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Ausländer verlassen den Tschad

Die französische Armee evakuiert ausländische Staatsangehörige. Keystone

Nachdem Rebellen am Wochenende Teile der Hauptstadt erobert haben, bleibt die Situation im Tschad angespannt. Ausländische Personen werden von der französischen Armee evakuiert.

Von den 120 Schweizer Staatsangehörigen haben am Wochenende 19 die Gelegenheit genutzt, das umkämpfte Land an Bord französischer Flugzeuge zu verlassen.

Die 19 Schweizer, darunter mehrere Kinder, wurden am Wochenende von der tschadischen Hauptstadt N’Djamena nach Libreville in Gabun geflogen, wie der Sprecher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Raphaël Saborit, am Sonntag sagte.

Die Schweiz schicke am Montag ein Charter-Flugzeug nach Libreville, um die aus dem Tschad ausgeflogenen Schweizer heimzufliegen, teilte das EDA am Sonntagabend weiter mit.

Nach dem Vorrücken von Rebellen auf die Hauptstadt hatten die französischen Streitkräfte in der Nacht zum Sonntag begonnen, Ausländer aus dem Tschad nach Gabun auszufliegen. In nächtlichen Evakuierungsflügen wurden insgesamt über 500 Ausländer ausser Landes gebracht, fast die Hälfte davon Franzosen.

Zur Stunde seien keine weiteren Flüge aus dem Tschad geplant, sagte Saborit. Alle Schweizer, welche den Tschad sofort verlassen wollten, hätten dies tun können.

Tausende von Tschadern und Ausländern flohen in das Nachbarland Kamerun.

Keine Touristen

69 Schweizer Staatsangehörige halten sich zusammen mit rund 330 anderen Ausländern weiterhin in den drei von französischen Einheiten gesicherten Anlaufstellen in N’Djamena auf. Dort sind sie in Sicherheit, wie der Krisenstab des EDA am Samstag in Bern betonte.

40 weitere Schweizer Staatsangehörige leben nach EDA-Angaben in Gebieten des Tschad, die nicht von den Kämpfen betroffen sind. Bei den Schweizern handle es sich unter anderem um Missionare und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen (NGO). Unter den insgesamt 120 angemeldeten Schweizern seien keine Touristen, hiess es.

DEZA-Aktivitäten unterbrochen

Wegen des Rebellenangriffs hatten die Schweizer in der Nacht auf Samstag die Anweisung erhalten, eine der drei Anlaufstellen in der Hauptstadt aufzusuchen.

Bundesrätin Micheline Calmy-Rey wurde über die Situation im Tschad auf dem Laufenden gehalten. Die Aktivitäten der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) im Tschad sind unterbrochen worden, wie von Seiten des EDA weiter zu erfahren war.

Das Koordinationsbüro in N’Djamena konzentriert sich auf das Krisenmanagement, da die Schweiz keine Botschaft im Tschad hat.

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Heftige Gefechte

Am Samstag hatten sich die Gefechte zwischen Rebellen und Regierungstruppen um die Kontrolle der Hauptstadt N’Djamena dramatisch zugespitzt. Nach einer nächtlichen Pause flammten die Kämpfe am Sonntag neu auf.

Tschadische Rebellen haben am Wochenende weite Teile der Hauptstadt N’Djamena erobert. Der Präsidentenpalast, wo Präsident Idriss Deby vermutet wird, blieb hart umkämpft. Bei den Kämpfen um den Palast wurden Panzer und Helikopter eingesetzt.

Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich bot Präsident Deby Hilfe zur Ausreise an, lehnte ein militärisches Eingreifen aber ab. Das Militärabkommen zwischen beiden Ländern sehe das nicht vor, sagte der französische Aussenminister Bernard Kouchner der Zeitung «Journal du Dimanche».

Hunderte Verletzte

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen sprach von Hunderten verletzten Zivilisten.

Eine vom libyschen Staatschef Muammar el Gaddafi im Namen der Afrikanischen Union vorgeschlagene Waffenruhe kam nicht zustande.

Unbestätigten Berichten zufolge hielt sich Präsident Deby im Palast auf und versuchte, die Rebellen mit seinen Truppen von dort aus abzuwehren.

Frankreichs Verteidigungsminister Hervé Morin sagte dem französischen Radiosender Europe 1, der Oberste Kommandant von Debys Truppen sei bei den Kämpfen vermutlich getötet worden.

Französische Experten schätzten die Zahl der gut bewaffneten Angreifer auf 1500 bis 2000. Deby könne sich auf bis zu 3000 Getreue stützen, sagte Morin.

Unklar ist, wie die Rebellen unbehelligt mit ihren 300 Fahrzeugen rund 700 Kilometer von der sudanischen Grenze bis N’Djamena fahren konnten. Das Gebiet wird ständig von französischen Aufklärern überwacht.

EUFOR-Mission ausgesetzt

Angesichts der unsicheren Lage im Tschad bleibt die Mission der Friedenstruppe der Europäischen Union (EUFOR) vorerst ausgesetzt. Dies beschlossen die Botschafter der 27 EU-Staaten nach Angaben aus Diplomatenkreisen auf einer Krisensitzung am Sonntag in Brüssel. Die Aussetzung der Entsendung von 3700 EUFOR-Soldaten gelte so lange, bis die Situation im Tschad wieder klarer sei.

Tschads Aussenminister Ahmat Allam-mi warf dem Sudan vor, hinter der Offensive der Rebellen zu stecken. Der Sudan wolle damit die Entsendung der EUFOR-Truppe im Osten des Landes verhindern, sagte Allam-mi. Die Regierung in Khartum wies dies zurück.

swissinfo und Agenturen

Der Tschad liegt in Zentralafrika und erstreckt sich von der Wüste Sahara über die Sahelzone. Im bevölkerungsarmen Land (9 Mio. Einwohner) leben zahlreiche verschiedene Bevölkerungsgruppen.

Die ehemalige französische Kolonie erlangte 1960 die Unabhängigkeit. Die Grenzen des Tschad beruhen bis heute auf Verhandlungen der ehemaligen Kolonialmächte in Zentralafrika.

Die jüngste Geschichte des Landes ist stark durch Frankreich und Lybien beeinflusst. Sie ist geprägt durch Aufstände der hauptsächlich muslimischen Bevölkerung im Norden Tschads sowie durch blutige Kämpfe und mehrere Staatsstreiche.

Der letzte Staatsstreich verhalf 1990 dem Präsidenten Idriss Deby, der bis heute an der Macht ist, Hissène Habré zu stürzen.

Deby wirft dem benachbarten Sudan vor, Rebellengruppen zu unterstützen. Durch die Krise in der sudanesischen Region Darfur sind rund 235’000 Menschen in den Osten des Tschad geflüchtet.

Der Tschad ist ein Schwerpunktland der bilateralen Hilfe der Schweiz. Die Zusammenarbeit mit diesem Land wurde 1965 aufgenommen.

Seither leistet die Schweiz Unterstützung in den Bereichen ländliche Entwicklung, medizinische Versorgung und Grundausbildung. Ziel ist es, land- und viehwirtschaftliche Familienbetriebe auszubauen und die Lebensbedingungen der ländlichen Gemeinschaften zu verbessern.

Wichtig für eine nachhaltige Entwicklung ist auch die Förderung des Dialogs mit dem Staat und öffentlichen Stellen.

Die Schweize leistete 2007 insgeamt 14,5 Mio. Franken Hilfsgelder für den Tschad. Davon gingen 3,5 Mio. Franken an die humanitäre Hilfe in den Flüchtlingslagern.

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