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Atomstreit mit Iran: Bolton kritisiert Schweizer Vorschlag

John Bolton ruft zu härteren Massnahmen gegen Iran auf. Keystone Archive

Der Schweizer Vorschlag zur Entschärfung des Atomstreits mit Iran ist nach Ansicht des ehemaligen UNO-Botschafters der USA John Bolton "eine Farce".

Der Plan, der von der Schweizer Regierung nicht offiziell anerkannt wird, sieht eine gleichzeitige Pause im iranischen Nuklearprogramm wie in den internationalen Sanktionen vor.

«Die Schweiz sollte sich da heraushalten», sagte John Bolton gegenüber der «SonntagsZeitung». Der unter Diplomaten als «Swiss Paper» kursierende Vorschlag sei eine Illusion, mit welcher der frühere Schweizer Botschafter in Teheran, Tim Guldimann, seit vielen Jahren hausiere.

Die Idee sehe vor, dass Iran die Anreicherung von Uran für zunächst 30 Tage aussetzt. Im Gegenzug würden keine neuen Sanktionen beschlossen. Während der 30-Tage-Frist könnten sich beide Seiten auf eine längere «doppelte Pause» ohne Urananreicherung in Iran und ohne UNO-Sanktionen verständigen.

Bolton kritisiert im Interview den Schweizer Diplomaten hart: Als Guldimann noch in Teheran war (1999 bis 2004), habe er so viel antiamerikanische Voreingenommenheit an den Tag gelegt, dass sich Washington überlegt habe, seine Versetzung zu fordern oder eine andere Schutzmacht zu suchen, sagte Bolton.

Die Schweiz vertritt die US-Interessen in Iran seit 1979.

Er hoffe, dass der Plan nicht ein Projekt der Schweizer Regierung sei, sagte Bolton weiter. In den vergangenen Monaten hatte es diverse hochrangige Kontakte zwischen der Schweiz und Iran gegeben.

Mehrere Treffen mit iranischen Vertretern

Am Rande der Irak-Konferenz im ägyptischen Sharm al-Sheikh hatte Livia Leu Agosti, die Leiterin der Politischen Abteilung II des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Anfang Mai den iranischen Aussenminister Manuchehr Mottaki getroffen.

Im Februar war Staatssekretär Michael Ambühl bereits nach Teheran gereist, und wenige Tage zuvor hatte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey den iranischen Chefunterhändler im Atomstreit, Ali Laridjani, in Bern empfangen.

Das Interesse Teherans am Schweizer Vorschlag erklärt sich der als neokonservative Hardliner bekannte Bolton mit der Tatsache, dass das iranische Regime mit weiteren Verhandlungen Zeit schinden wolle.

Sanktionen verschärft

Stattdessen spricht er sich für eine harte Haltung aus. Der wirtschaftliche und politische Druck müsse dramatisch erhöht werden, so Bolton. Verhandlungen mit Teheran sind für ihn keine politische Option.

Der UNO-Sicherheitsrat fordert von Iran die Einstellung der Uran-Anreicherung und hatte im März seine Sanktionen gegen die Islamische Republik verschärft. Insbesondere die USA werfen Iran vor, heimlich nach Atomwaffen zu streben, und haben einen Militärschlag nicht ausgeschlossen. Iran weist die Vorwürfe zurück.

Im Dezember musste Bolton als UNO-Botschafter abtreten, nachdem er im neuen US-Kongress kaum mehr mit einer Bestätigung rechnen konnte. Seither ist er beim American Enterprise Institute tätig. Der Thinktank in Washington gilt als strenger Vordenker der neokonservativen Doktrin.

swissinfo und Agenturen

Die USA und Iran sind seit 1979 verfeindet. Damals wurde der Schah gestürzt und die islamische Republik Iran gegründet.

Im November 1979 haben «islamistische Studenten» die US-Botschaft in Teheran besetzt und das Personal während 444 Tagen als Geiseln festgehalten.

Nach einer Vermittlung Algeriens beendeten die beiden Parteien die Krise. Die Geiseln wurden am 20. Januar 1981 befreit, im Gegenzug wurden iranische Guthaben in den USA freigesetzt und es wurde von jeglicher juristischer Verfolgung Irans abgesehen.

Seit der Geisel-Krise haben die USA in Iran keine Botschaft mehr. Die amerikanischen Interessen werden durch die Schweiz vertreten.

Die internationale Gemeinschaft verdächtigt Iran, sich unter dem Vorwand eines zivilen Nuklearprogramms mit Atomwaffen aufzurüsten.

Der UN-Sicherheitsrat hat Iran in zwei Resolutionen aufgefordert, sein Programm zu Anreicherung von Uran zu stoppen, doch vergeblich.

Am 8. Mai hat ein Unterhändler des iranischen Nuklearprogramms erneut bestätigt, dass Iran keine Suspendierung seines Urananreicherungs-Programms akzeptieren würde, auch nicht im Rahmen der Schweizer Vorschläge.

Im März hat der UN-Sicherheitsrat seine Sanktionen gegen Iran verschärft. Das Land riskiert zusätzliche Massnahmen, wenn es nicht bis zum 23. Mai einlenkt.

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