeiten.» Damit versucht Terre des hommes, die Grundsätze direkt in den Unternehmen zu verankern. «Das Ziel wäre, dass die Firmen diese Werbegrundsätze in ihre Statuten aufnehmen.» Ob dies in gewissen Firmen zu Stande gekommen ist, weiss er jedoch nicht.

Pro Jahr wird in den Sparten ein TV-Spot und Print (Anzeigen und Plakate) je ein Werbesujet prämiert. Die Gewinner erhalten nur einen symbolischen Preis. Der Hauptpreis von 10’000 Franken wird an ein Kinderschutzprojekt überwiesen. Dieses Jahr ging der Preis an das Projekt «Gewaltiger Einfluss». Dieses trägt dazu bei, dass Kinder und Jugendliche einen kritischen Umgang mit elektronischen Medien lernen sollen.

Die Wirkung

Der Child-Guardian-Werbepreis soll vor allem die Erwachsenen sensibilisieren. Hauptzielgruppen sind einerseits die Auftraggeber von Werbungen und andererseits die Werbeagenturen, welche die Werbekampagnen oder den Spot schliesslich entwickeln.

Das Fazit des Jurypräsidenten nach drei Jahren, respektive drei vergebenen Preisen pro Sparte: «Bei den Leuten, mit denen wir in der Jury oder im Patronatskomitee direkt zu tun haben, stellen wir fest, dass unsere Kampagne angekommen ist», sagt Maglio.

Allerdings merke er ab und zu, dass es in der Gesellschaft und in der Werbewirtschaft noch viel zu tun gebe. «Wir müssen wirklich noch viel mehr Leute ansprechen.»

Eveline Kobler, swissinfo.ch

Ziel des Projeks «Gewaltiger Einfluss» ist es, den Kindern und Jugendlichen einen bewussten Umgang mit den Medien zu vermitteln und deren Medienkompetenz zu fördern. Sie sollen sich zum Thema Gewalt in den Medien Gedanken machen und verantwortungsbewusstes Handeln entwickeln.

Dazu führen die Kinder im Vorfeld des Tages ein Tagebuch über ihren eigenen Medienkonsum. Der Projekttag selber gestaltet sich interaktiv: Die Kinder machen Collagen zum Thema Gewalt und Medien, spielen Theater und schlüpfen dabei in Opfer- sowie Täterrollen und diskutieren Gewalt in den Medien anhand eines Videoausschnittes.

In Kleingruppen tauschen sie sich über ihren eigenen Medienkonsum und ihre Erlebnisse aus. Sie erfahren, wo sie sich Hilfe holen können. Am Ende des Tages können die Kinder folgende Fragen beantworten: Was ist Gewalt in den Medien? Wie wirkt sich diese Gewalt auf mich aus? Wie kann ich mich vor den negativen Einflüssen schützen?

Die Kinder nehmen eine Broschüre mit nach Hause, um das Thema mit den Eltern weiterzuverfolgen.

«Gewaltiger Einfluss» wurde von Studierenden der höheren Fachschule für Sozialpädagogik in Luzern entwickelt. Terre des hommes trägt das Projekt als aktive Organisation im Bereich Kinderschutz mit.

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