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Wirtschaft warnt vor Kündigung der Bilateralen

Keystone

Die Bilateralen Abkommen mit der EU haben sich für die Schweiz gelohnt und zum Wirtschaftswachstum der letzten Jahre massgeblich beigetragen. Zu diesem Schluss gelangt eine Studie der Konjunktur-Forschungsstelle der ETH Zürich (KOF).

Besonders positiv bewertet die KOF die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit. Diese habe bis Ende 2007 zu einem Anstieg des Bruttoinlandprodukts um rund 5,5 Milliarden Franken geführt, wie am Freitag an einer Medienkonferenz des Auftraggebers, des Wirtschaftsdachverbandes economiesuisse, erklärt wurde.

Keine negativen Arbeitsmarkteffekte

Seit der Einführung der Personenfreizügigkeit hätten sowohl der private Konsum als auch das verfügbare Realeinkommen pro Kopf zugenommen. Für die KOF belegt dies, dass die Abkommen trotz der in weiten Kreisen gehegten Befürchtungen keine erkennbar negativen Arbeitsmarkteffekte gehabt hätten.

Durch die Abkommen sei das durchschnittliche Lohnniveau vielmehr gestiegen. Die Freizügigkeit habe sich nicht negativ auf die Arbeitslosigkeit in der Schweiz ausgewirkt, sagte KOF-Leiter Jan-Egbert Sturm. Die Arbeitslosigkeit von Ausländern in der Schweiz sei sogar zurückgegangen, da es sich bei den Zugewanderten vor allem um gut ausgebildete Arbeitskräfte gehandelt habe.

Umfrage bei Unternehmen bestätigt

Die KOF-Studie bestätigt eine Umfrage, die der Schweizerische Arbeitgeberverband im Frühjahr 2008 bei seinen Mitgliedern gemacht hatte, wie Verbandspräsident Thomas Daum sagte. Vor allem für die Schwerpunkt-Industrien in der Schweiz sei das Freizügigkeits-Abkommen für die Rekrutierung von qualifizierten Fachkräften und Spezialisten wichtig.

Trotz konjunkturellem Abschwung fänden die Unternehmen weiterhin nicht für alle Stellen geeignete Arbeitskräfte in der Schweiz. Seien mehr hochqualifizierte Personen verfügbar, würden in der Regel auch Arbeitsplätze geschaffen für weniger qualifizierte Angestellte, sagte Daum.

Eine Kontingentslösung, wie sie die Schweiz vor dem heute geltenden Abkommen kannte, ist für Daum «keine gleichwertige Alternative». Für die Unternehmen sei es nämlich auch wichtig, unkompliziert Mitarbeitende in den EU-Staaten einsetzen zu können.

EU würde «Gunst der Stunde» nutzen

Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch warnte vor einem Nein am kommenden 8. Februar zur Weiterführung und Ausdehnung der Personenfreizügigkeit, da aufgrund der Guillotine-Klausel nach sechs Monaten automatisch alle anderen Verträge der Bilateralen I ebenfalls dahinfielen.

«Nach einem Nein auf den Knien als Bittstellerin in Brüssel um Neuverhandlungen zu betteln, ist sicher nicht im Interesse der Schweiz», zeigte sich Minsch überzeugt. Zudem befürchtet er, dass die EU die Gunst der Stunde nutzen und weitreichende Zugeständnisse in anderen Bereichen verlangen würde.

Für viele Unternehmen lebenswichtig

Gerade in der jetzigen Zeit sei der Erhalt der Bilateralen Abkommen für viele Unternehmen essenziell, da sie den gleichberechtigten Zugang zum EU-Binnenmarkt ermöglichten und stabile Rahmenbedingungen böten.

Zudem würde durch einen Neuabschluss Zeit verstreichen, während der die Schweizer Unternehmen im EU-Markt gegenüber ihren Konkurrenten benachteiligt wären. Und etwas vom Negativsten sei die drohende Rechtsunsicherheit, die sich auf die Standortentscheide von Unternehmen auswirken würde, sagte Minsch.

swissinfo und Agenturen

Das Abkommen über den freien Personenverkehr mit den 15 «alten» EU-Staaten ist seit dem 1. Juni 2002 in Kraft. Im September 2005 hat das Schweizer Stimmvolk einer Ausdehnung auf die zehn Länder zugestimmt, die im Mai 2004 zur EU stiessen.

Der freie Personenverkehr zwischen der Schweiz und der EU ist bis 2009 befristet. Seitens der EU wird das Abkommen stillschweigend verlängert, in der Schweiz ist die Fortführung dem fakultativen Referendum unterstellt.

Gleichzeitig mit der Weiterführung soll die Personenfreizügigkeit auf die neusten beiden EU-Mitglieder, Rumänien und Bulgarien, ausgedehnt werden.

Die Europäische Union ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz. Rund 60% der Schweizer Exporte gehen in EU-Länder. Umgekehrt stammen fast 80% der Einfuhren aus der EU.

In der Schweiz leben 800’000 EU-Bürger, während sich rund 350’000 Schweizer in Ländern der EU aufhalten.

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