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Angst um Arbeitsplatz schadet politischer Mitte

swissinfo.ch

Würde heute gewählt, wären die Schweizerische Volkspartei und die Sozialdemokraten die Gewinner.

Dies zeigt fünf Monate vor den nationalen Parlamentswahlen das vierte SRG SSR Wahlbarometer 03, erstellt vom GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern.

Wenn heute gewählt würde, sähe die Stärke der Bundesratsparteien folgendermassen aus: Schweizerische Volkspartei (SVP) 25%; Sozialdemokratische Partei (SP) 24%; Freisinnig-demokratische Partei (FDP) 19%; Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) 14%.

Gegenüber den Wahlen 1999 würden SVP (+2,8%) und SP (+1,7%) zulegen. Die FDP stagniert (-0.7%), und die CVP würde 1,6% der Stimmen verlieren. Die Veränderungen wären aber im Vergleich zu den Verschiebungen im Wahljahr 1999 wesentlich geringer.

Der Trend zur so genannten Bi-Polarisierung, der Verlagerung der Wählerstimmen an die Pole, bleibt bestehen. Doch die Themen-Kompetenz hat sich gegenüber dem letzten Wahlbarometer vom März 2003 verschoben.

«Die SVP wird wieder etwas stärker, aber nicht mehr auf ihrem traditionellen Thema der Asylpolitik, sondern in der Wirtschaftsfrage», sagt Claude Longchamp vom GfS-Forschungsinstitut gegenüber swissinfo.

Wirtschaftskrise dominierend

Die Rechtspartei hatte bisher mit Oppositionsthemen wie der Asylpolitik ihre Stimmen gewonnen. Longchamp: «Dass sie sich jetzt in einem Kernbereich der Zentrumsparteien FDP und CVP profilieren kann, das ist ein neues Phänomen.»

Damit sind die beiden bürgerlichen Parteien in ihrer Kernkompetenz getroffen. Viele enttäuschte FDP- und CVP-Wähler werden sich laut der Umfrage der SVP anschliessen.

Das Wahlbarometer spricht dabei hauptsächlich von der Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren. Rund 19% der erwerbstätigen Bevölkerung sehen ihre Arbeitsstelle gefährdet.

Während sich die SVP als neuer Leader in der Wirtschaftskompetenz feiern kann, liegen die sozialen Themen wie Arbeitslosigkeit, AHV und Krankenkassen weiterhin klar in Händen der SP. Allerdings wird ihr angekreidet, zu wenig engagiert für die Sicherheit im Alter zu kämpfen.

Mobilisierung wichtig

Doch für die SP liegt laut Longchamp trotzdem einiges drin – dank ihrem Sympathiebonus bei jungen Menschen.

«Leute, die 1999 nicht gewählt haben, wollen zu 30% SP wählen. Das ist für schweizerische Verhältnisse sehr viel.»

Ob die Anti-Kriegs-Bewegung der SP aber zu mehr jungen Stimmen verhilft, kann Longchamp nicht sagen. Das Wahlbarometer zeige deutlich, «dass man zwar in institutionellen Fragen eher mit der SP sympathisiert. Ob man aber an den Wahlen teilnimmt, ist eine andere Frage.»

Alt und Jung bevorzugen Pole

Die Bi-Polarisierung der Parteienlandschaft ist auch bei der Frage nach dem Alter der Wählenden festzustellen: Junge wählen eher links (SP), mittlere Altersgruppen tendieren zum Zentrum, und im Alter ist deutlich ein Trend zu rechten Parteien (SVP) zu sehen.

Dabei stellt das Walbarometer fest, dass die Mobilisierung der Rentnerinnen und Rentner besonders hoch ist: Sie stellen 22% der Bevölkerung, geben aber 26% der Stimmen ab.

Erstmals drei Leaderinnen

Wichtig für einen Erfolg an der Urne ist auch die Glaubwürdigkeit der Köpfe einer Partei. Hier hat sich im Vergleich zu den letzten drei Wahlbarometern einiges verändert: Erstmals gelten drei Frauen als glaubwürdigste Schweizer Politiker.

Dabei führen die beiden SP-Repräsentantinnen Christiane Brunner (Parteipräsidentin) und Simonetta Sommaruga (Konsumentenschützerin und Nationalrätin) vor der neuen FDP-Präsidentin Christiane Langenberger.

Deren Aufstieg hatte sich schon im dritten Wahlbarometer abgezeichnet. Nun zeige sich: «Sie ist keine Eintagsfliege.»

Weil die FDP jetzt wieder eine Identifikationsfigur habe, so Longchamp, habe SVP-Nationalrat Christoph Blocher etwas eingebüsst. Er belegt nun den vierten Platz, ist aber gleichzeitig immer umstrittener.

Momentaufnahme

2015 Personen, zufällig ausgewählt, haben die GfS-Fachleute befragt. Die Auswahl wurde sprachregional gewichtet. Die Interviews fanden zwischen dem 31. März und dem 17. April statt.

Die schweizerischen Parlamentswahlen sind am 19. Oktober 2003.

swissinfo, Christian Raaflaub

Parteienstärken (in Klammern Veränderung gegenüber 1999)
SVP: 25% (+2,8%)
SP: 24% (+1,7%)
FDP: 19% (-0,7%)
CVP: 14% (-1,6%)
Grüne: 5%
LPS: 2%
EVP: 2%

Von den rund 600’000 Auslandschweizerinnen und -schweizern haben sich laut GfS 100’000 im Stimmregister eingetragen. 80’000 von ihnen nehmen an Abstimmungen und Wahlen teil.

Sie wählen in der Gemeinde, bei welcher sie registriert sind, ausser in den Kantonen Luzern, Basel und Genf, in denen sie sich direkt beim Kanton registrieren lassen müssen. Im Kanton Waadt werden alle Auslandschweizer in Lausanne registriert.

Als Stimmgemeinde stehen einer ausgewanderten Person die Heimatgemeinde und alle früheren Wohnsitz-Gemeinden in der Schweiz zur Auswahl.

Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer stimmen eher links vom schweizerischen Durchschnitt. So haben sie zum Beispiel 2002 die Solidaritätsstiftung angenommen.

Die Schweizer im Ausland wurden im Wahlbarometer 03 nicht erfasst.

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