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2 x Nein zu neuem Asyl- und Ausländergesetz

Sagen 2 x Nein: Heiner Studer, Ruth Dreifuss und Renzo Ambrosetti (von links). Keystone

Rund 30 Organisationen haben das revidierte Asyl- und das neue Ausländergesetz als willkürlich und ausgrenzend zurückgewiesen. Das Volk befindet am 24. September über die Vorlagen.

Mit einem Ja werde die Schweiz zu einer Fabrik für Papierlose, kritisierte das Komitee «2 x Nein», das von ex-Bundesrätin Ruth Dreifuss präsidiert wird.

«Beide Gesetze zeugen vom gleichen Geist der Abschottung und des Misstrauens gegenüber Ausländerinnen und Ausländern», sagte alt Bundesrätin Ruth Dreifuss in Bern vor den Medien. Sie präsidiert das Komitee «2 x Nein» von Organisationen, die hinter dem Doppelreferendum gegen die so genannte «Lex Blocher» standen.

Dreifuss sprach von einer entscheidenden Abstimmung für die Schweiz am 24. September. Die zwei grausamen und unsorgfältig zu Stande gekommenen Gesetze müssten an die Regierung zurückgewiesen werden. Nur bei einem Nein erhalte die Regierung die Gelegenheit, nochmals über die Bücher zu gehen, sagte das ehemalige Mitglied der Landesregierung.

Mehr Sans-Papiers

«Willkürlich und ausgrenzend» lauten die Attribute für das neue Ausländergesetz. Nicht nur Staatsangehörige ohne EU-Pass würden diskriminiert, sondern auch binationale Paare mit Familie ausserhalb der EU.

Zusammen mit dem revidierten Asylgesetz sei das neue Recht zudem «eine Fabrik zur Produktion von Sans-Papiers».

Der Genfer Nationalrat und Vizepräsident der Grünen, Ueli Leuenberger, warnte davor, dass die Gesetze zusätzliche Probleme schafften, die der Schweizerischen Volkspartei (SVP) als Vorwand dienen könnten, um permanenten Wahlkampf auf dem Buckel von Migrantinnen und Migranten zu führen.

Hort der Menschenrechte

Diese ungerechten Gesetze hätten keinen Platz in einer Schweiz, die sich auf demokratische Werte berufe und Sitz der UNO, des Flüchtlings-Hochkommissariats (UNHCR), des Hochkommissariates für Menschenrechte, des Menschenrechtsrates und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) sei, so Leuenberger.

Heiner Studer, Aargauer Nationalrat der Evangelischen Volkspartei (EVP), kritisierte, die Gesetze nähmen die christlich begründete Menschenwürde in zentralen Punkten nicht ernst. Menschen, die wirklich verfolgt seien, hätten keine Chance mehr auf ein Verfahren.

Und Renzo Ambrosetti, Co-Präsident der Gewerkschaft Unia, bezeichnete das neue Ausländergesetz als rückwärtsgewandt. Es mache gesamtgesellschaftliche Verbesserungen rückgängig, die durch die bilateralen Verträge errungen worden seien wie beispielsweise die überfällige Abschaffung des sinnlosen und unwürdigen Saisonnierstatuts, sagte Ambrosetti.

Für «2 x Nein» zeichnen die Grünen, Solidarité sans Frontières, das Forum für die Integration der Migranten und Migrantinnen, die Gewerkschaft Unia und ein Westschweizer Komitee. Unterstützt wird es unter anderem von der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SP).

Keine weitere UNHCR-Stellungnahme

Demgegenüber will das UNHCR nicht mehr in den Abstimmungskampf um das revidierte Schweizer Asylgesetz eingreifen. Es habe seine Vorbehalte gegenüber der Vorlage bereits im Rahmen der Vernehmlassung und nach der Behandlung in den eidgenössischen Räten angebracht.

Das UNHCR rief aber in Erinnerung, dass die Zahl der Asylbewerber in den letzten fünf Jahren in den 50 Industrieländern um die Hälfte gesunken sei. 2005 habe die Zahl der Gesuche in Europa das tiefste Niveau seit 1988 erreicht. 2005 wurden 336’000 Gesuche eingereicht, 15% weniger als 2004.

swissinfo und Agenturen

Ein grosser Teil der Bürgerlichen steht hinter der Verschärfung des Asyl- und Ausländergesetzes.

Es gibt aber auch Vertreter aus dem bürgerlichen Lager, welche sich zu einem Gegner-Komitee zusammengeschlossen haben und die Vorlagen ablehnen.

Die Gegner auf der linken und humanitären Seite kämpfen im Komitee 2 x Nein gegen die Verschärfung.

Gegen die im Dezember 2005 vom Parlament gebilligten Vorlagen zur Revision des Asyl- und des Ausländergesetzes wurde das Referendum ergriffen. Sie werden deshalb am 24. September dem Volk zur Abstimmung unterbreitet.

Das revidierte Asylgesetz setzt die Sozialhilfe an abgewiesene Asylbewerber aus und verdoppelt die potentielle Inhaftierungszeit für Menschen, die auf ihre Zwangsausweisung warten, auf 2 Jahre.

Die Aufnahme wegen humanitären Gründen wird ausgeschlossen. Erleichtert wird der Familiennachzug und die Arbeitserlaubnis im Fall einer provisorischen Aufenthaltserlaubnis.

Das neue Ausländergesetz bevorzugt Bürger aus Staaten der Europäischen Union (EU) und beschränkt die Einwanderung von Nicht-Europäern auf hochqualifizierte Arbeitskräfte.

Es erschwert ausserdem die Bedingungen zur Erlangung von Arbeitsbewilligungen und zur Familienzusammenführung.

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