Abstimmung vom 3. März: Die Unterstützung für die 13. AHV-Rente erodiert
Die Befürworter:innen einer zusätzlichen Altersrente verlieren an Boden. Die Volksinitiative wird nur noch von 53% der Befragten unterstützt, wie die jüngste SRG-Umfrage vor den eidgenössischen Volksabstimmungen am 3. März ergeben hat. Die Erhöhung des Rentenalters steuert auf ein Nein zu.
Obwohl sich die Berichte von Schweizer:innen, die von ihrer Rente kaum leben können, häufen, ist die Unterstützung für die Initiative «Besser leben im Alter» im Laufe der Abstimmungskampagne zurückgegangen. Der Vorsprung des Ja-Lagers könnte nicht ausreichen, um die Initiative am 3. März durchzubringen.
Die von den Gewerkschaften lancierte Volksinitiative fordert die Einführung einer 13. Rente der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), eine Art 13. Monatslohn, wie er in der Schweiz sehr verbreitet ist, einfach für Pensionierte.
Zehn Tage vor der Abstimmung unterstützen laut der zweiten SRG-Umfrage, die Anfang Februar vom Institut gfs.bern durchgeführt wurde, nur noch 53% der Stimmberechtigten den Vorschlag. Damit hat das Ja-Lager im Vergleich zur ersten Meinungsumfrage 8 Prozentpunkte verloren.
Die Gegner der Initiative haben ihrerseits um ebenso viele Prozentpunkte zugelegt. 43% der Befragten sind nun gegen die Initiative, während 4% noch unentschlossen sind.
Die Auslandschweizer:innen sind nach wie vor weitgehend (zu 68%) für eine zusätzliche AHV-Rente. Aber auch in der Diaspora hat die Initiative an Popularität verloren, nachdem sie Anfang Januar noch von 80% unterstützt worden war.
«In der Schweiz ist die Kontroverse um die Initiative intensiv, insbesondere im deutschsprachigen Teil des Landes. Die Auslandschweizer sind dieser Debatte weniger ausgesetzt, was erklären könnte, warum sie die Vorlage stärker unterstützen», sagt gfs.bern-Politologe Lukas Golder.
Für die zweite Umfrage im Hinblick auf die eidgenössische Volksabstimmung vom 3. März 2024 befragte das Institut gfs.bern zwischen dem 7. und 14. Februar 19’105 stimmberechtigte Personen.
Die statistische Fehlermarge liegt zwischen +/-2,8 Prozentpunkten.
Eine Generationenfrage
Die Kampagne zeigt deutlich einen Generationenkonflikt. Während 55% der unter 40-Jährigen gegen die Initiative sind, unterstützen bei Personen zwischen 40 und 64 Jahren und solche, die bereits das Rentenalter erreicht haben, eine Mehrheit die Initiative.
Die Mobilisierung dürfte daher laut gfs.bern eine wichtige Rolle für das Abstimmungsergebnis spielen. Lukas Golder stellt derzeit eine Demobilisierung unter den Rentner:innen fest, die den Trend zum Nein verstärken könnte.
«Die Senior:innen sind sich bewusst, dass die Finanzierung einer 13. Rente die jüngeren Generationen belasten wird, auch wenn sie sie befürworten. Sie neigen daher eher dazu, sich der Stimme enthalten zu wollen», kommentiert er.
Auch Unterschiede zwischen den sozialen Schichten sind zu beobachten. Personen mit höherem Einkommen sind mehrheitlich gegen die 13. Rente, Personen mit höherem Bildungsabschluss befürworten sie nur zu 50%.
Die Parteien der Rechten und der Mitte sind gegen die Zahlung einer zusätzlichen Rente. Sie haben es nun geschafft, ihre Wähler:innen zu überzeugen. Die Anhänger der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der Mitte-Partei würden nun knapp gegen die Vorlage stimmen, die sie im Januar noch angenommen hätten.
Pro-Argumente kommen immer noch gut an
Trotz der Zunahme des Neins überzeugen die Argumente für eine Erhöhung der Altersrenten weiterhin eine Mehrheit der Wählerschaft. 79% der Befragten sind insbesondere der Meinung, dass es wichtig ist, die finanzielle Situation von Senior:innen vor dem Hintergrund der Inflation zu verbessern.
Im Gegensatz dazu schafft es nur ein einziges Argument der Gegner:innen, eine Mehrheit zu überzeugen:
Eine Anhebung der AHV-Rente dürfte zu höheren Sozialversicherungsbeiträgen und einer höheren Mehrwertsteuer führen, was den Lebensstandard insbesondere der Mittelschicht beeinträchtigen würde.
Der Ausgang der Abstimmung ist laut den Politolog:innen von gfs.bern offen. «Der Trend in Richtung Nein kann sich fortsetzen oder zum Stillstand kommen. Je nachdem wird das Ergebnis ausfallen», schreiben sie im Kommentar zur Umfrage.
Um angenommen zu werden, muss eine Volksinitiative auch das Ständemehr erreichen. Ob dieses erreicht wird, ist ebenfalls nicht sicher, da die Tendenz in fünf Kantonen unsicher ist, wie gfs.bern feststellt. Eines ist jedoch sicher: Das Ergebnis am 3. März wird knapp ausfallen.
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Rente mit 66 dürfte scheitern
Die Initiative der Jungfreisinnigen hingegen hat keine Chance. Das bestätigt sich auch in der zweiten SRG-Umfrage.
63% der Befragten lehnen den Text ab, der das Rentenalter schrittweise auf 66 Jahre anheben will, bevor es an die Lebenserwartung gekoppelt würde. Der Anteil der Nein-Stimmen ist damit um 9 Prozentpunkte gestiegen. Nur noch 35% der Wählerschaft unterstützen den Text, während 2% noch unentschlossen sind.
Bei den Auslandschweizer:innen ist das Verhältnis ähnlich: 62% lehnen die Initiative ab, 34% unterstützen sie und 4% haben noch keine Meinung.
Die FDP allein gegen alle
Nur die Wählerschaft der FDP ist noch für die Rente mit 66 Jahren. Alle anderen Gruppen sind dagegen. Auch die Basis der SVP möchte nicht länger arbeiten als heute, obwohl die Partei die Initiative unterstützt.
Bei der ersten Umfrage waren die bereits im Ruhestand befindlichen Personen noch mehrheitlich für den Text, doch nun planen auch sie, ihn abzulehnen.
Während Pro-Argument eine Mehrheit der Wähler:innen überzeugen kann, sind die Argumente des Nein-Lagers für eine breiten Teil der Bevölkerung nachvollziehbar.
So sind 71% der Befragten der Ansicht, dass der Vorschlag der Jungfreisinnigen den Schwierigkeiten vieler älterer Menschen, wieder eine Arbeit zu finden, nicht Rechnung trägt.
Und 70% sind der Meinung, dass die Initiative die sozialen Ungerechtigkeiten vergrössern wird, da Wohlhabende weiterhin die Möglichkeit haben werden, vor Erreichen des gesetzlichen Rentenalters in den Ruhestand zu treten.
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Editiert von Pauline Turuban, Übertragung aus dem Französischen: Marc Leutenegger
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