Zürich: Englisch ab der zweiten Primar-Klasse
Nun ist es definitiv: Künftig haben schon die Zweitklässler im Kanton Zürich Englisch zu lernen.
Auf die ursprünglich geplante «Immersions-Methode» wird verzichtet. Zudem wird der Deutsch-Unterricht im ersten Schuljahr ausgebaut.
Die Einführung des neuen obligatorischen Faches soll schrittweise erfolgen, wie der Zürcher Bildungsrat am Dienstag mitteilte. Ab dem Schuljahr 2006/2007 ist die Einführung dann für alle Schul-Gemeinden obligatorisch.
Den immer wieder gehörten Vorwurf, viele Unterstufen-Kinder könnten nicht genügend Deutsch, kontert man mit einer Aufstockung des Deutschunterrichts in der ersten Klasse. Dort wird zudem mehr Zeit für Handarbeit, Zeichnen und Musik eingesetzt. Dafür wird Rechnen um eine Stunde gekürzt.
Immer wieder Thema
Das Thema Frühenglisch sorgt in der Schweiz seit Jahren immer wieder für Schlagzeilen. Nicht zuletzt, weil die Ansichten dazu in der Romandie und der Deutschschweiz weit auseinander klaffen. Der Entscheid Zürichs, Englisch statt Französisch als erste Fremdsprache zu unterrichten, hatte in der Romandie zu teils heftiger Kritik geführt.
Die Absicht, bereits in der Primarschule zwei Fremdsprachen zu unterrichten, wird im ganzen Land verfolgt. Der Föderalismus bremst aber eine nationale Lösung: Die Festlegung der Fremdsprachen liegt im Kompetenzbereich der einzelnen Kantone.
Appenzell-Innerrhoden ist der einzige Kanton, in dem Englisch schon heute auf Stufe der Primarschule unterrichtet wird. Seit dem Schuljahr 2001/2002 kann Englisch dort ab der 3. Klasse gelernt werden. Der Französisch-Unterricht setzt im 7. Schuljahr ein.
«Richtiger» Sprachunterricht
Von der einstigen Zürcher Idee, bestimmte Fächer wie etwa «Mensch und Umwelt» auf Englisch zu unterrichten und die Fremdsprache den Kindern so näher zu bringen («Immersions-Methode»), ist man laut Regine Fretz vom kantonalen Volksschul-Amt abgekommen:
Englisch wird als «richtiger» Sprachunterricht erteilt und erscheint auch als solcher im Stundenplan. Man achte aber darauf, dass auch die Themen als solche den Kindern einen «Lerngewinn» bringen.
Noch etwas früher
Im Unterschied zu früheren Varianten wird Frühenglisch nun in der zweiten, statt in der dritten Klasse eingeführt.
Dies hat mit dem Zürcher Schulsystem zu tun: In vielen anderen Kantonen erfolgt nach der zweiten Klasse ein Lehrerwechsel, im Kanton Zürich erst nach der dritten Klasse. Die Grundlagen für Englisch werden somit zwei Jahre lang von der gleichen Person gelehrt.
Mehr Lehrkräfte braucht die Einführung von Frühenglisch laut Regine Fretz nicht. Auch die Lektionenzahl bleibe für die Lehrkräfte unverändert. Vieles dürfte mit Lektionen-Abtausch gelöst werden.
Beim Französisch-Unterricht ändert sich nichts: Wie bisher beginnt er in der fünften Klasse.
Bereits ab diesem Sommer
Entgegen früheren Plänen können Gemeinden, die bereit sind, den Fächerkanon schon diesen Sommer ausbauen. Voraussetzungen dafür sind, dass in Blockzeiten unterrichtet wird. Zudem müssen genügend Lehrkräfte die Zusatzausbildung für Englisch-Unterricht absolviert haben.
Nötig ist zudem, dass alle Primarschulen, welche Kinder nach der 6. Klasse in die gleiche Oberstufen-Schulgemeinde schicken, gleichzeitig mit Frühenglisch beginnen.
Volks-Initiative hängig
Die jetzt vorliegende Lösung ist eine gemeinsame Arbeit von Behörden, Eltern- und Lehrerorganisationen sowie der Pädagogischen Hochschule. Gegen zwei Fremdsprachen an der Primarschule wendet sich eine Volksinitiative. Sie wurde im Januar aus Lehrerkreisen lanciert.
Der Entscheid, dass Gemeinden, die dazu bereit sind, den Englisch-Unterricht schon diesen Sommer einführen können, zeige «die Nervosität, die das Projekt» begleite, sagte Rolf Saurenmann vom Initiativ-Komitee am Dienstag.
Zudem begrüssen die Initianten den Verzicht auf die «Immersions-Methode». Diese Methode hätte die Lehrkräfte vor grosse Probleme gestellt, erklärt dazu Lilo Lätzsch, vom Lehrer-Dachverband.
swissinfo, Ariane Gigon und Agenturen
Frühenglisch wird im Kanton Zürich ab dem Schuljahr 2006/2007 obligatorisch.
Der Unterricht beginnt in der 2. Klasse.
Französisch-Unterricht (2. Fremdprache) ab der 5. Klasse
1998 lancierte der damalige Zürcher Erziehungsdirektor Ernst Buschor das «Schulprojekt 21»: Darin wurde auf Englisch statt Französisch als erste Fremdsprache gesetzt.
Seither gab es eine Reihe von Pilotprojekten, die definitive Einführung des Frühenglisch-Unterrichts liess aber bisher auf sich warten.
Nur Appenzell-Innerrhoden lehrt Frühenglisch bisher als erste Fremdsprache auf Primarschul-Stufe; der Unterricht beginnt in der 3. Klasse. Dafür wurde der Beginn des Französisch-Unterrichts auf die 7. Klasse verschoben.
In Zürich wie auch in anderen Deutschschweizer Kantonen regt sich Widerstand: Viele Lehrkräfte sind der Ansicht, zwei Fremdsprachen in der Primarschule – Englisch und Französisch – überforderten die Kinder.
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