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Universitäten zu wenig marktnah

Das Schweizer Studiensystem sei zu wenig marktnah, sagt die CS. Keystone

Die Hochschulen sind in die Kritik geraten. Die Universitäten würden nicht den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes entsprechend ausbilden, kritisiert die Credit Suisse.

In einer Studie schlägt sie eine Reihe von Reformen vor: Wettbewerb zwischen den Universitäten und die Anpassung der Fächerwahl an den Markt.

Die Bilanz der Schweiz als Forschungsstandort sei zwar beachtlich, heisst es in der Studie der Grossbank. In kaum einem andern Land würden pro Kopf der Bevölkerung so viele Patente angemeldet und so viel in Forschung investiert, wie in der Schweiz.

«Trotz steigender Studentenzahlen an den Universitäten gibt es einen chronischen Mangel an Ingenieuren oder Naturwissenschaftern», heisst es im Bericht.

Gemäss dem Brachenverband der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, Swissmem, fehlen in der Schweiz zwischen 1500 und 5000 qualifizierte Leute in diesen Bereichen.

Credit Suisse schlägt deshalb zwei Massnahmen vor: die Tertiärbildung, die sich stärker an der Nachfrage nach Arbeitskräften orientieren soll, und die erfolgreiche Verbreitung von Wissen.

Geldspritze

«Diese Massnahmen würden eine grössere Transparenz bringen und die Universitäten in eine stärkere Wettbewerbslage bringen», sagt Petra Huth, Leiterin des Kompetenzzentrums Wirtschafts- und Sozialpolitik der Credit Suisse, gegenüber swissinfo.

Doch die Universität Zürich weist die Vorschläge als «kurzsichtig» zurück und verteidigt ihr Studienangebot.

«Wissenschaft und Forschung ist die Grundlage unserer Zukunft. Wir müssen längerfristige Perspektiven in Betracht ziehen und die Bildung nicht an den kurzfristigen und unmittelbaren Bedürfnissen des Arbeitsmarktes ausrichten», sagt Universitäts-Sprecherin Christian Hofmann.

«Wir halten die Studienfreiheit hoch, bei der der Student, die Studentin, beschliessen kann, wofür er sich interessiert. Aber ganz klar arbeiten wir mit der Wirtschaft zusammen und bieten nicht einfach weltfremde Studiengänge an, die sich überhaupt nicht nach den Bedürfnissen des Marktes richtet», sagt Hofmann.

Im vergangenen Monat hat die Schweizer Regierung einen Forschungshaushalt von 3, 4 Milliarden Franken pro Jahr vorgestellt. Insgesamt sollen zwischen 2008 und 2011 21,2 Mrd. Franken für die Forschung ausgegeben werden.

Effizienter werden

Etwa zu selben Zeit veröffentlichte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihren Bildungsbericht, der die Kostenwirksamkeit der Forschung in der Schweiz in Frage stellt.

«Im Vergleich zu andern OECD-Staaten investiert die Schweiz zu wenig in Forschung und Ausbildung», steht im Bericht.

Schweizer Forscher spüren zu wenig Druck, sich um die Finanzierung ihrer Projekte zu kümmern und sie würden zu wenig tun um zu internationaler Zusammenarbeit zu gelangen.

«So gesehen muss nicht ständig das Forschungsbudget erhöht und nach mehr Geld gerufen werden. Es könnte auch durch eine Maximierung der Mittel im schweizerischen Bildungssystem mehr Effizienz erreicht werden», heisst es im Bericht.

swissinfo, Matthew Allen, Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Urs Maurer)

Im Jahr 2003 hat die Schweiz 26 Mrd. Fr. für die Bildung ausgegeben (86% über die Kantone, 14% über den Bund, der die beiden Polytechnika alleine finanziert).
Der grösste Teil der Bundesbeiträge gehen in die Universitäten.
Ausserdem finanziert der Bund 700 Mio. Fr. in die Forschung.
Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung entsprechen rund 2,6% des Bruttosozialprodukts (2001).
Zwei Drittel davon werden von der Privatindustrie übernommen.

1999 vereinbarten 29 europäische Staaten an einer Konferenz in Bologna die Schaffung des «Hochschulraumes Europa». Mittlerweile gehören der «Bologna-Deklaration» 45 Staaten an.

Die wichtigsten Punkte dieser Reform bestehen in der Einführung von zweistufigen Studiengängen, der Verwendung eines europäischen Kreditpunktesystems (ECTS), mit dem zwischen verschiedenen Universitäten gewechselt werden kann und der Einführung eines vergleichbaren Systems von Titeln.

Mit der Reform kann nach drei Jahren ein Studium mit dem Bachelor abgeschlossen werden. Der darauf folgende Master-Studiengang dauert ein bis zwei Jahre.

Die Schweizer Universitäten stellten bereits 2001 auf das Bologna-System um, indem sie Bachelor-Lehrgänge einführten. Die Fachhochschulen folgten 2005. Seit Wintersemester 2006/07 studieren alle Studienanfänger an Schweizer Universitäten nach dem neuen Zweistufenmodell.

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