Bombardier streicht 580 Stellen in der Schweiz
Der kanadische Rollmaterial- und Flugzeug-Hersteller Bombardier schliesst sieben Fabriken in Europa. Eine davon in Pratteln im Kanton Basel-Land.
Insgesamt entlässt Bombardier per 2005 weltweit 6600 Angestellte, 580 davon in der Schweiz.
Die Produktion von Eisenbahnwaggons im basel-landschaftlichen Pratteln, dem Sitz der ehemaligen Adtranz, steht vor dem Ende: Das Werk wird auf 2005 geschlossen, 520 Stellen werden gestrichen. 60 weitere Stellen sollen in der restlichen Schweiz abgebaut werden. Übrig bleiben in der Schweiz noch 762 Stellen, verteilt auf die Standorte Oerlikon, Turgi und Villeneuve.
Das gab der Bombardier-Konzern am Mittwochnachmittag Schweizer Zeit in Montreal bekannt.
Schliessungen in ganz Europa
Insgesamt werden in Europa sieben Werke geschlossen und weltweit 6600 Stellen abgebaut. Das ist fast ein Fünftel des Personalbestands der Transport-Sparte mit weltweit 35’600 Angestellten. In Europa unterhält Bombardier 35 Produktionswerke in 15 Staaten. In der Schweiz arbeiten an verschiedenen Standorten über 1000 Personen für Bombardier .
Neben Pratteln werden nächstes Jahr die Werke in Deutschland, Schweden und Grossbritannien geschlossen. Bereits dieses Jahr steht die Stilllegung der Produktions-Stätten in Portugal sowie zwei Fabriken in Grossbritannien bevor.
Diesmal keine Rettung in Sicht
Das Werk in Pratteln stand schon einmal im Jahr 2000 vor dem Aus. Die damalige Adtranz, 1996 aus der Zusammenlegung der Daimler-Chrysler-Tochter AEG und der Bahnsparte der schwedisch-schweizerischen ABB entstanden, kündigte Ende 2000 die Schliessung der Produktionswerke in Pratteln und Zürich-Oerlikon mit gut 700 Arbeitsplätzen an.
Dieser Entscheid führte in der Schweiz zu massiven Protesten von Belegschaft und Gewerkschaften und heftiger Kritik in den Medien. Als Daimler-Chrysler – unterdessen Allein-Aktionärin – die Adtranz für rund 1,22 Mrd. Franken an Bombardier verkaufte, schienen die Arbeitsplätze vorerst gesichert.
Kantons-Regierung bedauert
Damals hatte sich auch die Kantons-Regierung von Basel-Land für den Erhalt des Standortes Pratteln engagiert. Diesmal konnte sie nur noch bedauern. In einem Communiqué bezeichnete die Regierung den Entscheid als nachvollziehbar. Die Rollmaterial-Industrie befinde sich in einem Strukturwandel. Auch in der Schweiz sei das Auftrags-Volumen rückläufig.
Gewerkschaften protestieren
Die Gewerkschaften waren nach einem Bericht des «Tages-Anzeiger» vom Mittwoch seit rund einem Monat informiert gewesen. Das bestätigte SMUV-Sekretär Bruno Baumann gegenüber SF DRS.
Die Gewerkschaften SMUV, syna und VSAM machten für die Schliessung und den Stellenabbau Managementfehler verantwortlich. Dafür müssten einmal mehr die Arbeitnehmer den Buckel hinhalten. Bombardier wurde aufgefordert, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und die Zahl der Kündigungen so gering wie möglich zu halten.
Der Gewerkschafter Baumann hofft auf eine Lösung mit Firmen wie Siemens und Stadler, aber auch mit den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Diese Hoffnung wurde am späteren Nachmittag zunichte gemacht.
Retter winken ab
«Für uns kommt es nicht in Frage, den Standort zu übernehmen», sagte eine Sprecherin der Stadler AG. Allerdings sei die Firma interessiert, qualifiziertes Personal zu übernehmen. Bei Siemens sei eine Übernahme der Fabrik kein Thema, sagte ein Firmensprecher.
Auch die SBB haben keine Möglichkeit, den Werkplatz Pratteln zu retten, wie ein Sprecher erklärte: «Wir sind ein Transportunternehmen.» Die SBB suchten gegenwärtig allerdings rund 150 Leute im Bereich Rollwerkunterhalt. Die SBB seien hier offen für Vorschläge.
swissinfo und Agenturen
Bombardier-Angestellte nach Sparten:
Transport: 36’000
Luftfahrt: 27’000
Hauptsitz: 700
Andere: 1300
Total: 65’000
Der kanadische Konzern Bombardier Transportation musste im letzten Geschäftsjahr aufgrund hoher Kosten der laufenden Restrukturierung Verluste von umgerechnet 392 Mio. Franken verbuchen.
Der Quartalsumsatz stieg auf 9,24 Mrd. Franken. Die Bahnsparte steuerte dazu fast 3,8 Mrd. Franken bei.
Im vergangenen Geschäftsjahr lieferte Bombardier 324 Flugzeuge aus. Das Unternehmen ist damit nach Boeing und Airbus der drittgrösste Flugzeug-Hersteller der Welt.
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