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Ukraine-Friedenskonferenz findet Mitte Juni in der Schweiz statt

Luftaufnahme von der grossen Anlage des Luxusresort auf dem Bürgernstock mit Blick auf den Vierwaldstättersee
Der Luxusresort Bürgenstock mit der Aussicht auf den Vierwaldstättersee soll der Ukraine-Friedenskonferenz das perfekte Ambiente bieten. Keystone

Die Schweiz hat Mitte Juni eine hochrangige Ukraine-Friedenskonferenz angekündigt, um einen "umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden" zu sichern. Zuvor hatten sich Russland und China diese Woche in Peking getroffen. Berichten zufolge könnte US-Präsident Joe Biden an dem von der Schweiz ausgerichteten Gipfel teilnehmen.

Wann und wo findet die Konferenz statt?

Nachdem sich die Schweiz im Januar bereit erklärt hatte, auf Bitten des ukrainischen Präsidenten Volodymyr Selenski einen Friedensgipfel auszurichten, gab der Bundesrat am Mittwoch bekannt, dass die internationale Konferenz am 15. und 16. Juni im Fünf-Sterne-Hotel Bürgenstock oberhalb des Vierwaldstättersees in der Zentralschweiz geplant ist.

Nach einer exploratorischen Phase – mit Lobbyarbeit und Konsultationen mit verschiedenen Staaten – teilte die Schweizer Regierung mit, dass «die Voraussetzungen, damit die Konferenz einen Friedensprozess anstossen kann, in genügendem Masse gegeben sind.»

In der ersten exploratorischen Phase führte die Schweiz Gespräche mit Mitgliedern der G7-Staaten, mit der EU und mit Vertretern des Globalen Südens wie China, Indien, Südafrika, Brasilien, Äthiopien und Saudi-Arabien, hiess es in der Mitteilung.

«Die Konferenz soll eine Plattform für einen hochrangigen Dialog über Wege zu einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine auf der Grundlage des Völkerrechts und der UN-Charta bieten. Sie soll ein gemeinsames Verständnis des Rahmens schaffen, der diesem Ziel förderlich ist, sowie einen konkreten Fahrplan für die Beteiligung Russlands am Friedensprozess.»

Die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd, links, und Volodymyr Zelenskyy, Präsident der Ukraine, rechts, führen mit ihren Delegationen bilaterale Gespräche, am Montag, 15. Januar 2024 in Kehrsatz bei Bern, Schweiz. Zelenskyy wird ab Dienstag am Weltwirtschaftsforum in Davos teilnehmen.
Die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd (links) und der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (rechts) führten am 15. Januar 2024 in Bern bilaterale Gespräche im Vorfeld der Ankündigung, dass die Schweiz einen Friedensgipfel für die Ukraine ausrichten wird. Keystone / Alessandro della Valle

Welche Länder nehmen teil?

Die Schweiz hat bei anderen Staaten lobbyiertExterner Link, um eine möglichst breite Koalition zur Teilnahme zu bewegen.

Selenski sagte am 6. April: «Wir gehen davon aus, dass 80 bis 100 Länder teilnehmen… Das ist die Anzahl Länder, die meiner Meinung nach in der Lage sein werden, zumindest zu versuchen, Russland zu einem fairen Frieden zu drängen.»

Er räumte ein, dass es noch keine konkrete Länderliste gebe. «Wir werden uns in den kommenden Tagen darauf einigen, wie es ablaufen wird.»

Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) berichtete am DienstagExterner Link unter Berufung auf mehrere Quellen, dass der US-Präsident Joe Biden zur Friedenskonferenz in die Schweiz reisen werde. Die Teilnahme ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigt.

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Die Schweizer Regierung hat früh deutlich gemacht, dass sie die Teilnahme der Brics-Staaten – Brasilien, Indien, China und Südafrika – für entscheidend hält. Der Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis reiste im Februar nach China und Indien, um für die Konferenz zu werben. Auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin diskutierte die Pläne bei einem Besuch in Katar. Das Bürgenstock Resort gehört zu einer Hotelgruppe im Besitz des katarischen Staats.

Selenski hat zuvor einen Zehn-Punkte-Friedensplan skizziert, der die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine, den Abzug aller russischen Truppen, den Schutz der Lebensmittel- und Energieversorgung, die nukleare Sicherheit und die Freilassung aller Kriegsgefangenen vorsieht.

Wie steht es um die russische Beteiligung?

Es sei unwahrscheinlich, dass Russland an der ersten Gesprächsrunde teilnehme, sagte die Schweizer Verteidigungsministerin Viola Amherd im Februar.

Moskau teilte mit, die Ukraine-Friedenskonferenz sei «sinnlos» und zum Scheitern verurteilt, wenn sie die Interessen Russlands nicht berücksichtigt. Das vorgeschlagene Treffen in der Schweiz sei ein Trick des Westens, um im Globalen Süden internationale Unterstützung für die Ukraine zu gewinnen.

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Moskau lehnt Selenskis Friedensplan kategorisch ab und erklärt, Russland sei zu Gesprächen bereit, diese müssten allerdings die Sicherheitsinteressen Russlands respektieren und die – wie es festhält – «neuen Realitäten» vor Ort widerspiegeln, wo Russlands Streitkräfte knapp ein Fünftel des Landes kontrollieren und Moskau vier ukrainische Regionen für sich beansprucht.

Was ist mit Chinas entscheidender Rolle?

Das grosse Fragezeichen ist, ob China an der Schweizer Konferenz teilnehmen wird, wie BloombergExterner Link berichtet.

Der chinesische Botschafter in Bern, Wang Shihting, sagte der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ)Externer Link im März, Peking prüfe «die Möglichkeit einer Teilnahme».

Vor über einem Jahr legte Peking ein eigenes 12-Punkte-Papier vor, das allgemeine Grundsätze für ein Ende des Kriegs enthielt, ohne jedoch auf Einzelheiten einzugehen. Das Papier wurde damals sowohl in Russland als auch in der Ukraine zurückhaltend aufgenommen und die USA kritisierten, China präsentiere sich als Friedensstifter, spiegele aber Russlands «falsches Narrativ» wider und versäume es, dessen Invasion zu verurteilen.

Auf diesem vom Pressedienst des russischen Außenministeriums am Dienstag, 9. April 2024, veröffentlichten Foto posieren der russische Außenminister Sergej Lawrow (links) und der chinesische Außenminister Wang Yi vor ihren Gesprächen in Peking für ein Foto. Der russische Außenminister Sergej Lawrow besucht Peking, um inmitten des zermürbenden Krieges Moskaus gegen die Ukraine die Stärke der Beziehungen zum engen diplomatischen Partner China zu demonstrieren. (Pressedienst des russischen Außenministeriums via AP)
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow (links) und sein chinesischer Amtskollege Wang Yi in Peking am 9. April 2024. Wang wurde von russischen Nachrichtenagenturen mit den Worten zitiert, China wolle, dass sich Russland und die Ukraine auf einer internationalen Konferenz zusammensetzen, um einen Weg zur Beendigung des Krieges in der Ukraine zu diskutieren. KEYSTONE/Russian Foreign Ministry Press Service

Der russische Aussenminister Sergej Lawrow sagte, Chinas Friedensplan sei der bisher vernünftigste. Am Dienstag traf er sich in Peking mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping, um vor dem Hintergrund des Einmarschs Moskaus in der Ukraine die gegenseitige Unterstützung und die gemeinsame Opposition gegenüber den westlichen Demokratien zu bekunden.

Die beiden Staaten besprachen den Krieg in der Ukraine und waren sich einig, dass internationale Treffen zur Ukraine, bei denen die Interessen Moskaus ignoriert werden, «sinnlos sind», wie Lawrow laut der staatlich russischen Nachrichtenagentur Tass an einer Pressekonferenz sagte.

«China unterstützt die Einberufung eines internationalen Treffens zu einem geeigneten Zeitpunkt, das sowohl von Russland als auch von der Ukraine anerkannt wird und an dem alle Parteien gleichberechtigt teilnehmen und alle Friedenslösungen fair diskutieren können», sagte der chinesische Aussenminister Wang Yi.

Editiert von Balz Rigendinger/amva, Übertragung aus dem Englischen: Claire Micallef

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