Technische Hochschulen drängen an Weltspitze
Die Eidgenössischen Technischen Hochschulen in der Schweiz (ETH) wollen unter die zehn besten Universitäten der Welt vorstossen. Spitzenforschung soll auf sechs Bereiche konzentriert werden.
Bis 2008 sollen entsprechende Kompetenzzentren startbereit sein.
Der ETH-Rat und seine sechs Institutionen hätten sich nun zum Ziel gesetzt, ihre Institutionen unter die besten zehn weltweit zu positionieren, sagte Alexander Zehnder, Präsident des ETH-Rats, des Führungsgremiums der Eidgenössischen Technischen Hochschulen in der Schweiz, am Dienstag in Bern vor den Medien.
Nicht alle Disziplinen, Forschungs- und Dienstleistungsbereiche könnten allerdings auf absolutem Spitzenniveau betrieben werden. Deshalb will sich das ETH-Führungsgremium auf sechs Kompetenzzentren konzentrieren.
Sie sollen auf den Gebieten Energie und Nachhaltiger Mobilität, Materialwissenschaften und Mikrotechnik, Umwelt und Nachhaltigkeit sowie Biomedical Imaging geschaffen werden, sagte Zehnder, der dem ETH-Rat seit vergangenem Juli vorsteht.
Neben der ETH sollen sich in diesen Zentren auch andere Universitäten und Fachhochschulen einbringen. Um vermehrt auch wirtschaftliche Impulse zu vermitteln, sollen die Zentren an Orten mit entsprechender Industrie stehen.
Standorte stehen schon fest
Als Standorte sind für den Bereich Energie die Region Buchs (AG), für die Materialwissenschaften und Mikrotechnik die Westschweiz und für den Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit Zürich vorgesehen.
Das Zentrum Systembiologie seinerseits soll in der Nähe der Forschungszentren der Pharmaindustrie in Basel stehen.
Konkurrenzfähigkeit erhöhen
Der ETH-Rat will seine Institutionen weltweit an die Spitze bringen. Mit der Schaffung von Kompetenzzentren soll der schwindenden Konkurrenzfähigkeit Einhalt geboten werden.
Eine Studie über die 500 weltweit besten Universitäten setzte die ETH Zürich auf den 27. Rang der renommiertesten Universitäten und damit auf den ersten Platz aller Universitäten Kontinentaleuropas, wie Zehnder ausführte.
Nicht auf Lorbeeren ausruhen
Diese Rangierung basiere aber auf Leistungen der Vergangenheit. Die Schweiz verliere heute zunehmend an Konkurrenzfähigkeit und die schweizerische Qualität von Bildung und Innovation nehme im internationalen Vergleich ab.
Finnland, Schweden, Japan und Grossbritannien hätten ihre Investitionen in Bildung und Forschung markant erhöht. Der Bundesbeitrag an den ETH-Bereich sei aber seit 2000 unverändert geblieben.
Mit der Neustrukturierung erhofft sich der ETH-Rat nicht zuletzt einen Innovationsschub für die Institute und die involvierte Industrie.
Dem Trend voraus
Dem gängigen Trend, mehr auf Entwicklung zu setzen, will Zehnder dabei nicht folgen: «Wir werden nicht von der Grundlagenforschung abkehren, denn sie ist unsere Basis. Dennoch lassen wir diesen Zweig nicht aus den Augen: Die Kompetenzzentren werden zu Plattformen, wo sich Industrie, Wissenschaft und die zivile Gesellschaft näher kommen können», so Zehnder gegenüber swissinfo.
Fundraising verstärken
Allein schon aufgrund der finanziellen Ressourcen drängten sich Massnahmen auf. Das in der Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Technologie für die Periode 2004-2007 vorgesehene Wachstum auf der Ausgabenseite werde in stark reduzierter Form erfolgen, so Zehnder. Für ihn ist klar, dass die Institutionen den Anteil der Drittmittel in den kommenden Jahren dennoch erhöhen müssen.
Dafür sollen nach dem Vorbild angelsächsischer Topuniversitäten zusätzlich zum Finanzierungsbeitrag des Bundes umfangreiche «Endowments», also Eigenkapitalien durch Fundraising, die längerfristige Handlungsfreiheit sicher stellen.
Kein Numerus Clausus
Der aus elf Personen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammengesetzte ETH-Rat habe sich zum Ziel gesetzt, ein attraktives, dynamisches und kreatives Umfeld zu schaffen.
Um die optimale Zusammensetzung der Studierenden zu gewährleisten, müssten die Institutionen das Recht haben, ihre Studierenden zu Beginn des Studiums auswählen zu dürfen, so eine weitere Forderung Zehnders.
Dabei gehe es nicht per se um die Einführung eines Numerus Clausus. «In einem Interview wollen wir die Studenten wissen lassen, was sie erwartet und was wir von ihnen wollen.»
Dieses Interview sei der erste Kontakt mit den Uni-Behörden, und der sei hilfreich, um Kontakte zu knüpfen. Bewerbe man sich für eine Stelle, werde man immer befragt, so Zehnder, und das sollte eigentlich auch für Studenten gelten.
swissinfo und Agenturen
Erste Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) war diejenige in Zürich (1855 gegründet).
Lausanne folgte 1969.
Zu den ETH’s gehören vier weitere kleinere Institute.
Total sind 19’000 Studenten und 550 Professoren an den ETHs.
Das Gesamtbudget beträgt 2,3 Mrd. Franken.
Alexander Zehnder ist seit dem 1. Juli 2004 Präsident des ETH-Rates.
Er schloss 1976 sein Studium an der ETH Zürich ab.
Er lehrte in Marokko, Stanford und Holland.
1992 wurde er an der ETH Zürich Professor für Umwelt-Biologie.
Er will den Forschungsplatz Schweiz wieder unter die Stärksten der Welt führen.
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