Asyl- und Ausländergesetz: Bundesrat eröffnet Kampagne
Drei Monate vor der landesweiten Abstimmung hat der zuständige Justizminister die Regierungs-Kampagne für die neuen Asyl- und Ausländergesetze lanciert.
Laut Christoph Blocher erlauben die Vorlagen gleichzeitig die Wahrung humanitärer Tradition und die Verhinderung der Missbräuche. Die Linke, die Referenden gegen das Gesetz unterstützt, bezeichnet die Vorlagen als «unmenschlich».
Das revidierte Asylgesetz garantiere, dass wirklich verfolgte Menschen weiterhin in der Schweiz aufgenommen würden, sagte Bundesrat Christoph Blocher vor den Medien in Bern.
Gleichzeitig würden Missbräuche verhindert: Die Schweiz werde für illegale Einwanderer, Schlepper, Schwarzarbeiter und Kriminelle weniger attraktiv.
Das Referendum ergriffen hat die Linke
Die Linke hat sowohl gegen die Revision des Asylgesetzes als auch gegen das neue Ausländergesetz das Referendum ergriffen, weil die Vorlagen «repressiv und unmenschlich» seien.
Die Delegierten der Sozialdemokratischen Partei und die Grünen beschlossen am vergangenen Wochenende die Ja-Parolen zu den Referenden (also die Ablehnung der Gesetzes-Vorlagen).
Laut Blocher bessere Integrations-Möglichkeiten
Beim neuen Ausländergesetz wird laut Blocher sichergestellt, dass die Schweiz die erforderlichen Arbeitskräfte erhält, ohne dass Arbeitslosigkeit entsteht und die Sozialwerke unverhältnismässig belastet würden.
Auch könne die heute mangelhafte Integration der ausländischen Wohnbevölkerung verbessert werden.
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«Zwischen Verschärfung und Verbesserung»
Asyl- und Ausländerpolitik sei eine Verbundaufgabe von Bund und Kantonen, betonte Blocher. Bei der Eröffnung der Kampagne für die beiden Vorlagen liess sich Blocher von der Vizepräsidentin der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz, der St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter, und weiteren Kantonsvertretern begleiten.
Die neue Asyl- und Ausländerpolitik polarisiere, so Keller-Sutter. Sie werde auf der einen Seite als Verschärfungsspirale wahrgenommen, auf der anderen Seite als Verbesserung. Wie so oft im politischen Leben dürfte die Realität irgendwo in der Mitte liegen.
Die humanitäre Tradition werde nicht ausgehöhlt, so Keller-Suter, sondern im Gegenteil auf ihren Kerngehalt, den Schutz von verfolgten Personen, zurückgeführt.
Kein Bleiberecht ersitzen
Hanspeter Iselin, Präsident der Vereinigung der kantonalen Migrationsbehörden, findet es unhaltbar, dass mehrere Tausend abgewiesene Asylsuchende sich weiterhin in der Schweiz aufhielten, weil sie ihre Identität nicht offen legten oder bei der Reisepapier-Beschaffung nicht mitwirkten.
Von den neuen Zwangsmassnahmen und zusätzlichen Sanktionsmöglichkeiten versprächen sich die Kantone eine nachhaltige Verbesserung der Zustände und eine Signalwirkung, so Iselin.
Polarisierung in Asyl- und Ausländerpolitik
Nicht alle sind jedoch derselben Meinung. So haben sich die Regierungen grosser Städte teils aus Kostengründen für die Unterstützung der Referenden ausgesprochen.
Wie Zürichs Stadtpräsident Elmar Ledergerber in der NZZ am Sonntag sagte, wurde das Gesetz in der Stadtregierung diskutiert und einhellig als «schlecht» bezeichnet.
Auch die Regierungen von Basel-Stadt und der Stadt Bern sprachen sich mehrheitlich gegen das Gesetz aus.
Vorlagen verletzten Kinderschutz
Das Kinderhilfswerk Terre des hommes fürchtet um den Kinderschutz: Das neue Ausländergesetz und das revidierte Asylgesetz liessen sich nicht mit der Konvention über die Rechte des Kindes vereinbaren, welche die Schweiz vor zehn Jahren ratifiziert hat.
Laut einer Studie von Terre des hommes berücksichtigen die neuen Bestimmungen nicht nur das Wohl des Kindes nicht, sondern diskriminieren die Kinder sogar.
Im Vorwort der Studie kritisiert Walter Kälin, dass trotz mahnender Stimmen im Parlament weder der Bundesrat noch die Mehrheit im Parlament die Rechte des Kindes wirklich ernst genommen hätten.
Kälin, Mitglied des UN-Menschenrechts-Ausschusses, meint, nur so lasse sich erklären, dass Kinder die Konsequenzen eines Aufenthaltes als Sans-Papiers gleich hart wie Erwachsene treffen würden.
swissinfo und Agenturen
Gegen die Revision des Asyl- und Ausländergesetzes wurde von den Grünen Schweiz, Flüchtlings- und Hilfs-Organisationen das Referendum ergriffen.
Unterstützt wird es von Linksparteien, Gewerkschaften und kirchlichen Organisationen.
Gegen das neue Asylgesetz wurden 121’794 Unterschriften eingereicht.
Gegen das neue Ausländergesetz 74’246 Unterschriften.
In der Schweiz werden 50’000 Unterschriften für ein Referendum benötigt.
Die Vorlagen zur Revision des Asyl- und des Ausländergesetzes werden am 24. September dem Volk zur Abstimmung unterbreitet.
Das revidierte Asylgesetz setzt die Sozialhilfe an abgewiesene Asylbewerber aus und verdoppelt die potentielle Inhaftierungszeit für Menschen, die auf ihre Zwangsausweisung warten, auf 2 Jahre.
Die Aufnahme wegen humanitären Gründen wird ausgeschlossen. Erleichtert wird der Familiennachzug und die Arbeitserlaubnis im Fall einer provisorischen Aufenthaltserlaubnis.
Das neue Ausländergesetz bevorzugt Bürger aus Staaten der Europäischen Union (EU) und beschränkt die Einwanderung von Nicht-Europäern auf hochqualifizierte Arbeitskräfte. Die Bedingungen einer Familienzusammenführung werden erschwert.
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