Abstimmungen: Ja zu beiden Vorlagen
Das Schweizer Stimmvolk sagt mit 50,1% äusserst knapp Ja zur umstrittenen Einführung neuer biometrischer Pässe. Die Vorlage über die Komplementärmedizin wurde mit 67,0% deutlich angenommen. Die Stimmbeteiligung betrug 38,3%.
Die Alternativmedizin war in allen Schweizer Kantonen unbestritten. Kein einziger sagte Nein zu dieser Vorlage.
Zur Zitterpartie für die Regierung war die Abstimmung über die biometrischen Pässe geworden, deren Ausgang bis zum Schluss völlig offen geblieben war.
Zwar war bald einmal klar, dass eine Mehrheit der Kantone die Vorlage ablehnen würde. Weil es sich aber um eine Referendums-Abstimmung handelte, war das Mehr der Kantone (Ständemehr) nicht ausschlaggebend für das Resultat. Es zählte nur die gesamte Stimmenzahl in der Schweiz, und hier gab es ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Am Ende wurde die Vorlage mit 953’136 (50,14 Prozent) Ja gegen 947’632 (49,86 Prozent) angenommen. Damit handelt es sich um eines der knappsten Resultate seit 1848.
Hauchdünn war das Ergebnis namentlich im Kanton Glarus, wo nur gerade fünf Stimmen den Ausschlag für ein Nein gaben. Nein zum biometrischen Pass sagten auch Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Bern, Aargau, Schaffhausen, Jura, Waadt, Schwyz, Genf, Uri, Tessin, Thurgau, Neuenburg und die beiden Appenzell.
Ja stimmten die Kantone Zürich, Luzern, Freiburg, Zug, Obwalden, Graubünden, Nidwalden, Solothurn, St. Gallen und Wallis.
Schengen folgen
Damit werden künftig auch Schweizer Pässe stets mit einem Chip versehen, auf dem ein Foto und Fingerabdrücke des Passinhabers gespeichert sind. Das heutige Ausweisgesetz wird entsprechend geändert.
Über 50 Staaten stellen bereits solche biometrischen Pässe aus. Die Schengen-Staaten sind seit 2006 dazu verpflichtet. Die Schweiz stellt seit September 2006 im Rahmen einer befristeten Übergangslösung solche E-Pässe aus.
Bei einem Nein befürchtete der Bundesrat den Ausschluss aus dem Schengenraum. Zudem wies er stets darauf hin, dass nur mit biometrischen Pässen Reisen in die USA auch künftig ohne Visa möglich seien.
Ein überparteiliches Komitee aus linken Gruppierungen hatte mit Unterstützung der Jungen Schweizerischen Volkspartei (JSVP) das Referendum dagegen ergriffen. Im Oktober 2008 kam es mit 63’733 gültigen Unterschriften zustande.
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Referendum
Komplementärmedizin unbestritten
Seit diesem Wochenende steht in der Bundesverfassung: «Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Berücksichtigung der Komplementärmedizin.» 1’282’838 (67,0 Prozent) stimmten für diese Verfassungsbestimmung, nur 631’908 (33,0 Prozent) dagegen.
Schon die beiden Parlamentskammern, National- und Ständerat, hatten in diese Richtung vorgespurt. Sie hatten sich auf einen direkten, leicht abgeschwächten Gegenvorschlag des Bundesrates zur 2005 eingereichten Volksinitiative «Ja zur Komplementärmedizin» geeinigt. Darauf zogen die Initianten den Text ihres Volksbegehrens zurück.
Neue Chance
Das klare Ja zur Stärkung der Komplementärmedizin gibt nun der Forderung Schub, die 2005 nach sechsjähriger Versuchsphase gestrichenen fünf Methoden wieder kassenpflichtig zu erklären. Garantiert ist die Rückkehr in den Grundkatalog aber noch lange nicht.
Zur Diskussion stehen Homöopathie, Anthroposophische Medizin, Phythotherapie, Traditionelle Chinesische Therapie und Neuralthetrapie. Für die ersten vier dieser Methoden wurden schon vor der Abstimmung Vorgesuche gestellt.
In ihrem Gesuch an das Bundesamt für Gesundheit (BAG) müssen die Fachgesellschaften belegen, dass die Behandlungsmethoden den auch für die Schulmedizin geltenden gesetzlichen Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) entsprechen.
Ob die WZW-Kriterien erfüllt sind, prüft die Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen (ELGK). Diese empfiehlt dem Departement des Innern (EDI) schliesslich, ob die Leistungen in die Grundversicherung eingeschlossen werden sollen oder nicht. Abschliessend entscheidet das EDI.
swissinfo.ch und Agenturen
In der Schweiz sollen künftig ausschliesslich Pässe mit einem elektronischen Speicher mit den Fingerabdrücken und dem Gesichtsbild ausgestellt werden.
Diese biometrischen Daten sollen in der zentralen Datenbank des Bundesamtes für Polizei gespeichert werden.
Der Bundesrat hat für die Ausstellung eines E-Passes einen Preis für Erwachsene von 140 Franken vorgeschlagen, im Kombiangebot mit der Identitätskarte von 148 Franken. Für Kinder und Jugendliche betragen die Preise 60 bzw. 68 Franken.
Der Auslandschweizer-Rat (ASR) hatte sich mit 43 gegen 16 Stimmen und 3 Enthaltungen für ein Ja zur Einführung des biometrischen Passes ausgesprochen.
Die Schweizer Bevölkerung hat über die obligatorische Krankenpflegeversicherung (Grundversicherung) Zugang zum Gesundheitswesen.
Dieses beruht im Wesentlichen auf den Erkenntnissen und Errungenschaften der modernen naturwissenschaftlich fundierten Medizin, der sogenannten Schulmedizin.
Deshalb sieht das Krankenversicherungsgesetz vor, dass medizinische Behandlungen und Heilmittel von der Grundversicherung nur übernommen werden, wenn nachgewiesen ist, dass sie wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind.
Dieses Angebot wird von einem grossen Teil der Schweizer Bevölkerung
in Anspruch genommen.
Zurzeit sind in der Schweiz gegen 200 verschiedene komplementär-medizinische Methoden bekannt, die von gut 20’000 Therapeutinnen und Therapeuten und etwa 3000 Ärztinnen und Ärzten praktiziert werden.
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