Wirkung der Entwicklungshilfe nicht genau messbar
Die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe ist oft schwierig nachzuweisen, vor allem bei langfristig angelegten Projekten. Dies heisst aber nicht, dass die Hilfe wirkungslos ist. Zu diesem Schluss kommt eine Studie über Projekte von Swisscontact.
Die Entwicklungsorganisation der Schweizer Wirtschaft blickt diesen Sommer auf ihr 50-jähriges Bestehen zurück. Anlässlich des Jubiläums hat Swisscontact die Wirkung von Projekten analysieren lassen.
Die Frage nach der Wirkung sei stets wichtig gewesen, sagt Geschäftsführer Urs Egger. Doch in den vergangenen Jahren habe der Druck zugenommen, Wirkung nachweisen zu können. Dies sei mit ein Grund dafür, dass Swisscontact die Studie in Auftrag gegeben habe.
Die Entwicklungsorganisation konzentriert sich auf die Privatwirtschaft in Entwicklungsländern. Sie unterstützt Kleinbetriebe und fördert die Berufsbildung.
Anhand von Fallbeispielen hat ein Forschungs- und Beratungsunternehmen nun untersucht, wie sich dies auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirkt. «Die Studie zeigt, dass Projekte von Swisscontact nachhaltig wirksam sind – auch wenn die Wirkungen nicht durchgängig messbar sind», sagt Egger.
Mehr Einkommen für Bauernfamilien
Eine direkte Wirkung auf die Beschäftigung und das Einkommen liess sich zum Beispiel für Projekte in Indonesien nachweisen: Swisscontact unterstützte den Aufbau von Verarbeitungsanlagen für Kakao und Cashew-Nüsse, was dazu führte, dass ein grösserer Teil der Wertschöpfung in der Region verblieb. Zusammen mit anderen Massnahmen habe das Projekt zu einer deutlichen Steigerung der Einkommen von Bauernfamilien geführt, schreiben die Autoren der Studie.
Schwieriger gestaltete sich der Wirkungsnachweis bei Bildungsprojekten wie jenen im Kosovo oder in Benin, wo Swisscontact die Ausbildung von Lehrlingen fördert. Solche Projekte erhöhten die Chancen der Arbeitnehmenden, hält Egger fest.
Doch möglicherweise entkomme eine ausgebildete Handwerkerin erst Jahre später der Armut. In diesem Fall lasse sich der Zusammenhang kaum nachweisen. Die Studie hält denn auch fest, dass die längerfristige Wirkung in der Natur von Bildungsprojekten liege.
Langfristige Evaluation zu teuer
Für die Zukunft empfehlen die Autoren eine Analyse der Projekte über deren Laufzeit hinaus. Egger bezweifelt allerdings, dass die Geldgeber bereit wären, aufwändige Untersuchungen zu finanzieren.
Der wichtigste Indikator für Erfolg sei das Fortbestehen der unterstützten Unternehmen: «Der Erfolg von Swisscontact ist der Erfolg der Projektpartner.» Dieser Grundgedanke habe sich über all die Jahre hinweg gehalten.
Swisscontact ist heute in über 20 Entwicklungsländern und in Osteuropa tätig, mit einem Projektvolumen von jährlich rund 45 Millionen Franken. Dabei greift die Organisation auch auf pensionierte Fachpersonen zurück, die sich im «Senior Expert Corps» eintragen lassen und bei Bedarf auf freiwilliger Basis Beratungseinsätze leisten.
Gegründet worden war Swisscontact 1959 auf Initiative der Schweizer Wirtschaft.
Auch Gelder der öffentlichen Hand
Das Stiftungskapital brachte damals die Firma Nestlé auf, die noch heute unter den wichtigsten Geldgebern ist. Dass es sich dabei um ein Unternehmen handelt, das wegen seiner Geschäftspraktiken in Entwicklungsländern von Hilfswerken oft kritisiert wird, betrachtet Egger nicht als Problem.
Zum einen konzipiere und realisiere Swisscontact die Projekte. Zum anderen engagiere sich die Organisation nicht in Bereichen, die mit den Tätigkeiten von Geldgebern in Entwicklungsländern zu tun hätten.
Zu den wichtigen Geldgebern gehören neben Nestlé auch die Unternehmen Credit Suisse, Swiss Re, Charles Vögele Group und Ricola. Eine rein privatwirtschaftlich finanzierte Organisation ist Swisscontact jedoch längst nicht mehr: Die Hälfte der Gelder stellt der Bund zur Verfügung.
Darüber hinaus sind die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) wichtige Auftraggeber. Im vergangenen Jahr hatten die Mandate des Bundes einen Umfang von über 15 Millionen Franken.
Charlotte Walser, InfoSüd/swissinfo
Zum Fokus von Swisscontact gehören auch der Finanz- und der Tourismussektor. In Ecuador zum Beispiel unterstützt die Organisation Kreditgenossenschaften. Ziel ist es, den Zugang der ländlichen Bevölkerung zu Finanzdienstleistungen zu verbessern.
Die Bauernfamilien seien auf die Kreditgenossenschaften angewiesen, doch arbeiteten diese oft unprofessionell, hält Swisscontact fest. In den Projekten schulen deshalb Experten Mitarbeitende der Genossenschaften und beraten sie bei der Entwicklung von Mikrofinanzdienstleistungen.
Gleichzeitig versucht Swisscontact, die Aufsichtsbehörden in Ecuador dazu zu bewegen, die Kreditgenossenschaften gewissen Mindeststandards zu unterwerfen.
In Bolivien engagiert sich Swisscontact in der Zusammenführung verschiedener Regionen zu Tourismusdestinationen.
Die Tourismusorte werden unterstützt, ihre Angebote auf die Bedürfnisse verschiedener Gästesegmente abzustimmen. Eine der Destinationen erwirtschaftet inzwischen ihre finanziellen Mittel selbständig.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch