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Universitäten liebäugeln mit Sponsoring

Immer häufiger gehen Schweizer Universitäten bei privaten Unternehmen auf Geldsuche. Die Studentenschaft dagegen befürchtet eine "Kommerzialisierung des Wissens".

Staatssekretär Charles Kleiber wird nicht müde, es zu wiederholen: Die Schweizer Universitäten müssten Synergien mit der Privatwirtschaft aufbauen, um die nötigen Gelder zusammenzubringen und das Forschungsniveau aufrechtzuerhalten.

Die Universität Freiburg nimmt Kleiber ab dem Sommersemester 2002 beim Wort. Ein Kurs für Anwärter auf das Medizinstudium wird von der Pharmaindustrie gesponsort. «Dieser Beitrag deckt 80 Prozent der Kosten», sagt Marco Celio, Leiter der medizinischen Fakultät.

Dieses Sponsoring ist vorläufig auf ein Jahr befristet. Celio hofft aber, dass das Projekt die Behörden überzeugen wird. «Die Zahl der Studenten nimmt zu und die Geldmittel werden gekürzt. Uns bleibt also bloss die Wahl zwischen Sponsoring und Numerus Clausus.»

Novartis sponsort Basler Lehrstuhl

Was in Freiburg noch ein Pilotprojekt für die gesamte Romandie ist, wird in der Deutschschweiz bereits praktiziert – in der Forschung, aber auch in der Lehre.

40 der 300 Mio. Franken des Jahresbudgets der Universität Basel stammen von Dritten. Dabei handelt es sich sowohl um private Geldgeber wie auch um Beiträge des Schweizerischen Nationalfonds.

«Die Unterstützung von Novartis ermöglicht es uns, während 5 bis 10 Jahren einen Kurs in Immunologie anzubieten», erklärt Verwaltungsdirektor Kurt Altermatt. Die Universität Basel ist aber bestrebt, ihre Unabhängigkeit zu wahren: Der Sponsor legt den Forschungszweig fest. Die Wahl der Professoren und das Thema der Kurse bleiben der Universität vorbehalten.

Gesponsorte Forschung in Lausanne

In der Romandie arbeiten neben Freiburg noch weitere Universitäten mit privaten Geldgebern zusammen – allerdings lediglich im Bereich der Forschung. Die Universität Lausanne müsse sich privaten Geldgebern zuwenden, sagt Christian Pilloud, der Leiter des Bildungswesens im Kanton Waadt.

Er stellt aber auch eine stärkere Unterstützung durch die öffentliche Hand in Aussicht. Die zuletzt gekürzten Kantonsbeiträge würden wieder erhöht, sagt Pilloud.

Trotzdem arbeitet die Universität Lausanne in der Forschung mit privaten Geldgebern zusammen. Diese Beiträge Dritter machten aber nicht mehr als 10 Prozent des Gesamtbudgets aus, sagt Verwaltungsdirektor Jean-Paul Dépraz.

Ein gesponsorter Lehrstuhl sei zwar diskutiert worden, stehe aber vorläufig nicht zur Diskussion. «Wir müssen darauf achten, dass die akademische Freiheit unangestastet bleibt», sagt Dépraz.

Lausanner Studenten lehnen Sponsoring ab

Der Studentenschaft langen solche Lippenbekenntnisse indes nicht. «Wir lehnen jegliche Form von Sponsoring ab», erklärt Pauline Grosset, Generalsekretärin der Vereinigung der Lausanner Studentenschaft.

Die Lausanner Studentenschaft bestreitet nicht, dass sich die Hochschule auf verschiedenen Wegen Mittel beschaffen müsse. «Die Universität darf jedoch nicht ein Unternehmen werden», sagt Grosset. «Die Geistes- und Sozialwissenschaften würden darunter leiden.»

Bund will unabhängige Unis

Auf Bundesebene hat man für die Befürchtungen der Lausanner Studentenschaft Verständnis. Der Bund ermutige die Universitäten zwar zur Suche nach privaten Geldgebern, sagt Mufit Sabo, der Berater von Charles Kleiber, er knüpfe aber daran «die Bedingung, dass die Universitäten die Lehrkraft und das Kursthema selber wählen können.» Bei der Suche nach Geldgebern wolle der Bund den Universitäten grundsätzlich aber freie Hand lassen.

In der Regel werden rund 50 Prozent der Kosten einer Universität vom Kanton abgedeckt. Der Bund, das kantonale Konkordat und Dritte übernehmen weitere Kosten. Ein Teil der Kosten wird auch durch die Einschreibegebühren gedeckt.

swissinfo und Anne Fournier (sda)

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