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1. August: Nachdenken über die Zukunft der Schweiz

Die Nationalfeier auf dem Rütli wurde in diesem Jahr nicht durch Rechtsextreme gestört, sondern vom Wetter. Keystone

Am 1. August werden in der Schweiz Ansprachen gehalten, Fahnen geschwungen und Feste gefeiert. Für viele in der Politik Tätige ist das Halten einer 1. August-Rede eine heilige, vaterländische Pflicht.

Während am Mittag Bundespräsident Pascal Couchepins Rede zum Nationalfeiertag in Radio und Fernsehen übertragen wurde, warteten andere Bundesräte und einflussreiche Politiker auf ihren Einsatz am Abend. Couchepin rief zur Solidarität und Offenheit auf. Er ging auf die aktuelle gute Wirtschaftslage ein und plädierte für verstärkte Beziehungen zur Europäischen Union.

Die Bundesräte Moritz Leuenberger und Hans-Rudolf Merz hatten ihre Reden bereits am 31. Juli im Internet veröffentlicht.

Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf besuchte die 1. August-Feier der Schweizer Botschaft in Berlin. Mit seiner Parade von 300 Geissen durchs Brandenburger Tor sorgte der Kanton Graubünden als diesjähriger Ehrengast bei der Schweizer Botschaft in Berlin für den ausländischen Höhepunkt des Nationalfeiertags.

Bundesrätin Doris Leuthard hatte schon zum voraus angekündigt, dieses Jahr keine Rede zum Nationalfeiertag zu halten.

Aktive Aussenpolitik

Aussenministerin Micheline Calmy-Rey warb in Anières im Kanton Genf für eine aktive Aussenpolitik. Die föderalistische und demokratische Erfahrung habe der Schweiz internationales Ansehen eingebracht, das sie für die ganze Welt nützlich mache.

Sie verstehe all jene nicht, die möchten, «dass die Schweiz sich abschottet und dem Rest der Welt den Rücken zukehrt», sagte die Aussenministerin. Kein Staat könne die Probleme, die sich heute auf internationaler Ebene stellten, alleine lösen.

Applaus für Schmid

Bundesrat Samuel Schmid erlebte bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Beurlaubung des Armeechefs einen herzlichen Empfang im sankt-gallischen Wittenbach.

Auf die Turbulenzen in seinem Departement ging er bei seiner Ansprache mit keinem Wort ein, sondern umriss mit Hinweis auf Martin Luther King seine Träume für die Schweizer Gesellschaft.

SVP beschwört die Wurzeln

An seiner Rede zum Nationalfeiertag hat Toni Brunner, Präsident der Schweizerischen Volkspartei gemahnt, es gelte die Freiheit zu verteidigen. Der 1. August biete auch Anlass zurückzuschauen. Denn aus der Geschichte könne man lernen.

Ins selbe Horn stiess auch Alt Bundesrat Christoph Blocher. Auch er beschwor die Wurzeln der Eidgenossenschaft und den «Willen zur Unabhängigkeit». Das Volk müsse sich gegen Tendenzen wehren, welche die Souveränität der Schweiz einschränkten und den Einfluss «fremder Richter» ausbauten.

Patriot sein heisst nicht Nationalist sein

Christoph Darbellay, Präsident der Christlichdemokratischen Volkspartei wiederholte an einer vorgezogenen Bundesfeier in Turtmann im Wallis die Forderung der CVP für 3000 zusätzliche Polizisten. Gehe es um das Problem Jugendgewalt, wolle das Volk Lösungen und Taten sehen.

Entscheidend sei, wo eine Person lebe, nicht wo sie herkomme, sagte Ueli Leuenberger, Präsident der Grünen Schweiz. Insofern «sind wir alle Hiesige».

Patriot sein heisse nicht Nationalist sein, sagte Leuenberger, der sich selber als «atypischen Patrioten» bezeichnet. Egoismus, Gleichgültigkeit, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus seien aber keine schweizerischen Werte.

Politik und Wirtschaft

Der Präsident des Wirtschaftsdachverbandes economiesuisse, Gerold Bührer, setzte sich für den Dialog zwischen Politik und Wirtschaft ein.

Die Schweiz dürfe sich mit Stolz unter die Gewinner der Globalisierung einreihen. An diesem Erfolg trügen die Unternehmen einen wesentlichen Anteil. Neben der weltweiten Vernetzung brauche es auch eine gute lokale Verwurzelung. Diese ist für Bührer ein wichtiger Pfeiler für das nötige Vertrauen in die Wirtschaft.

Rütli-Feier ins Wasser gefallen

Die Bundesfeier auf dem Rütli, die wegen Störaktionen von Rechtsextremen in den letzten Jahren immer wieder für Skandale gesorgt hatten, musste nach rund einer halben Stunde wegen des Regens abgebrochen werden. Sogar das Absingen der Landeshymne fiel ins Wasser.

Im Gegensatz zum Vorjahr wollte man die Bundesfeier wieder in kleinerem Rahmen abhalten. 2007 hatten die damaligen höchsten Schweizerinnen, Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und Nationalrätin Christine Egerszegi, 2000 Personen aufs Rütli gelockt. Dieses Jahr wurde auf einen prominenten Festredner verzichtet.

swissinfo und Agenturen

Rund 420 Schweizer Bauernfamilien haben am Vormittag des Nationalfeiertages gegen 200’000 Gäste mit Rösti, Selbstgemachtem, Frühstückseiern und Früchten bewirtet. Der traditionelle Brunch zum 1. August fand zum 16. Mal statt.

Für den Bauernverband ist der 1. August-Brunch eine Gelegenheit, das Verständnis zwischen den Bauernfamilien und der nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerung zu fördern.

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