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Irakischer Aussenminister: «Schweizer Unternehmen können eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau der irakischen Wirtschaft spielen“

Fuad Hussein vor einer Flagge des Irak.
Der irakische Aussenminister Fuad Hussein bei seinem Besuch in der Schweiz im Mai 2024. SWI swissinfo

Nach jahrzehntelanger Schliessung wird die Schweiz in Bagdad voraussichtlich im September wieder eine Botschaft eröffnen. Das hat der irakische Aussenminister Fuad Hussein bei einem Besuch in der Schweiz verraten. Auf seiner Agenda stand die Feier der Rückführung irakischer Artefakte. Aber auch Gespräche mit der Schweizer Pharmaindustrie.

Die Schweiz gibt drei bedeutende mesopotamische Kulturgüter, die illegal eingeführt worden waren, an den Irak zurück. Die Restitution wurde diesen Mai im Rahmen einer Zeremonie im Bundesamt für Kultur in Bern gefeiert. Die Schweizer Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider übergab die beiden Reliefs sowie die Statue an den irakischen Vizepremierminister und Aussenminister Fuad Hussein.

Der dreitägige Besuch umfasste auch ein Treffen mit Beat Jans, dem Schweizer Justizminister.

SWI swissinfo.ch hat mit Hussein über die erfolgreiche Wiederbeschaffung der geraubten Artefakte, das bilaterale Verhältnis der beiden Staaten und die aktuelle Lage in der Region gesprochen.

SWI Swissinfo.ch: Der Irak hat zahlreiche gestohlene Artefakte aus verschiedenen Ländern, darunter auch aus der Schweiz, erfolgreich zurückerhalten. Welche Bedeutung hat diese Rückgabe?

Fuad Hussein: Das irakische Aussenministerium verfolgt eine Politik, die wir als «Restitutionsdiplomatie“ bezeichnen und die sich neben der allgemeinen Aussenpolitik auf die Rückgabe von geplünderten Artefakten aus dem Irak konzentriert.

Artefakte wurden im Zuge der Sanktionen gegen den Irak im Jahr 1991 gestohlen. Nach 2003 wurden erneut Hunderte von Stücken gestohlen und auf dem Weltmarkt verkauft.

Die umfangreichste Kampagne zum Diebstahl von Artefakten wurde jedoch von der Terrororganisation Islamischer Staat durchgeführt. Nachdem sie die Kontrolle über verschiedene Orte übernommen hatte, darunter das Gouvernement Ninive im Nordwesten des Irak, plünderten sie Tausende von Artefakten und verkauften sie vor allem in westliche Länder.

Mit unserer neuen Politik konnten wir Tausende von Artefakten zurückgewinnen. Bei einer einzigen Aktion in den Vereinigten Staaten haben wir 17’000 Gegenstände zurückerhalten. Und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen.

Was die Schweiz betrifft, so sind die drei heute sichergestellten Artefakte neben ihrer historischen und kulturellen Bedeutung auch Millionen von Dollar wert. Wir konzentrieren uns auf die Rückgewinnung von Artefakten, die die irakische Zivilisation, insbesondere die mesopotamische, symbolisieren. Der heutige Tag war ein wichtiger Meilenstein in diesem Bestreben.

Eine Teilstatue und ein Relief.
Die aus dem Irak gestohlenen Artefakte. SWI swissinfo.ch

Die Schweiz gilt als eines der wichtigsten Transitländer für gestohlene Artefakte, auch aus dem Irak. Wie beurteilen Sie ihre Rolle bei der Wiederbeschaffung dieser Objekte?

Die Schweiz hat eine positive Rolle gespielt, und wir schätzen die Unterstützung der Regierung. Wir sind auch daran, weitere Gegenstände von hier zurückzuholen: zwanzig Münzen aus der Abbassi-Zeit und zwei Stücke aus der vorchristlichen Zeit.

Das erste Artefakt, das an den Irak zurückgegeben wurde, ist eine Teilstatue aus dem Jahr 1700 bis 2800, die bei offiziellen Ausgrabungen im Irak entdeckt und zu einem unbekannten Zeitpunkt aus dem Land gebracht wurde.

Die zweite Gruppe von Artefakten umfasst zwei grosse assyrische Reliefs aus dem 8. Jahrhundert v. Chr., die an der bekannten archäologischen Stätte von Nimrud/Kalhu entdeckt wurden.

Schliesslich restituierte die Schweiz das Fragment einer königlichen Büste. Die Büste trägt eine gefaltete Tunika und einen mit Anhängern geschmückten königlichen Mantel. Sie stammt aus der antiken Stadt Hatra und wird auf das zweite bis dritte Jahrhundert nach Christus datiert.

Die Artefakte wurden letztes Jahr im Rahmen eines Strafverfahrens im Kanton Genf beschlagnahmt. Der Hauptangeklagte in diesem Fall wurde wegen Urkundenfälschung und Verletzung des Kulturgütertransfergesetzes, das die Weitergabe gestohlener oder geraubter Kulturgüter verbietet, zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.

Im Jahr 2021 stattete die Schweiz dem Irak den ersten offiziellen Besuch seit über 40 Jahren ab. Während dieses Besuchs wurden Gespräche über die mögliche Wiedereröffnung einer Schweizer Botschaft im Irak geführt. Wie gut sind die Aussichten auf die Wiedereröffnung einer vollständigen diplomatischen Mission in Bagdad? 

Ich habe mich mehrfach mit Schweizer Vertretern getroffen, unter anderem auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos 2021, 2022 und 2023 sowie auf anderen europäischen Konferenzen.

Der Besuch des Schweizer Aussenministers in Bagdad hat dazu beigetragen, die Schweizer Seite von der Wiedereröffnung einer Botschaft in der irakischen Hauptstadt zu überzeugen.

Wir freuen uns über diesen wichtigen Schritt und sehen der offiziellen Eröffnung und der Entwicklung unserer bilateralen Beziehungen erwartungsvoll entgegen.

Gibt es schon ein Datum für die Eröffnung?

Es wird erwartet, dass die Botschaft im September wiedereröffnet wird, also in wenigen Monaten.

Händeschütteln vor den präsentierten Artefakten
Handschlag zwischen dem irakischen Aussenminister Fuad Hussein und der Schweizer Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider. SWI swissinfo.ch

Abgesehen von der Restitution, was sind Ihre Prioritäten in den bilateralen Beziehungen?

Mein Besuch dient dem Ausbau der bilateralen Beziehungen. Neben der offiziellen Übergabe der Raubkunst stehen mehrere Themen auf meiner Agenda, darunter Migration und irakische Gelder, die aus dem Irak geschmuggelt wurden und von den Schweizer Behörden blockiert werden.

Unsere Hauptprioritäten sind wirtschaftlicher Natur. Schweizer Unternehmen können eine entscheidende Rolle beim Wiederaufbau der irakischen Wirtschaft spielen, insbesondere im Pharmasektor. Wir haben zu diesem Thema Gespräche mit Novartis und anderen Parteien geführt.

Die Strategie der Schweiz für den Nahen Osten und Nordafrika legt den Schwerpunkt auf Frieden, Sicherheit und Menschenrechte. Könnten Sie uns einen Einblick in die Bemühungen um eine Zusammenarbeit zwischen dem Irak und der Schweiz in diesen Bereichen geben?

Es gibt Schweizer NGOs, die im Irak in verschiedenen Bereichen tätig sind. Wir verfolgen auch die Schweizer Politik in wichtigen Fragen des Nahen Ostens. Bei meinem Treffen mit der Vertreterin des Aussenministeriums, der Leiterin der Abteilung Naher Osten und Nordafrika, Maya Tissafi, haben wir über diese Themen gesprochen, insbesondere über Gaza und die palästinensische Sache.

Wir erwarten von der Schweiz ein aktiveres Vorgehen in dieser Angelegenheit. Die Schweiz ist ein wichtiges Land, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in Bezug auf ihre Fähigkeit, Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bringen.

Die Schweiz und der Irak haben ein föderales politisches System, und wir sind sehr daran interessiert, von den Erfahrungen der Schweiz in diesem Bereich zu profitieren.

Gruppenbild in steriler Atmosphäre.
Gruppenbild des Treffens zwischen der irakischen Delegation und der Schweiz. SWI swissinfo.ch

Sie haben die Migration erwähnt. Wie arbeitet der Irak mit der Schweiz in dieser Frage zusammen?

Während meines Treffens mit dem Justizminister haben wir die Situation einer kleinen Gruppe von Irakern erörtert, die ohne Aufenthaltsgenehmigung in der Schweiz leben. Wir sprachen darüber, denjenigen, die freiwillig in den Irak zurückkehren wollen, die Möglichkeit dazu zu geben, wobei die Schweiz ihnen finanzielle Unterstützung und Hilfe bei der Rückkehr anbietet. Wir sind bereit, hier zusammenzuarbeiten.

Die Exzellenzstipendien der Schweizer Regierung stehen irakischen Forscher:innen und Künstler:innen offen. Welche Bedeutung hat dieses Programm für die bildungspolitische und kulturelle Entwicklung des Irak, und was kann noch getan werden, um den akademischen und kulturellen Austausch zwischen den beiden Ländern zu fördern?

Wir haben diese Angelegenheit mit der Schweizer Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider besprochen. Wir haben auch Experten für Artefakte aus der Schweiz eingeladen, in den Irak zu kommen und mit ihrem Fachwissen zum Wiederaufbau archäologischer Stätten beizutragen. Die Diskussionen über die Instrumente und Mechanismen, die zur Erleichterung dieser kulturellen Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern erforderlich sind, sind noch im Gang.

Vor einem Jahr wurde die irakische Botschaft in Bern von Unbekannten angegriffen. Können Sie uns über den Stand der Ermittlungen informieren?

Wir bedauern diesen Angriff und waren besorgt um das Botschaftspersonal, aber glücklicherweise gab es keine Verletzten. Die Schweizer Behörden haben eine Untersuchung eingeleitet, aber wir sind noch nicht über die Ergebnisse unterrichtet worden. Wir hoffen, dass uns die Schweizer Behörden bald informieren werden.

Editiert von Virginie Mangin/ds

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