Der Sommer ist vorbei, die Alpsaison zu Ende. Der SWI-Fotograf Thomas Kern begleitete fast 40 Helfer, wie sie 130 Rinder auf einem schmalen und steilen Wanderweg auf eine tiefergelegene Alp brachten. Sein Bericht.
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Thomas Kern wurde 1965 in der Schweiz geboren. Er wurde in Zürich zum Fotografen ausgebildet und begann 1989 als Fotojournalist zu arbeiten. 1990 Mitbegründer der Schweizer Fotografenagentur Lookat Photos. Thomas Kern hat zweimal einen World Press Award gewonnen und wurde in der Schweiz mit mehreren nationalen Stipendien ausgezeichnet. Seine Arbeiten wurden vielfach ausgestellt und sind in verschiedenen Sammlungen vertreten.
Die Alphütte der Kaisereggalp auf 1799 Metern ist leer. Es ist niemand zu Hause, aber die Tür ist nicht abgeschlossen. Im Herd hat es noch etwas Glut und der Nebel hat sich von draussen bereits schon ein wenig in die Küche eingeschlichen. Es ist kühl und das Licht in der Stube ist gedämpft. Während des ganzen Aufstiegs hatte ich kaum mehr als fünfzig Meter weit gesehen.
Nach beinahe zwei Stunden des Wartens haben sich die Wolken draussen ein wenig verzogen. Von weitem sehe ich ein einachsiges Gefährt mit Anhänger im Schritttempo den Hang hochfahren. Es ist der Alphirte Erich Offner zusammen mit einem Freund aus Plaffeien. Sie haben heute Nachmittag diverses Material, leere Flaschen und einen Stromgenerator zur Bergstation einer Materialseilbahn gefahren. Zu Fuss wären sie schneller gewesen als mit dem knatternden Motorwagen.
Am frühen Morgen des nächsten Tages geht es los. Es muss ein verletztes Rind per Hubschrauber ausgeflogen werden. Während die anderen Rinder und Menschen einen Zweistundenmarsch vor sich haben, fliegt es in wenigen Minuten zur tiefergelegenen Alp.
Es ist eine «Züglete» zuerst hinauf über den KaisereggpassExterner Link, dann hinunter zur Alp Grossniederhaus, wo das Gras nachgewachsen und frisch ist. Die Tiere sind trotz der Kälte und Feuchtigkeit trittfest. Sorgsam werden sie vorangetrieben.
Erich ist fünfundzwanzig. Er war schon auf der Kaisereggalp als kleiner Bub, als seine Eltern hier oben waren und die Rinder hüteten. Im Winter arbeitet er heute unten im Tal als Maurer.
Auch wenn das Leben auf einer Alp weniger romantisch ist, als viele sich das vielleicht vorstellen, so ist es doch ein Lebensstil, den er von seinen Eltern vererbt bekommen hat und den er selber weiterführen möchte. Er kennt den Weg und macht diese Züglete nicht zum ersten Mal – aber es ist das erste Mal, dass er ganze Verantwortung trägt.
Reich wird man mit dieser Arbeit nicht. Umso wichtiger ist die Leidenschaft für ein einfaches Leben, zusammen mit den Tieren in der Natur. Bezahlt wird der Hirte von den Bauern mit einem fixen Betrag pro Tier für die Zeit auf der Alp. Erich handelt den Pachtvertrag für die Weiden mit dem Besitzer aus, in diesem Fall ist das Armasuisse, das Bundesamt für RüstungExterner Link, die hier in der Gegend seit vielen Jahren einen Schiessplatz der Armee betreibt.
Entlöhnt werden die vielen Viehtreiber der «Züglete» nicht mit Geld. Aber die Mutter und Erich’s Schwester warten auf der Alphütte mit einem traditionellen Essen auf die Helfer. Es ist eine Form der nachbarschaftlichen Hilfe, die mit einer «Häppere-Brägu» (Kartoffelrösti) mit Löffeln aus einem gemeinsamen Topf gegessen und einigen Flaschen Bier belohnt wird.
Das richtige Fest zum Alpabzug 2019Externer Link der Region wird am 21. September im Ort Plaffeien gefeiert.
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