Basel will Deutschunterricht für Dreijährige
Das frühzeitige Erlernen der deutschen Sprache soll im Kanton Basel-Stadt für die aus Migrantenfamilien stammenden kleinen Kinder obligatorisch werden. Eine Schweizer Premiere.
Mit diesem Projekt, dessen Kosten der Kanton übernimmt, sollen die Schulchancen der Kleinen massiv verbessert werden.
Ziel der obligatorischen Sprachspielgruppe für dreijährige Kinder mit ungenügenden Deutschkenntnissen im Kanton Basel-Stadt: Alle Kinder sollen beim Eintritt in den Kindergarten Deutsch sprechen können.
Das Projekt stelle einen Eingriff in die Elternrechte dar, sagte Erziehungsdirektor Christoph Eymann.
Er gewichte aber das Bildungsrecht von benachteiligten Kindern höher als die Erziehungsrechte der Eltern. Kinder mit mangelnden Sprachkenntnissen seien während der ganzen Schulzeit benachteiligt.
Das Projekt sieht vor, dass die Eltern von Dreijährigen zu einer Veranstaltung aufgeboten werden. Dort werden die Deutschkenntnisse der Kinder abgeklärt, «ohne dass Tests gemacht werden», wie Pierre Felder, Leiter des Ressorts Schulen, betonte.
In Basel-Stadt beträgt der Anteil Fremdsprachiger beim Kindergarten-Eintritt rund 50%. Das Erziehungsdepartement (ED) schätzt, dass rund ein Drittel der Dreijährigen nicht genügend Deutsch sprechen.
Diese Kinder – voraussichtlich 500 – müssen während eines Jahres zweimal in der Woche in die Sprachspielgruppe.
Kinder aus sozial benachteiligten, bildungsfremden oder fremdsprachigen Familien erbringen gemäss ED im Durchschnitt erheblich schlechtere Schulleistungen als Kinder aus bildungsnahen und deutschsprachigen Familien.
Kostenlose Förderung
Die Sprachschulung erfolgt in privat organisierten Tagesheimen oder Spielgruppen.
Es handle sich nicht um Sprachkurse, betonte Felder. Die Kosten für den Besuch der Spielgruppe übernimmt der Kanton.
Das Obligatorium sei notwendig, weil viele Eltern benachteiligter Kinder den Sinn der Frühförderung nicht einsähen, sagte Felder.
Selektiv sei das Obligatorium, damit die Kosten und die staatliche Intervention auf einem Minimum blieben. In anderen Kantonen gibt es Sprachspielgruppen, deren Besuch freiwillig ist.
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Föderalismus
Straffer Zeitplan
Der Zeitplan sieht vor, dass das Projekt «Obligatorische Sprachförderung für Dreijährige» noch in diesem Jahr in die Vernehmlassung (Konsultations-Verfahren) geschickt wird. Anschliessend soll die Weiterbildung der Betreuungspersonen erfolgen. Die erforderliche Gesetzesänderung ist für 2009 vorgesehen.
Das Vorhaben wird frühestens mit der Anmeldung in den Kindergarten 2010 umgesetzt. Die Projektkosten werden auf sechs Jahre verteilt auf 1,65 Mio. Fr. beziffert. Die jährlich wiederkehrenden Kosten belaufen sich nach Angaben des ED auf 1,5 Mio. Franken.
swissinfo und Agenturen
Jeder Kanton der Schweiz ist für seine Schule selbst verantwortlich. Das bedeutet: Es gibt 26 unterschiedliche Bildungssysteme im Land.
Die meisten Schülerinnen und Schüler beginnen ihre Schulkarriere im Alter von 7 Jahren, nach ein oder zwei Jahren Kindergarten.
Die obligatorische Schulzeit beträgt meist 9 Jahre. Danach folgt eine Mittelschule oder eine Berufsausbildung.
Jeder Kanton entscheidet über die Struktur seines Bildungssystems, Lehrpläne oder Schulferien selbst.
Die Konferentz der Kantonalen Erziehungsdirektoren sorgt für Kontakte und Harmonie zwischen den Kantonen.
Ende 2007 lebten in der Schweiz rund 1,57 Mio. Ausländer. Die Mehrheit, 960’000, stammen aus EU- oder EFTA-Staaten.
Über 10% der Neuankömmlinge waren 2007 in Schweizer Schulen oder Hochschulen eingeschrieben.
63,7% der Schweizer Bevölkerung spricht Deutsch, 20,4% Französisch, 6,5% Italienisch und 0,5% Rätoromanisch.
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