Neuer Gesamtarbeitsvertrag für die Uhrenbranche
Die Sozialpartner in der Uhrenindustrie haben am Mittwoch einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterzeichnet. Er bringt für 35'000 Beschäftigte in rund 400 Firmen deutliche Verbesserungen.
Gleichzeitig verankert der neue GAV die absolute Friedenspflicht bis Ende 2011.
Der neue fünfjährige GAV der Uhrenindustrie und der Mikrotechnik tritt am kommenden 1. Januar in Kraft.
Spitzenvertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften zeigten sich befriedigt und unterstrichen die Bedeutung der Sozialpartnerschaft.
13 Verhandlungsrunden
Es handelt sich um das Resultat von 13 Verhandlungsrunden während acht Monaten. Der jüngste GAV in der Uhrenbranche ist der 13. Vertrag dieser Art seit dem ersten Abkommen im Jahre 1939.
Laut Jean-Claude Rennwald, Branchenverantwortlicher Uhrenindustrie der Gewerkschaft Unia und sozialdemokratischer Nationalrat für den Kanton Jura, hätte sich die Unia allerdings noch weitergehende Zugeständnisse der Arbeitgeber bei der Erhöhung der Ferientage erhofft.
Als sehr positiv wertete er die Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge an die Krankenkassen von 100 auf 130 Franken pro Erwachsenen sowie von 30 auf 60 Franken für jedes unterhaltsberechtigte Kind.
Ein Beschäftigter der Uhrenindustrie mit zwei Kindern erhalte damit ab 2007 monatlich 250 Franken oder 90 Franken mehr als bisher. Rennwald würdigte auch die durch die Arbeitgeber finanzierte Erhöhung der AHV-Überbrückungsrente von 18’000 auf 24’000 Franken und die weiteren Verbesserungen.
GAV als «echter sozialer Dialog»
Der GAV der Uhrenindustrie sei der Ausdruck eines echten sozialen Dialogs, sagte Rennwald. Von einer paritätischen Partnerschaft, von der alle profitieren, sprach auch Jean Cavadini, Präsident des Arbeitgeberverbands der Schweizer Uhrenindustrie.
Der ehemalige liberale Neuenburger Staats- und Ständerat unterstrich, der neue GAV setzte den Grundsatz wieder ein, dass die Lohnpolitik Sache der einzelnen Unternehmen sei.
1988 wurde 40-Stunden-Woche eingeführt
Nicht eingegangen seien die Arbeitgeber auf die Forderung der Gewerkschaften nach einer Arbeitszeitverkürzung, erklärte er.
Cavadini erinnerte daran, dass seit der Einführung der 40-Stunden-Woche im Jahre 1988 eine zusätzliche Ferienwoche und ein zusätzlicher Ferientag gewährt worden seien.
Für den Arbeitgeberpräsidenten wird durch die Garantie das absoluten Arbeitsfriedens bis Ende 2011 auch die Konkurrenzfähigkeit der Branche gesichert.
Der jüngste GAV in der Uhrenbranche ist der 13. Vertrag dieser Art seit dem ersten Abkommen im Jahre 1939.
swissinfo und Agenturen
Die Rechte und Pflichten vieler Arbeitnehmenden werden – neben Einzelarbeitsvertrag und Obligationenrecht – durch einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) geregelt.
GAVs gelten für eine Branche oder einen Betrieb und werden zwischen den Gewerkschaften einerseits und einem Arbeitgeber oder einem Arbeitgeberverband andererseits ausgehandelt.
In der Schweiz ist rund die Hälfte aller Arbeitenden einem GAV unterstellt.
Die von Gewerkschaften und Arbeitgeberverband 1937 für die Metallindustrie unterzeichnete und als Friedensabkommen bekannt gewordene Vereinbarung gilt als Geburtsstunde des Arbeitsfriedens in der Schweiz.
Arbeitsfrieden bezeichnet den Zustand, in dem kollektive Konflikte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf dem Verhandlungsweg beigelegt werden und Kampfmassnahmen wie Streiks oder Aussperrungen unterbleiben.
Der Begriff erlangte im letzten halben Jahrhundert in der Schweiz identitätsstiftende Bedeutung. Ihm werden Errungenschaften wie materieller Wohlstand, soziale Sicherheit und politische Stabilität zugeordnet.
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