«Anti-Oscar»-Preisverleihung
Der Zuger Rohstoffriese Glencore und der französische Atommulti Areva sind am Rande des Davoser Weltwirtschaftsforums (WEF) mit den Schmähpreisen "für übles Firmenverhalten" bedacht worden.
Die so genannten Public Eye Awards von Nichtregierungs-Organisationen wurden zum vierten Mal vergeben.
Rund 40 in- und ausländische Konzerne waren von Nichtregierungs-Organisationen (NGO) aus aller Welt für einen der drei Schmähpreise nominiert worden.
Dies gaben die Erklärung von Bern (EvB) und Pro Natura am Eröffnungstag des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos bekannt.
Gleich zwei der «Anti-Oscars» gingen an den französischen Nuklearkonzern Areva. Ihm wird vorgeworfen, im afrikanischen Niger unter skandalösen Bedingungen Uran abzubauen.
«Hall of Shame»
Neben dem «Global Award» der NGO erhielt die Areva zudem den dieses Jahr zum ersten Mal vergebenen Publikumspreis «People’s Award». Über 6000 Menschen hätten die Firma im Internet in einer «Hall of Shame» (Halle der Schande) auf den ersten Platz gewählt, hiess es.
Der Atommulti informiere die Minenarbeiter in Afrika nicht über die Gefahr von Radioaktivität und verstrahle die Umwelt.
Der dritte Schmähpreis «Swiss Award», der an Firmen mit Sitz in der Schweiz geht, ging an die Rohstoffgruppe Glencore. Die Kohleminen des Unternehmens in Kolumbien verursachten massive Umweltverschmutzung und Gesundheitsschäden bei der Bevölkerung, kritisierten EvB und Pro Natura.
Ex-Miss-Schweiz Melanie Winiger
Während sich das Weltwirtschaftsforum (WEF) dieses Jahr um eine Rückkehr zum «business as usual» im Kreis von Wirtschaftsführern und Politikern bemüht, war die Public-Eye-Gegen-Gala umso prominenter bestückt.
Die Schauspielerin und ehemalige Miss Schweiz Melanie Winiger war für die Moderation der Preisgala gewonnen worden. Ihr Freund, der Rapper Stress, verlieh gemäss Programm den Publikumspreis, und der grüne Zürcher Nationalrat Bastien Girod hielt eine Rede. Für musikalische und bissige Zwischentöne sorgten Mundart-Rapper Greis und Satiriker Patrick Frey.
Baumwollprojekt in Burkina Faso
Als positiver Kontrapunkt zu den Schmähpreisen wurde ein «Positive Award» für «eine vorbildliche unternehmerische Initiative» verliehen. Der deutsche Ökoversand Hess Natur erhielt diesen Preis für sein gemeinsam mit der Entwicklungs-Organisation Helvetas durchgeführtes Baumwollprojekt in Burkina Faso.
Mit der Preis-Gala «Public Eye» wollen die Erklärung von Bern und Pro Natura seit 2000 eine Gegenöffentlichkeit zum WEF schaffen. Sie fordern rechtlich verbindliche internationale Regeln zur Unternehmensverantwortung und einen respektvollen Umgang mit Mensch und Natur.
swissinfo und Agenturen
Das Public Eye ist eine globalisierungskritische Veranstaltung.
Sie findet jeweils parallel zum WEF in Davos statt.
Diese Alternative zum WEF ist ein gemeinsames Projekt der entwicklungspolitischen Organisation Erklärung von Bern und der Naturschutz-Organisation Pro Natura.
Das Public Eye fühlt sich mit dem Weltsozialforum (WSF) eng verbunden.
Das Weltwirtschaftsforum (WEF) 2008 in Davos dauert von 23. bis 27. Januar. Es steht unter dem Motto The Power of collaborative innovation (Innovation durch Zusammenarbeit).
Erwartet werden 27 Staats- und Regierungschefs, 113 Minister, Leiter diverser internationaler Organisationen, 1370 Unternehmensführer, darunter 74 der 100 grössten Unternehmen der Welt.
Die Zivilgesellschaft wird durch 340 Vertreter aus Religion, Kultur und NGO repräsentiert.
Die Schweizer Regierung ist mit allen Mitgliedern am WEF anwesend, mit Ausnahme der neuen Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf.
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