Swissmem-Vizedirektor: «Das Ganze kann eskalieren»
Da die USA Stahl- und Aluminiumimporte mit Zöllen von 25 Prozent belegen wollen, droht die EU Donald Trump mit Gegenmassnahmen. Die Aussicht auf einen neuen Handelsstreit weckt auch in der Schweiz böse Erinnerungen. Die hiesige Industrie würde laut Swissmem-Vizedirektor Jean-Philippe Kohl nicht zum ersten Mal zwischen die Fronten geraten.
SRF: Sind Sie alarmiert?
Jean-Philippe Kohl: Wir sind sehr beunruhigt von den Entwicklungen, dass jetzt Zölle erhoben werden sollen auf Stahl und Aluminiumimporte in die USA. Das trifft auch unsere Industrie, selbst wenn unser Exportvolumen in die USA bei Stahl und Aluminium relativ gering ist. Das Ganze kann eskalieren und plötzlich werden viel breitere Produktgruppen betroffen sein.
Die Exporte der Schweizer Tech-Industrie in die USA machen etwa 10 Milliarden aus und davon sind Stahl und Aluminiumexporte rund 80 Millionen, was etwa 0.8 Prozent entspricht.
Jean-Philippe Kohl ist Vizedirektor und Bereichsleiter Wirtschaftspolitik beim Branchenverband für KMU und Grossfirmen der Schweizer Tech-Industrie Swissmem.
Wie sieht das im Vergleich zu den Exporten in die EU aus?
In die EU exportieren wir Stahl und Aluminium für rund 2.7 Milliarden Franken, also viel mehr als in die USA. Sollte die EU mit Gegenmassnahmen reagieren auf neue US-Zölle und sollte sie dabei die Schweiz wiederum als Drittstaat betrachten wollen, dann haben wir ein ernsthaftes Problem.
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Die Erfahrungen beim letzten Mal waren einschneidend…
Ja, die EU hat damals aufgrund der Angst, dass China vermehrt Stahl nach Europa exportieren würde, Schutzmassnahmen ergriffen. Diese Schutzmassnahmen waren Zölle bis 25 Prozent, wenn eine bestimmte Exportmenge überschritten wurde.
Die Schweiz wurde als Drittstaat betrachtet. Wir konnten zwar innerhalb eines Kontingents exportieren. Darüber hinaus mussten wir dann aber auch diese Zölle zahlen. In der Praxis war es dann halt so, dass wir zusammen mit anderen Ländern in diesem Kontingent waren. Und dieses Kontingent war so schnell ausgeschöpft, dass unsere Firmen in den 25-Prozent-Hammer reingelaufen sind und damit nicht mehr in die EU exportieren konnten.
Was hat die Schweiz damals gemacht, um das Problem für die Branche zu entschärfen?
Unsere Behörden setzten sich dafür ein, dass die Schweiz nicht als Drittstaat betrachtet wurde, dass wir wie EWR-Staaten behandelt wurden – also beispielsweise wie Norwegen, Island und Liechtenstein. Das ist aber nicht gelungen. Die EU hatte damals dafür kein Gehör.
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Und Sie hoffen, dass sich das nicht wiederholt?
Ja, wir haben die berechtigte Erwartung, dass sich das nicht wiederholt. Denn die Schweiz und die EU stehen vor dem Abschluss der Bilateralen III. Man hat sich gegenseitig versichert, dass man alles unternehmen werde, damit die Ratifikation der Verträge ermöglicht wird. Wenn jetzt die Schweiz wiederum von der EU als Drittstaat betrachtet würde, wenn wir wiederum so hohe Zölle zahlen müssten, dann würde dieser Grundsatz torpediert.
Denken Sie nicht, dass die EU das als Druckmittel verwenden könnte in der Diskussion über die Bilaterale III, wie Sie es nennen?
Das wäre kontraproduktiv. Im Wissen um die Befindlichkeit der Schweizer Bevölkerung ist klar: Da gäbe es eine ablehnende Haltung gegenüber den neuen Verträgen. Das kann nicht im Interesse der EU sein.
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