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Wie sich Trumps Dekrete auf die Schweiz auswirken könnten

Ein alter Mann mit Krawatte
Donald Trump. Keystone / AFP / Mandel Ngan

US-Präsident Donald Trump hat bereits Dutzende von Dekreten unterzeichnet, welche die Weltpolitik und den Geschäftsalltag durcheinanderwirbeln. Was bedeutet das für die Schweiz?

Die eilig getroffenen Massnahmen der neuen US-Regierung haben weltweit Schockwellen ausgelöst – vom Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen bis zur Ausrufung des nationalen Notstands an der Südgrenze zu Mexiko.

Während viele Staats- und Regierungschefs angesichts des Umfangs und der Bedeutung einiger der vorgeschlagenen Änderungen heftig reagierten, scheint die Schweiz unerschüttert.

Die Landesregierung, der Bundesrat, hat keine offizielle Stellungnahme abgegeben und scheint eine abwartende Haltung einzunehmen.

Zinssenkungen und Ölpreise

Die möglichen Auswirkungen von Trumps Wirtschaftsagenda auf den Welthandel waren ein wiederkehrendes Diskussionsthema auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF), das vom 20. bis 24. Januar in Davos stattgefunden hat.

Trump hat damit gedroht, Zölle gegen Kanada, Mexiko, China und Europa zu verhängen, um die Kassen einer neuen externen Steuerbehörde zu füllen.

In einer Videoansprache an die in Davos versammelten Staats- und RegierungschefsExterner Link sprach er sich für niedrigere Zinsen und tiefere Ölpreise aus.

Er betonte auch die Notwendigkeit einer sofortigen Zinssenkung und forderte andere Länder auf, seinem Beispiel zu folgen. «Die Zinsen sollten sofort sinken», sagte Trump. «Und sie sollten weltweit gesenkt werden.»

Er fügte hinzu: «Ich werde auch Saudi-Arabien und die OPEC [Organisation erdölexportierender Länder] auffordern, die Ölpreise zu senken.»

Wie Reuters berichteteExterner Link, kippten die Ölpreise nach Trumps Rede ins Minus. Das bedeutet, dass Unternehmen nun die Händler dafür bezahlen, ihnen Öl zurückzukaufen.

Der Euro gab nach, und der US-Dollar schwankte gegenüber einem Korb von Fremdwährungen zwischen Gewinnen und Verlusten. Der Schweizer Franken schwächte sich gegenüber dem Dollar leicht ab.

Niedrigere Ölpreise stellen Russland vor Probleme, da der grösste Teil des Staatshaushalts von den Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft abhängt. Trump sagte, er glaube, dass niedrigere Ölpreise zu einem raschen Ende des Kriegs in der Ukraine führen würden.

Moskau hofft, dass ein Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Trump – möglicherweise in der SchweizExterner Link – eine «Gelegenheit» bieten könnte, die Sanktionen zu lockern.

Doch Trump hat in einem Social-Media-Post deutlich gemachtExterner Link, dass er kein Freund Moskaus ist und die Demokraten in der Aussenpolitik übertrumpfen will, indem er den Krieg in der Ukraine zu seinen Bedingungen beendet.

Eine der berüchtigtsten Wahlkampfaussagen Trumps war, dass er den Krieg zwischen Russland und der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden werde – ein Versprechen, das seine politischen Entscheidungsträger inzwischen zurückgenommen haben.

Im Sommer 2024 organisierte die Schweiz einen Friedensgipfel für die Ukraine, an dem Russland nicht teilnahm. Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine im Jahr 2022 wurden keine russischen Vertreter mehr am WEF empfangen.

Schweiz besorgt über mögliche US-Zölle auf Gold

Der Goldmarkt, ein Schlüsselsektor für die Schweiz, ist besonders besorgt über die möglichen Auswirkungen der neuen Handelspolitik unter Trump.

Branchenfachleute befürchten die mögliche Einführung von allgemeinen Importzöllen auf Metalle, einschliesslich Gold und Silber. Solche Zölle könnten die etablierte Verbindung zwischen den Goldpreisen in London und New York unterbrechen.

Diese Verbindung basiert auf Zinsberechnungen für die Zeitdifferenz zwischen dem Kassahandel (sofortige Käufe) und dem Terminhandel (verzögerte Kontrakte). Die Einführung von Zöllen würde zu zusätzlichen Kosten auf dem Markt führen, die den Goldpreis in New York deutlich erhöhen könnten.

Beispielsweise könnte ein Zoll in Höhe von 10% zu einem Anstieg der Futures-Preise um 10% führen, was den Markt destabilisieren und finanzielle Verluste für die Institutionen nach sich ziehen würde.

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Die Schweiz wäre auch als Finanz- und Goldraffineriestandort betroffenExterner Link. Sie beherbergt vier grosse, weltweit tätige Goldraffinerien: Metalor, MKS Pamp, Valcambi und Argor-Heraeus.

Diese Raffinerien verarbeiten einen beträchtlichen Teil des weltweiten Golds. Neue Zölle oder Beschränkungen könnten ihre Tätigkeit stark beeinträchtigen und sich auf die gesamte globale Goldlieferkette auswirken.

Nach seiner Rückkehr aus Davos erklärte Rahul Sahgal, Geschäftsführer der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer, dass alles, was Trump sage, «Auswirkungen auf die Welt und auch auf die Schweiz hat».

«Es ist noch ziemlich unklar, was tatsächlich passieren wird», was Gold betreffe, sagt er gegenüber SWI swissinfo.ch. «Aber es wird nicht katastrophal sein, solange nicht einzelne Sektoren herausgegriffen werden. Und im Moment sehe ich keine Anzeichen dafür, dass es zum Beispiel Gold oder ein anderer Sektor sein könnte.»

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Barry Bennett ist ein politischer Stratege der Republikaner. Er war Berater des Bürgermeisters von Miami, Francis Suarez, des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Ben Carson und wurde Chefberater von Trump während dessen Wahlkampagne.

«Was die Edelmetalle betrifft, sind die USA eine Nettokonsumentin dieser lebenswichtigen Güter», sagt er gegenüber SWI swissinfo.ch.

«Die USA brauchen eine stabile Versorgung ohne massive geopolitische Risiken. Das ist eine grosse Chance für den Handel. Sie werden harte Worte hören, aber die Entscheide werden sehr rational sein.»

Ein Mann steht vor Wahlplakaten
Barry Bennett, ein republikanischer Politstratege, diente als Berater des Bürgermeisters von Miami, Francis Suarez, des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Ben Carson und später als leitender Berater der Wahlkampagne von Präsident Trump. Reuters / Yuri Gripas

Bennett sagt, dass die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und der Schweiz «noch nie so stark waren» und dass es «eine Chance gibt, sie noch zu stärken».

Er fügt hinzu: «Präsident Trump hat seine ersten Tage im Amt damit verbracht, seine Wahlversprechen umzusetzen, was in der modernen Politik vielleicht ungewöhnlich ist, aber nichts, was wir nicht erwartet hätten.»

Laut Martin Schlegel, Präsident der Schweizerischen Nationalbank, ist der Handel der Schweiz mit den Vereinigten Staaten von grosser Bedeutung, so dass etwaige Zölle erhebliche Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft hätten.

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Schweiz weiterhin Vermittlerin und Partnerin

Bennett, der ehemalige Chefberater der Trump-Wahlkampagne, sieht eine Chance für die Schweiz, «als Schiedsrichterin des gesunden Menschenverstands zu fungieren, während wir einen massiven und extrem tödlichen Krieg [in der Ukraine] beenden und eine neue osteuropäische Drehscheibe aufbauen» für Wirtschaft und Diplomatie.

«Die Schweizer waren schon immer sehr gut darin, zwischen Politik und Wirtschaft zu unterscheiden», sagt Bennett. «Die Zeit nach dem Krieg in der Ukraine ist eine riesige Chance für ganz Europa, aber vielleicht eine noch grössere für die Schweizer.»

Allein die Finanzierungsmöglichkeiten seien enorm, so Bennett. «Neue Energielieferungen in die Ukraine zu bekommen und gleichzeitig die Exportkapazitäten wieder aufzubauen, ist eine einmalige Gelegenheit als Alternative zu Venezuela», fügt er hinzu.

«Die russische Wirtschaft wird weiter hinterherhinken. Natürlich wird es auf künftig Herausforderungen geben. Aber diejenigen, welche diese nicht überwinden und das Potenzial nicht erkennen, werden diese Chance verpassen.»

Ein Mann, der sitzt
Rahul Sahgal, Geschäftsführer der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer. Darrin Vanselow

Sahgal von der Handelskammer betont, dass der Wirtschaftsplan der neuen US-Regierung eine Dynamik schaffen werde, die für gut positionierte Schweizer Unternehmen wahrscheinlich günstiger sei als die derzeitige Situation.

Die Trump-Administration legt den Fokus auf den Abbau von Bürokratie und Regulierung, die Kontrolle der Energiepreise und die Förderung eines wettbewerbsfähigen Steuerumfelds und auf Investitionen in KI, Robotik, Verteidigung sowie Luft- und Raumfahrt.

«Von allen europäischen Ländern ist die Schweiz am besten positioniert, um von der wirtschaftlichen Welle zu profitieren, die in diesen Sektoren entstehen wird», sagt Sahgal.

Am vierten Tag seiner Präsidentschaft sagte Trump in seiner nach Davos übertragenen Rede, er rechne mit bedeutenden ausländischen Investitionen in die US-Wirtschaft.

Er betonte, dass Unternehmen kommen und in den Vereinigten Staaten produzieren sollten, andernfalls würden Zölle auf importierte Produkte erhoben.

«Die Schweiz ist die sechstgrösste ausländische Direktinvestorin in den USA», sagt Sahgal. «Sie ist auch die grösste Investorin in Forschung und Entwicklung.»

Er glaubt, dass die Schweiz Trumps Forderung nach Produktion in den USA bereits erfüllt und dass dessen Präsidentschaft nicht unbedingt eine schlechte Nachricht für die Schweiz sei.

«Ich bin mir sicher, dass Sie, wenn Sie genau hinschauen, Hunderte von Dingen in den Zeitungen lesen werden, wie schrecklich es [wegen Trumps neuer Politik] für die Pharmaindustrie und für Gold sein wird», sagt Saghal. «Aber grundsätzlich denke ich, dass es sehr gut sein wird.»

Editiert von Veronica De Vore / ds, Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub

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