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Neue Offensive für flexibles Rentenalter

Mit 62 in den Ruhestand: Die Gewerkschaften nehmen einen neuen Anlauf. Keystone

Zum vierten Mal lancieren die Schweizer Gewerkschaften eine Initiative für die Frühpensionierung ab 62 Jahren mit voller AHV-Rente.

Bundesregierung und Parlament hätten in der AHV-Politik versagt, erklärten die Delegierten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes.

Bundesrat und Parlament versagten in der Politik der Alters- und Hinterbliebenen-Versicherung (AHV) dermassen, dass nun die Gewerkschaften in die Offensive gehen müssten, sagte Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), am Montag zur Lancierung der vierten Flexibilisierungs-Initiative in den letzten 15 Jahren.

Sozialminister Pascal Couchepin halte das Volk mit seinen Abbau-Provokationen zum Narren. Statt das Rentenalter zu erhöhen, solle das Volk nun die Weichen in die andere Richtung stellen können.

Ab 62 volle Rente

Die SGB-Delegierten hiessen am Montag daher eine Volksinitiatvie gut, die den Frauen zwei und den Männern drei Jahre früher als bisher eine volle Rente garantiert. Gut Verdienenden würde diese Frührente aber gekürzt.

Arbeitnehmende könnten demnach bei voller Rente bereits mit 62 in Pension gehen, wenn sie dies wollen. Wem dies zu früh ist, der kann Teil- oder Vollzeit bis 65 weiterarbeiten. Er erhält dann vorerst nur eine Teilrente und die volle Pension nach dem Altersrücktritt mit 65.

Kleinere Frührenten für höhere Einkommen

Das Begehren richtet sich vorab an untere und mittlere Einkommen, gut Verdienende sollen nur bedingt von der Flexibilisierung profitieren. Die SGB-Delegierten sprachen sich deutlich für die Möglichkeit aus, Arbeitnehmenden mit einem Lohn von über 116’000 Franken die Frührente zu kürzen.

Das Flexibilisierungsmodell kostet jährlich zwischen 720 Millionen bis eine Milliarde Franken und soll über einen Lohnabschlag von drei Promille finanziert werden. «So günstig ist das flexible Rentenalter sonst nirgends zu haben», sagte Rechsteiner.

Nach drei Niederlagen in früheren Abstimmungen zeigten sich die SGB-Verantwortlichen überzeugt, dieses Mal den Durchbruch zu schaffen. Der SGB politisiere in dieser Frage nahe beim Volk, wie auch der Referendumssieg gegen den Leistungsabbau in der 11. AHV-Revision gezeigt habe.

Frauen-Anträge abgelehnt

Aus Angst, die Erfolgschancen zu schmälern, lehnten die Delegierten zwei Anträge aus der SGB-Frauenkommission ab. Die Gewerkschafterinnen wollten aus Rücksicht auf die Frauen die Frührente auch ohne vorgängige Erwerbstätigkeit auszahlen und zudem in der Verfassung verankern, dass das ordentliche Rentenalter der Frauen bei 64 bleibt.

Beide Anträge blieben ohne Chance: «Wir wollen eine Initiative, die wir gewinnen können», argumentierte SP-Nationalrat Andre Daguet und warnte vor dem Überladen der Vorlage.

Bei der Unterschriftensammlung will der SGB gleich vorgehen wie beim Referendum gegen die 11. AHV-Revision. Für Ende Juni ist ein konzentriertes Aktionswochenende geplant, an dem ein Grossteil der nötigen 100’000 Unterschriften zusammenkommen soll.

Mit dieser Methode war es 2003 gelungen, innert 48 Stunden über 80’000 Referendums-Unterschriften zu sammeln. Unterstützung erwartet der SGB auch von der Sozialdemokratische Partei (SP) und den Grünen.

swissinfo und Agenturen

In der Schweiz ist das Rentenalter für Männer auf 65 und für Frauen auf 64 Jahre festgelegt.

Das Stimmvolk hatte es 2004 abgelehnt, das Rentenalter für Frauen auf 65 zu erhöhen und das flexible Rentenalter zu verbessern.

Mit seinem Vorschlag, das Rentenalter auf 67 Jahre zu erhöhen, erntete Innenminister Pascal Couchepin grosse Kritik. Er zog ihn schliesslich zurück.

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