Michail Schischkin: “Es tut weh, ein russischer Schriftsteller zu sein“
Der russische Schriftsteller Michail Schischkin, der in der Schweiz lebt, ist zu Gast in unserem Format On the Record. Er spricht darüber, wie man die russische Kultur verteidigt, wie er erlebt hat, dass die Schweiz schmutziges Geld mit offenen Armen empfängt, und ob sich Russland und die Ukraine jemals versöhnen können.
Schischkin lebt zwar im friedlichen Dorf Laufen, aber der Krieg, den sein Land gegen die Ukraine führt, ist eine ständige Quelle der Qual. «Wie erklärt man den Menschen dort [in Russland], dass sie Faschisten sind?“, fragt er im Interview mit SWI swissinfo.ch rhetorisch.
Schischkin lebt seit 1994 in der Schweiz. Seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine im Jahr 2022 hat er die Schrecken des Krieges über den Messaging-Dienst Telegram verfolgt. «Es tut weh, Russe zu sein“, sagt er. «Wie kann man glücklich sein? Wie kann man das vergessen? Wir befinden uns im Krieg!“
«Die russische Sprache hat sich mit Blut befleckt“, sagt Schischkin . Aber: «Wer wird den neuen Roman der Erlösung schreiben?“ Der russische Autor meldet sich nicht freiwillig für diese Aufgabe.
Ein Soldat muss schreiben
Diese Aufgabe, so argumentiert er, eignet sich am besten für einen russischen Soldaten, der das Schlimmste des Krieges in der Ukraine miterlebt hat und sich mit dem auseinandersetzen muss, was er gesehen und getan hat.
«Derjenige, der in den Schützengräben in der Ukraine sass und sich fragte: ‹Wer bin ich? Was tue ich hier? Warum töten wir, die Russen, hier?’“ Wenn ein solcher Roman geschrieben wird, dann, so Schischkin , hat die russische Kultur eine Chance und eine Zukunft.
In der Schweiz ist Schischkin Buch «Frieden oder Krieg“ auf Deutsch (Orell/Füssli Verlag, 2019) und auf Französisch (La paix ou la guerre, Les éditions Noir sur Blanc, 2023) erschienen.
Editiert von Virginie Mangin/ds, aus dem Englischen übertragen von Marc Leutenegger
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