Schweiz erwägt Sanktionen gegen Tschad
Tschad hat ein PC-9-Trainingsflugzeug der Schweizer Pilatus-Werke für bewaffnete Kampfeinsätze verwendet. Dies hat die Schweizer Regierung am Freitag erstmals offiziell bestätigt.
Damit hat Tschad gegen eine Vereinbarung mit der Schweiz verstossen. Der Bundesrat hat deshalb die Verwaltung damit beauftragt, mögliche politische und wirtschaftliche Sanktionen vorzuschlagen.
Die Schweiz hat Tschad 2006 ein Trainingsflugzeug des Typs PC-9 verkauft. Die tschadische Regierung hatte in der Endverwendungs-Erklärung versichert, das Flugzeug nur für Trainingszwecke zu benutzen.
Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) und das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sind nun beauftragt worden, dem Bundesrat mögliche wirtschaftliche und politische Sanktionen gegen den Tschad vorzuschlagen.
Das EVD soll zudem eine Anpassung der Bewilligungskriterien für die Ausfuhr von militärischen Trainingsflugzeugen prüfen. Die Trainingsflugzeuge von Pilatus unterstehen heute nicht dem Kriegsmaterialgesetz, sondern dem Güterkontrollgesetz, das die Ausfuhr sowohl zivil als auch militärisch verwendbarer Güter (Dual Use) regelt. Die Pilatus-Werke wollten am Freitag keine Stellung nehmen.
GSoA-Initiative abgelehnt
Ändern will dies die «Volksinitiative für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten» der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA), was der Bundesrat jedoch ablehnt. Es soll auch kein Gegenvorschlag ausgearbeitet werden.
Unter das von der GSoA angestrebte Verbot fielen auch Technologien, welche für die Entwicklung, Herstellung oder den Gebrauch von Kriegsmaterial dienen können, etwa Maschinen, die ausschliesslich der Herstellung von Waffen dienen, militärische Simulatoren und die militärischen Pilatus-Trainingsflugzeuge.
In einer Stellungnahme zum Bundesratsentscheid wirft die GSoA der Regierung Doppelzüngigkeit vor: Einerseits lehne sie die Initiativen ab, signalisiere gleichzeitig aber Verständnis, wenn sie sage, «dass die Förderung von Sicherheit und Frieden in der Welt und die Wahrung der Menschenrechte zentrale Ziele der schweizerischen Aussenpolitik seien».
Unbewaffnet geliefert
Für den Verkauf der PC-9 an den Tschad hatte der Bundesrat 2006 grünes Licht gegeben, weil kein Rüstungsembargo der UNO oder der Europäischen Union gegen das Land besteht. Die Maschine war damals unbewaffnet und für Trainingszwecke vorgesehen.
Am Freitag nun bestätigte der Bundesrat Recherchen der Schweizer Nachrichtensendung «10vor10», wonach das Flugzeug inzwischen mit einer für die Bewaffnung notwendigen Aufhängevorrichtung ausgerüstet und wohl auch tatsächlich bewaffnet worden war. Laut «10vor10» kamen Streubomben zum Einsatz.
Es lägen Hinweise vor, dass das Flugzeug regelmässig in Kampfhandlungen im Grenzgebiet zwischen dem Tschad und Sudan verwickelt war, stellt der Bundesrat fest. Die französische Nachrichtenagentur afp hatte schon Anfang Januar über einen Kampfeinsatz der tschadischen PC-9 im Nachbarland Sudan berichtet. Diese Meldung war von den Schweizer Behörden damals nicht bestätigt worden.
Sorge um Arbeitsplätze
Die Schweizer Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard hatte sich bisher auch nicht geneigt gezeigt, eine Verschärfung der Bewilligungskriterien zu prüfen. Sie befürchtete, dass die Pilatuswerke ihre Produktion dann ins Ausland verlagerten und in der Zentralschweiz 400 bis 500 Arbeitsplätze verloren gingen.
Statt einer Unterstellung der Trainingsflugzeuge unter das Kriegsmaterialgesetz schlug sie vor, dass Länder, die aus der Schweiz Entwicklungsgelder erhielten, keine solchen Flugzeuge importieren dürften.
Eine Unterstellung unter das Kriegsmaterialgesetz hatte Mitte Februar auch die Aussenpolitische Kommission (APK) des Nationalrats abgelehnt.
swissinfo und Agenturen
Der Bundesrat lehnt die von der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) eingereichte Initiative für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten ab.
Die Initiative will Ausfuhr und Durchfuhr durch die Schweiz von jeglichem Kriegsmaterial verbieten, aber auch von Technologien, die für die Herstellung von Kriegsmaterial verwendet werden können.
Die Schweizer Regierung hält die Initiative für viel zu radikal und die geltenden Gesetze für genügend.
Er will aber die Bewilligungs-Kriterien für die Ausfuhr von Kriegsmaterial präzisieren, um umstrittene Exporte verhindern zu helfen.
Tschad ist ein Schwerpunktland der schweizerischen Entwicklungs-Zusammenarbeit:
Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) setzt pro Jahr rund 15 Mio. Franken ein.
Davon sind 4 Mio. Franken für Flüchtlinge aus dem sudanesischen Darfur bestimmt.
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