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257 Millionen für Rumänien und Bulgarien

1. Januar 20007: Rumänien feiert den Eintritt in die EU. Keystone

Der Bundesrat will die beiden jüngsten EU-Länder Rumänien und Bulgarien mit 257 Millionen Franken unterstützen. Dies wurde von Vertretern der beiden Staaten und der EU begrüsst.

Der Entscheid muss noch vom Parlament abgesegnet werden. Die Schweizerische Volkspartei, die gegen die Kohäsionsmilliarde das Referendum ergriffen hatte, dürfte die Vorlage bekämpfen.

Der Bundesrat will die jüngsten EU-Mitgliedstaaten Rumänien und Bulgarien unterstützen und die frühere Hilfe an diese Staaten in vergleichbarer Höhe weiterführen.

Dem Parlament wird ein Rahmenkredit von insgesamt 257 Mio. Franken beantragt, wie das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) und das Eidgnössische Departement für auswärtige Angelegenheiten am Mittwoch mitteilten.

Die Schweiz wolle mit dem Paket einen weiteren Beitrag an den Abbau der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in Europa leisten, wie es in der Mitteilung heisst.

Vorgesehen ist, dass über fünf Jahre Verpflichtungen für konkrete Projekte eingegangen werden sollen.

Autonom aushandeln

Umsetzung und Zahlungen dürften sich auf einen Zeitraum von zehn Jahren erstrecken. Mit jährlich 26 Mio. Franken ist das Volumen laut den Angaben damit ähnlich wie die Transitionshilfe, die nach dem Beitritt der beiden Länder 2007 beendet wurde.

Analog zur «Kohäsionsmilliarde» an die zehn Länder, die im Jahr 2004 der EU beigetreten sind, will der Bundesrat die Projekte autonom mit Bulgarien und Rumänien aushandeln. Mit der EU sollen lediglich die Modalitäten festgelegt werden.

Budgetneutral

Finanzieren will der Bundesrat den neuen Erweiterungsbeitrag vollumfänglich aus dem allgemeinen Bundeshaushalt und nicht auf Kosten der öffentlichen Entwicklungshilfe.

Damit sind vor allem die Sozialdemokratische Partei (SP) und die Grünen zufrieden. Doch auch die Generalsekretäre der Christlichdemokratischen Partei (CVP) und der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) signalisieren Zustimmung. Die CVP verlangt aber, dass das Geld in die Bereiche Sicherheit und Rechtsstaat fliesst. Das helfe der Schweiz am meisten, sagte CVP-Generalsekretär Reto Nause.

Die EU-Kommission ist mit dem Bundesratsbeschluss «sehr zufrieden», wie die zuständige Kommissionssprecherin Christiane Hohmann sagte. «Das ist genau, was wir erwartet haben.» Mit dem Beitrag an die beiden neuen EU-Staaten «ist die Gleichbehandlung aller neuen Mitgliedstaaten gewährleistet», so Hohmann.

Hoffnung auf rasche Umsetzung

Auch Vertreter von Rumänien und Bulgarien begrüssten den Entscheid – und äusserten die Hoffnung auf eine möglichst rasche Umsetzung.

«Wir sind uns bewusst, dass es nicht von heute auf morgen geschehen kann», sagte der bulgarische Botschafter Atanas Pavlov in Bern. Doch sein Land werde sich dafür einsetzen, um den Prozess möglichst zu beschleunigen.

Auch die rumänische Mission in Brüssel hofft darauf, dass die anstehenden Vorarbeiten bald abgeschlossen werden können. «Je schneller, desto besser», sagte der zuständige Experte.

Gegenleistungen gefordert

Das letzte Wort zum notwendigen Rahmenkredit hat das Parlament, ein Referendum ist nicht möglich. Laut dem Sprecher der Schweizerischen Volkspartei (SVP), Alain Hauert, ist zu erwarten, dass die SVP die Vorlage im Parlament bekämpfen wird.

Die SVP und die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) fordern von der EU Gegenleistungen für das Geld. Neben dem Steuerstreit verwies AUNS-Geschäftsführer Hans Fehr dabei auf den Fluglärmstreit um den Flughafen Zürich.

Grosses Potenzial

EVD und EDA verweisen auf die Vorteile diese Hilfe für die Schweiz. Die jünste EU-Erweiterung sei ein Schritt zu mehr Sicherheit und Stabilität in Europa.

Daneben hätten Rumänien und Bulgarien mit Wachstumsraten von 5 Prozent grosses Potenzial als Wirtschaftspartner vorzuweisen.

Der bilaterale Handel zwischen der Schweiz und den beiden Ländern ist zwischen 2001 und 2007 stark gewachsen. «Mit dem Erweiterungsbeitrag für Rumänien und Bulgarien dürfte sich dieser Austausch noch verstärken, da auch Schweizer Unternehmen mit Aufträgen aus dem Erweiterungsbeitrag rechnen können», heisst es in der Pressemitteilung.

swissinfo und Agenturen

Rumänien und Bulgarien gehören zu den ärmsten Mitgliedsländern der Europäischen Union. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf beträgt in diesen Staaten knapp 40% des EU-Durchschnitts.

Gleichzeitig weisen sie Wachstumsraten von über 5% auf und haben damit grosses Potenzial als Wirtschaftspartner.

Der bilaterale Handel zwischen der Schweiz und den beiden Staaten ist zwischen 2001 und 2007 mit jährlich 15% rasant gewachsen, wobei die Schweiz bereits heute einen Exportüberschuss von rund 650 Mio. Franken pro Jahr erzielt.

Die Schweiz unterstützte die Länder Osteuropas seit 1990 mit bisher knapp 3,5 Mrd. Franken.

Im November 2006 haben die Stimmberechtigten in der Schweiz das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas (Osthilfegesetz) angenommen.

Darauf gestützt kann die Schweiz die Aufbauhilfe der zehn Länder, die 2004 der EU beitraten, mit 1 Mrd. Franken – der so genannten Kohäsionsmilliarde – in den kommenden zehn Jahren unterstützen.

Die Kohäsionsmilliarde war von rechts-bürgerlicher Seite mit dem Referendum bekämpft worden.

Das Schweizer Stimmvolk hat am 26. November 2006 das neue Osthilfegesetz mit 53% Ja-Stimmen gutgeheissen, von dem nun auch die jüngsten EU-Mitglieder Rumänien und Bulgarien profitieren dürften.

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