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Aus für älteste Schweizer Vertretung in Deutschland

Generalkonsulat

Das Schweizer Generalkonsulat in Hamburg schliesst 2009 nach 162 Jahren seine Pforten. Der dortige Schweizer Verein ist enttäuscht, der Schweizer Konsul sieht in dem Schritt eine Tendenz, die seit einiger Zeit anhält.

Die Schliessung der ältesten Schweizer Vertretung in Deutschland ist laut dem Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) für den 30. September vorgesehen. Nach Angaben von EDA-Sprecher Georg Farago wird die Schweiz danach in Hamburg durch einen Honorarkonsul repräsentiert.

Die Hamburger Vertretung ist zuständig für die deutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Insgesamt gibt es in Hamburg 104 Konsulate. Das ist die europaweit höchste Zahl.

Verlagerung nach Aussereuropa

Konsul Thomas Casura bedauert das Aus. Er möchte aber nicht von einer Schliessung des Konsulates sprechen. «Es ist eine Umwandlung in eine Honorarvertretung», sagt er gegenüber swissinfo. Dieser Schritt sei in einem gesamtpolitischen Zusammenhang zu sehen, mit einer allgemeinen Verlagerung der Berufsvertretungen «weg aus Europa, hin in aussereuropäische Länder wie China, Indien, Nachfolgestaaten der Ex-Sowjetunion und Afrika».

Diese Tendenz sei seit mehreren Jahren da und sicher auch berechtigt, wenn man an die Aufgaben eines Generalkonsulates denke, die ja unter anderem auch die Wirtschaftsförderung beinhalteten. «Was in diesen Ländern wichtiger ist als in den alten, schon etablierten Märkten», so Casura.

Keine Illusionen

Man dürfe sich aber keine Illusionen über eine Honorarvertretung machen, fährt der Konsul fort. «Ein Honorarkonsul hat keine amtlichen Funktionen. Er kann keine Pässe ausstellen, er kann keine Zivilstände in die Schweiz übermitteln.» Der ganze Konsularbezirk werde von Berlin aus betreut. Ein Honorarkonsul habe als Ehrenamtlicher die Aufgabe, die Schweiz innerhalb von Hamburg zu vertreten, «die Schweizer Fahne so hoch wie möglich zu halten, soweit das in seinem normalen Leben noch Platz hat».

Das Schweizer Konsulat in Hamburg sei sehr aktiv und ein wichtiger Austauschpartner mit verschiedenen Netzwerken, mit den Schweizer Vereinen, mit den Schweizer Firmen vor Ort. Man versuche aber, die Auswirkungen der Schliessung auf die Auslandschweizer Gemeinde in der Region so gering wie möglich zu halten.

Dennoch zumutbar

Festzuhalten sei aber auch, dass die Schweizer Botschaft in Berlin nur eineinhalb Eisenbahnstunden von Hamburg entfernt sei und direkt beim Hauptbahnhof liege. «Eine zumutbare Distanz», meint Thomas Casura.

Das sei ein Grund, dass man in Europa solche Vertretungen schliessen könne, «obwohl ein Abbau ja nie schön ist». Hier sei der Schmerz wohl am kleinsten, weil die Schweizer Kolonie in dieser Region problemlos integriert lebe, in einem funktionierenden Rechtsstaat.

«Das sind Gründe, dass man eben an solchen Orten Schliessungen vornimmt, wenn es neue Vertretungen zu eröffnen gilt an Orten, wo man bisher nicht präsent war und es gerne sein möchte», so der Konsul.

Enttäuschter Schweizer Verein

Enttäuscht über das Aus für das Generalkonsulat ist Monika Speckin-Züger, Vizepräsidentin des Schweizer Vereins Hamburg.

«Das ist sehr schade, wir haben mit dem Konsulat sehr gut zusammengearbeitet, wir haben uns getroffen, Veranstaltungen organisiert, sie haben uns Unterlagen geschickt zu entsprechenden Anfragen, vor allem bei neu nach Hamburg umgesiedelten Schweizern oder bei Fragen zu Ausbildungsmöglichkeiten – und jetzt bleibt das alles weg», sagt sie gegenüber swissinfo.

Ohne Konsulat werde es auch nicht mehr so einfach sein, Pässe zu verlängern. «Man muss sie jetzt nach Berlin schicken, sie werden zurückgeschickt. Sonst hat man sie in Hamburg vorbeigebracht und dort wieder abgeholt.»

Auch wenn die Schweiz nach der Schliessung des Konsulates durch einen Honorarkonsul vertreten sein wird, rechnet Vizepräsidentin Speckin-Züger mit mehr Anfragen, die auf den Schweizer Verein zukommen. «Wo wir nicht helfen können, müssen wir die Leute dann halt an Berlin verweisen.»

Honorarkonsul mit weitreichenden Befugnissen

Die Schliessung des Hamburger Konsulates ist für Ariane Rustichelli von der Auslandschweizer-Organisation (ASO) ein weiteres Beispiel für den Druck, dem das EDA zur Reduzierung seiner Budgetausgaben ausgesetzt ist.

Die ASO sei sich dieser Situation wohl bewusst, gleichzeitig aber auch besorgt über die Schliessung von Berufskonsulaten, sagt die ASO-Sprecherin gegenüber swissinfo.

Die Gewährleistung einer hohen Servicequalität für die Landsleute im Ausland sei fundamental. Die ASO erachte es als wünschenswert, dass als Kompensation ein vom EDA und von der lokalen Schweizergemeinde unterstützter Schweizer Honorarkonsul mit weitreichenden Befugnissen eingesetzt werde, so Rustichelli.

swissinfo, Jean-Michel Berthoud

Das Konsulat in der Hansestadt Hamburg besteht seit 1846. Zum Vergleich: In Berlin wurde erst 1867 eine Schweizer Vertretung eröffnet. Allerdings gab es schon vor Hamburg eine Schweizer Vertretung auf deutschem Gebiet – nämlich in Leipzig, wo 1835 ein Konsulat eröffnet wurde. Dieses wurde jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg geschlossen.

Das Konsulat in Hamburg hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. So kamen Ende April 1945 der damalige Honorarkonsul Adolf Zehnder und seine Frau bei einem Bombenangriff der Alliierten ums Leben, wie das Schweizer Aussenministerium auf seiner Website schreibt.

1958 wurde das Hamburger Konsultat als erstes in Deutschland zu einem Generalkonsulat aufgewertet. Nun soll es jedoch in einem Jahr geschlossen werden.

1990: Casablanca

1993: Lomé

1995: Bregenz, Le Havre, Dijon, Curitiba

1996: Freiburg, Windhoek

1998: Annecy, Nizza, Besançon, Palma de Mallorca, Malaga

2000: Venedig

2003: Johannesburg

2004: Mülhausen

2005: Manchester, Amsterdam

2006: Dresden, Las Palmas, Melbourne, Houston

2007: Neapel

2008: Bordeaux

2009: Hamburg

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