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Zu wenig Frauen an der Spitze der Wissenschaft

Der Mangel an Frauen in wissenschaftlichen Spitzenpositionen war das Thema eines internationalen Workshops in Bern.

Trotz der Anstrengungen von Universitäten und Agenturen zur Forschungsfinanzierung dringen nur wenige Frauen bis zu einer vollen Professur oder einer Direktorenstelle vor. In der Schweiz zum Beispiel sind nur acht Prozent der vollen Professorenstellen von Frauen besetzt.

Der Graben zwischen den Geschlechtern zeigt sich besonders deutlich in Forschungsbereichen, in denen Frauen die Mehrheit der Studierenden ausmachen und auch auf den tieferen und mittleren Ebenen noch gut vertreten sind.

In den meisten westeuropäischen Ländern und den USA ist die Zahl von Studenten und Studentinnen noch ziemlich ausgeglichen.

Der Graben weitet sich aus

Von jeder Stufe der akademischen Leiter zur nächsthöheren aber – Hochschulabschluss, Nachdiplomstudium, niedrigere und höhere Fakultätsposten – weitet sich der Graben immer mehr aus.

«Es ist ganz unterschiedlich, je nach Fach», erklärte Heidi Diggelmann, Präsidentin des Forschungsrats des Schweizerischen Nationalfonds, gegenüber swissinfo.

«Am dramatischsten ist der Unterschied wohl in der klinischen Medizin. Über die Hälfte der Studierenden in diesem Fach sind Frauen, aber es gibt nur sehr, sehr wenige Klinikdirektorinnen.»

Mit diesem Problem befassten sich Leiterinnen und Leiter von Forschungs-Finanzierungsstellen aus 20 Ländern an einem Workshop, den der Schweizerische Nationalfonds zu seinem 50-Jahr-Jubiläum durchführte.

Hindernisse für Frauen

Sie diskutierten über die Hindernisse, an welche Frauen in der Forschung stossen, und über Möglichkeiten, diese zu überwinden.

«Eine grosse Schwierigkeit ist in der Wissenschaft, dass schon Unterbrüche von nur einem Jahr problematisch sind, insbesondere in einem wissenschaftlichen Spitzengebiet, wo alles sehr schnell vorwärts geht», führte Norman Bradbum aus, stellvertretender Direktor der United States National Science Foundation.

«Da sind das Gebären und die Betreuung von Kindern der Karriere abträglich. Eine der hier diskutierten Ideen war, wie man zusätzliche Finanzen für Kinderbetreuung in Forschungsstipendien integrieren könnte.» Eine weitere Möglichkeit wären laut Bradburn Kinderbetreuungsstätten in Instituten und Labors.

Die Schweiz kennt bereits heute ein Stipendiensystem für hoch qualifizierte Biologinnen, Ärztinnen, Mathematikerinnen, Natur- und Ingenieurwissenschafterinnen mit einem Diplom oder einem Doktortitel, welche ihre Karriere – meist nach einer Familienpause – wieder aufnehmen möchten.

Quoten

Am Workshop stellten Teilnehmende aus Südkorea Massnahmen vor, mit denen Seoul den Graben zwischen den Geschlechtern überwinden will.

Südkorea will, dass bis 2006 20 Prozent der Fachleute in der Wissenschaft Frauen sind. Dies soll mit Sonderprogrammen erreicht werden. Allerdings vermochte dieses Vorgehen nicht alle Delegierten zu überzeugen.

«Ich glaube nicht an Quoten», sagte Vicki Sara, die Leiterin des Australischen Forschungsrats, zu swissinfo. «Für mich sind gleiche Chancen im Feld wichtig und gleiche Möglichkeiten für alle.»

In Australien sind rund 20 Prozent der Professuren und hohen Managerposten an den Universitäten von Frauen besetzt.

Der Workshop in Bern befasste sich im Übrigen auch mit anderen Fragen, so zum Beispiel, wie Hochrisikoforschung für junge Wissenschafterinnen und Wissenschafter attraktiv gemacht werden könnte.

Vincent Landon

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