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Afrikas Hoffnungsträger

Botschafter Rudolf Schaller in der neuen Schweizer Botschaft in Pretoria. swissinfo.ch

Im April 1994 fanden in Südafrika die ersten freien Wahlen statt. Der friedliche Übergang von der Apartheid zur Demokratie ist für Schweizer Botschafter Rudolf Schaller ein Lichtblick für alle.

Im Gespräch mit swissinfo betont er die guten Beziehungen zwischen Bern und Pretoria.

Rudolf Schaller ist seit gut vier Jahren Schweizer Botschafter in Pretoria, etwa gleich lang wie die erste Regierungsperiode von Präsident Thabo Mbeki. Am 14. April finden in Südafrika Wahlen statt. Schaller ist überzeugt, dass Mbeki wiedergewählt wird.

swissinfo: Was hat sich in den zehn Jahren Demokratie in Südafrika verändert?

Rudolf Schaller: Nelson Mandela, der erste Präsident des freien Südafrika, war massgebend für die Öffnung des Landes gegen aussen. Mit der Überwindung der Apartheid führte er Südafrika aus der internationalen Isolierung hinaus. Mandela machte sein Land wieder «salonfähig», auch in den Augen der ausländischen Investoren.

Der zweite Präsident des demokratischen Südafrika, Thabo Mbeki, hatte eine Konsolidierungs-Aufgabe. Mbeki ging es mehr darum, die innenpolitische und die binnenwirtschaftliche Situation zu stabilisieren, unter Kontrolle zu bekommen.

swissinfo: Welches sind heute die grössten Probleme, die im neuen Südafrika anstehen?

R.S.: Der Unterschied zwischen dem industrialisierten, hochentwickelten, mit Europa vergleichbaren Südafrika und dem Südafrika der ländlichen Gegenden ist nach wie vor enorm. Mehr als 30 Prozent der Haushalte und Behausungen verfügen weder über Wasser noch Strom. Gesundheits-Versorgung und Schulsystem sind in den ländlichen Gebieten äusserst mangelhaft.

Hier sieht man, dass das Land getrennt ist: auf der einen Seite ein reiches, prosperierendes Südafrika, auf der anderen ein armes Südafrika.

swissinfo: Die Arbeitslosigkeit ist zwischen 1995 und 2002 auf rund 30 Prozent angewachsen, soziales Dynamit in einer von Kriminalität bereits arg gebeutelten Gesellschaft. Und das Aids-Problem ist gravierend. Wie sehen Sie die Zukunft des Landes?

R.S.: Es ist meine feste Überzeugung, dass Südafrika trotz allem auf dem richtigen Weg ist. Das Land wird heute auf dem internationalen Parkett als Partner wahrgenommen. Präsident Mbeki und seine Regierung sind gern gesehene Gäste an internationalen Anlässen. Der Reigen an hochrangigen Besuchern in Südafrika reisst nicht ab.

Zudem spielt das Land eine ganz wichtige Rolle im Integrationsprozess des ganzen afrikanischen Kontinents. Das ist eine Folge der Aussenpolitik Mbekis, die stärker auf den Kontinent Afrika ausgerichtet ist.

Ganz allgemein bin ich der Meinung, dass der friedliche Übergang von der Apartheid zur Demokratie Südafrika zu einem Lichtblick für alle gemacht hat.

swissinfo: Im Februar war Aussenministerin Micheline Calmy-Rey zu Besuch in Südafrika. Wie steht es um die Zusammenarbeit zwischen Bern und Pretoria?

R.S.: Vor Jahren wurde eine Absichtserklärung für gemeinsame Projekte unterzeichnet. Jetzt soll sie mit Inhalten gefüllt werden. Es sind hauptsächlich Projekte in Drittländern. Dabei geht es um friedensfördernde Massnahmen.

Die Schweiz und Südafrika wollen ein Projekt in Burundi lancieren, das die Reintegration von ehemaligen weiblichen Soldaten und Kindersoldaten in das zivile Leben zum Ziel hat. Weiter wollen sich Bern und Pretoria für die Förderung von Frauenrechten vor allem in Afrika einsetzen und den Kampf gegen Aids vorantreiben.

swissinfo: In den USA sind immer noch Sammelklagen der Apartheid-Opfer hängig, die von internationalen Unternehmen, darunter auch Schweizer Banken, Entschädigung für deren Unterstützung des weissen Minderheitsregimes fordern. Die südafrikanische Regierung unterstützt diese Klagen nicht. Es wäre die beste Entschädigung, wenn diese Unternehmen in die Entwicklung Südafrikas investieren würden, heisst es in Pretoria. Wie steht es mit den Schweizer Investitionen?

R.S.: Die Schweiz ist das Land mit den fünftgrössten Investitionen in Südafrika. Das jährliche Handelsvolumen betrug 2003 eine Milliarde Franken. Investitionen von Schweizer Firmen in Südafrika hängen weniger von den Entschädigungsklagen ab als vom allgemeinen wirtschaftlichen Umfeld in Südafrika.

Die Regierung hat Regeln erstellt zum so genannten «black economic empowerment», also zum wirtschaftlichen Erstarken der Schwarzen: mehr Kapitalbeteiligung für schwarze Personen und Firmen, mehr Einsitz in den Führungsgremien von Unternehmen, mehr Programme zur Ausbildung von jungen schwarzen Mitarbeitern.

Von einigen Firmen ist das als Komplizierung der Situation hier in Südafrika empfunden worden. Das hat während einer gewissen Zeit zur Frage geführt, ob Südafrikas Investitions-Standort noch sei, was er früher einmal war.

swissinfo: Im Januar ist die Schweiz mit einer Eingabe an den Obersten Gerichtshof der USA gelangt: Er solle das Gesetz (Alien Tort Claims Act) restriktiver auslegen, auf das sich auch die Sammelklagen der Apartheid-Opfer stützen. Haben die in den Sammelklagen anvisierten Schweizer Unternehmen Druck auf die Schweizer Regierung ausgeübt?

R.S.: Die Eingabe der Schweiz hat mit Südafrika nichts zu tun. Es geht hier um eine Grundsatzfrage, weit über die Apartheid-Klagen hinaus. Die Schweiz hat grundsätzlich Bedenken gegenüber der extraterritorialen Anwendung von Recht durch amerikanische Gerichte.

swissinfo: Was kann die Schweiz dazu beitragen, dass das Experiment Südafrika gelingt?

R.S.: Wir machen ja bereits viel. Wir haben ein Programm der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA). Weil dieses nach zehn Jahren jetzt ausläuft, ist die Schweiz daran, ein Regionalprogramm zu konzipieren. Es ist wichtig, Südafrika in seinen Bemühungen zu unterstützen, nicht nur für sich selber, sondern auch für ein wirtschaftliches und soziales Erstarken der Nachbarländer und der ganzen Region zu sorgen.

Ganz generell kann man sagen, dass die Beziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika gesünder und enger sind, als sie es je waren.

swissinfo, Jean-Michel Berthoud, Pretoria

Bevölkerungszahl Südafrikas: 45 Mio.

77% Schwarzafrikaner, 11% Weisse, 9% Coloured, 3% Indischstämmig

Schweizer Entwicklungs-Zusammenarbeit 2003: 12,2 Mio. Fr.

2004 ist für Südafrika ein Jubiläumsjahr. Mit den ersten freien Wahlen vor zehn Jahren (27. April 1994) begann ein einzigartiges Experiment: der friedliche Wandel vom rassistischen Apartheid-Regime zu einem modernen, stabilen und demokratischen Staat.

Trotz gravierender Probleme wie Aids, Armut, Arbeitslosigkeit und Kriminalität ist Rudolf Schaller, Schweizer Botschafter in Pretoria, überzeugt, dass Südafrika auf dem richtigen Weg ist. Das Land sei heute innenpolitisch konsolidiert und international ein angesehener Partner.

Schaller betont die guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Die Schweiz ist der fünftgrösste Investor in Südafrika. Das jährliche Handelsvolumen betrug 2003 eine Milliarde Franken.

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