Universitäten sagen: Hochschulrankings taugen nichts
London, Berlin oder Zürich? Für international orientierte Studierende und Forschende sind Hochschulrankings eine Orientierungshilfe, wo sie studieren oder forschen sollen. Nun behauptet die Universität Zürich, die jährlichen Rankings der Beilage "Times Higher Education" seien das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind.
Die Universität Zürich reiht sich in eine wachsende Liste von Schwergewichten im internationalen Bildungswesen ein, die den Gutachterinnen und Gutachtern von Universitäten schlechte Noten geben.
Gegenüber SWI swissinfo.ch schrieb die Universität, dass sie auch «darüber nachdenkt, ob sie sich weiterhin beteiligen soll an anderen internationalen Rankings» wie QS, Shanghai-Ranking und US News and World Report.
Ein Problem, mit dem sich Universitäten, Studierende und Forschende bei der Wahl ihrer Hochschule konfrontiert sehen, ist die Tatsache, dass jedes Ranking auf unterschiedlichen Kriterien beruht.
Diese reichen von der Forschungsleistung über die Anzahl wissenschaftlicher Arbeiten und die Qualität der Lehre bis hin zur Anzahl von Nobelpreisen und anderen Auszeichnungen.
Das erklärt, warum das Ranking einer Universität auf den verschiedenen Plattformen, die Rankings durchführen, sehr unterschiedlich ausfallen kann.
Mehr
Wie wichtig sind Hochschul-Rankings?
Die vom Staatssekretariat für Bildung und Forschung betriebene Plattform Universityrankings.chExterner Link warnt davor, dass die von Medienunternehmen betriebenen Rankings das gladiatorische Hauen und Stechen im Wettbewerb fördern würden.
Rankings weltweit in Frage gestellt
«Sie bevorzugen eindeutige Ergebnisse in Form von Rankings, bei denen Gewinner und Verlierer in einem etwas dramatischen ‹Ranking-Spiel› gegeneinander antreten, selbst auf Kosten einer zu starken Vereinfachung oder einer Pseudo-Genauigkeit. Grosse Schwankungen in den Rankings können diese Dramatik noch verstärken», heisst es auf der Website.
«Für den wirtschaftlichen Erfolg des Verlags sind die Rankings vielleicht nicht so problematisch, aber für die beteiligten Universitäten können sie zu grossen Problemen führen.»
Die Universität Zürich ist bei weitem nicht die einzige Hochschule, die dem etablierten Ranking-System, das seit dem Erscheinen des Shanghai-Rankings im Jahr 2003 an Bedeutung gewonnen hat, den Rücken kehrt.
Im September letzten Jahres stieg die Universität Utrecht aus dem «Times Higher Education»-Ranking (THE) aus. Mit der Begründung, dass «die Macherinnen und Macher des Rankings Daten und Methoden verwenden, die höchst fragwürdig sind».
Im vergangenen Jahr riefen Studierendenverbände die Universitäten dazu auf, «von Natur aus voreingenommene» Rankings zu boykottieren.
Bereits 2022 zogen sich die chinesischen Universitäten Nanjing, Renmin und Lanzhou aus internationalen Rankings zurück, weil diese sich zu sehr an westlichen Standards orientieren würden, berichtete die Zeitung China Daily.
Yale, Harvard und die UC Berkeley gehörten 2022 zu den Dutzenden juristischen und medizinischen Fakultäten, die den US News and World Report anprangerten.
Lange Liste von Beschwerden
Die Liste der Beschwerden über die verschiedenen Rankings ist lang. Sie reicht von fehlerhafter Methodik, Elitedenken, mangelnder Berücksichtigung der sozialen Werte der Universitäten bis hin zu Andeutungen, dass Zahlungen angenommen würden, um eine gute Platzierung zu erreichen.
Die European University Association widmet der Problematik der Rankings einen ganzen Abschnitt auf ihrer WebsiteExterner Link. In einem Beitrag heisst es, dass der finanzielle Anreiz, ein hohes Ranking zu erreichen, «einige Einrichtungen dazu veranlasst, nach allen – legitimen oder illegalen – Mitteln zu suchen, um in der Rangliste aufzusteigen».
Dies wirft die Frage auf, was dagegen unternommen werden kann.
Mehr
Sind die Schweizer Universitäten Opfer ihres Erfolgs?
Das THE «bedauert» den jüngsten Entscheid der Universität Zürich, zeigt sich aber offen für einen weiteren Dialog und eine globale Debatte über Rankings.
THE fügte hinzu, dass das Urteil der Universität Zürich über die Methodik des Rankings «auf einem grundlegenden Missverständnis» über die Art und Weise der Erstellung des Rankings beruhe. THE bestreitet, dass das Ranking der Quantität der Forschung Vorrang vor der Qualität einräume.
Gemäss Universityrankings.ch sind nicht alle Rankings gleich. Neben den kommerziell geführten Medienrankings, die in der internationalen Presse mehr Beachtung finden, gibt es in einigen Ländern auch verlässlichere Rankings, die von Bildungsorganisationen erstellt werden.
Die Universität Zürich ist eine von rund 600 Bildungsinstitutionen weltweit, die sich der «Coalition for Advancing Research Assessment»Externer Link angeschlossen haben.
Diese Initiative wurde von Science Europe, der European University Association und anderen Organisationen gegründet. Sie hat einen Fahrplan für die faire Bewertung der Arbeit von Forschenden und Universitäten entwickelt, der «die verschiedenen Ergebnisse, Praktiken und Aktivitäten anerkennt, welche die Qualität und Wirkung der Forschung maximieren».
Rankings sind nicht alles
Die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL) ist der Ansicht, dass die aktuellen Hochschulrankings nur von begrenztem Wert sind.
«Wir betrachten die verschiedenen Rankings, die wir verfolgen, als einen interessanten ‹Blick von aussen› auf unsere Aktivitäten. Sie können uns einige Parameter aufzeigen, die uns helfen, uns mit anderen Schulen zu vergleichen», so die EPFL in einer Stellungnahme per E-Mail.
«Da jedoch einige von ihnen ihre Methodik nicht offenlegen, konzentrieren wir uns nicht so sehr auf ihre allgemeinen Schlussfolgerungen. Das bedeutet, dass diese Rankings keinen Einfluss auf unsere Strategie oder unsere Managemententscheidungen haben.»
Die Universität Zürich rät Studierenden und Forschenden, sich bei der Wahl des Studienorts nicht nur auf Rankings zu verlassen, sondern auch ihre Hausaufgaben zu machen.
«Wir empfehlen allen Studieninteressierten, Inhalte und Aufbau der Studiengänge zu vergleichen, und dass sich interessierte Forschende und mögliche Partnerinstitutionen über Forschungsprogramme, akademische Kultur und Arbeitsbedingungen informieren. Das ist viel wichtiger als jedes Ranking», heisst es.
Die Universität fügte hinzu, sie erwarte durch den Entscheid, nicht mehr mit dem THE-Ranking zusammenzuarbeiten, «keine negativen Auswirkungen» auf ihre Attraktivität für internationale Forschungstalente.
Editiert von Mark Livingston/ts
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch