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Ausländergesetz: Mehr Integration gefordert

Ausländerpolitik und Asylpolitik darf nicht miteinander vermischt werden. Keystone

Der Ständerat befasst sich mit der Revision des Ausländergesetzes. Ausländerfragen werden dringender, Integrationsprobleme stehen an.

Die Eidgenössische Ausländerkommission, die den Bundesrat in Migrationsfragen berät, macht sich Sorgen über die Entwicklung bei diesem Gesetz.

In der Märzsession behandelt der Ständerat die brennenden Ausländerfragen. Zuerst wird das Ausländergesetz (AuG) behandelt, dann das Asylgesetz. Letztes Jahr hatte der Nationalrat nach 30 Stunden Debatte dem neuen AuG mit viel Reserve zugestimmt.

Dann kam der Schock der Ablehnung der erleichterten Einbürgerung im September 2004: «Diese Ablehnung einer eidgenössischen Einbürgerungspolitik ist eine Blamage für Volk und Stände», urteilte der Politologe Leonhard Neidhart. Es zeigt sich, dass es im Zusammenleben von Schweizern und Ausländern vermehrt zu Problemen kommt.

Links-Rechts-Gegensatz besonders ausgeprägt

In der Ausländer-, neu Migrationspolitik, ist der Gegensatz zwischen rechts und links besonders gross. Im Sommer 2004 war ausser der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) keine andere Partei mit der nationalrätlichen Gesetzesversion zufrieden. Die kommende Debatte im Ständerat dürfte deshalb nicht einfach werden.

«Der Ständerat muss den klaren Willen zur Revision aufbringen», sagte Walter Schmid, Vizepräsident der Eidgenössischen Ausländerkommission (EKA), vorausblickend. Die seit 30 Jahren fällige Modernisierung müsse endlich umgesetzt werden.

Ausländer in den Medien: Tummelplatz für Stimmungs-Klischees

Angst um Arbeitsplätze, Vorwürfe wegen mangelnder Integrationsbereitschaft der Ausländer, eine breite Medien-Berichterstattung über Balkanraser, ausländer-jugendliche Gewaltbereitschaft, kopftuchtragende Musliminnen und afrikanische Drogendealer führten dazu, dass «die Schweiz keine Insel der Glückseligkeit mehr ist», wie EKA-Präsident Francis Matthey im vergangenen November gesagt hatte.

Seit längerem macht sich auch Matthey Sorgen über die Entwicklung beim Ausländergesetz, dessen Totalrevision am 16. März im Ständerat zur Beratung ansteht.

Die EKA wurde 1970 als (ausserparlamentarische) Expertenkommission des Bundesrats gegründet und befasst sich mit allen Fragen, die sich aus dem Zusammenleben der schweizerischen und ausländischen Bevölkerung ergeben.

Einerseits ist heute jede fünfte in der Schweiz lebende Person Ausländer oder Ausländerin, jede vierte Ehe im Land verbindet zwei Nationen und jeder 11. Schweizer ist ein Eingebürgerter. Das Gros dieser Ausländer gilt als integriert, arbeitet und weist ähnliche Kriminalitätsraten auf wie die Schweizer.

Erschreckende Informationsdefizite

Anderseits sorgen in erster Linie Medienberichte zur Asylpolitik für Schlagzeilen – zahlenmässig betrifft dies jedoch nur einen kleinen Anteil der in der Schweiz lebenden Ausländer.

In der öffentlichen Meinung dürfte es vor allem nicht zu einer Vermischung von Integrations- und Asylpolitik kommen, warnte Claudio Micheloni vom Forum für die Integration der Migrantinnen und Migraten (FIMM), «wie dies ausländerfeindliche Kreise anstreben».

Die Bevölkerung wisse zu wenig über die ausländischen Mitbewohner, sagte der Genfer Grüne Ueli Leuenberger an einer Tagung zu den Folgen des September-Neins. Illustriert wird dies am vielfach vorgebrachten Vorwurf, in zahlreichen Schulklassen gebe es zu viele Ausländerkinder, um den Lernbetrieb effizient in der Landessprache der jeweiligen Region abzuhalten.

«Eldorado für Fremdenhasser»

Hier sei klar zu stellen, so Matthey, dass solch hohe Anteile auf ein politisches Planungsdefizit zurückgingen, die Wohnquartiere seien nicht gezielt durchmischt worden. Doch das Informationsdefizit im Volk entwickle sich zu einem «Eldorado für Fremdenhasser», sagte Leuenberger.

Ende Januar an ihrer Jahresmedienkonferenz lobte die EKA die Politik und hielt fest, die Integrationsbemühungen seien gegenüber früher fortgeschritten. Ausserdem sei unbestritten, dass Integration zu den staatlichen Aufgaben gehöre.

Mehr Bemühungen – mehr Differenzen

20 Kantone verfügen inzwischen über Integrationsbeauftragte oder –stellen. Anderseits schrieb EKA-Präsident Matthey Ende Februar in einem Brief an den Ständerat, er lese «mit einiger Besorgnis die Anträge der Staatspolitischen Kommission für die Beratung».

So plädiert die EKA beispielsweise, dass für alle Personen, die in die Schweiz kommen können, möglichst die gleichen Bedingungen gelten sollen. In der parlamentarischen Beratung wurden aber eher mehr Differenzierungen eingeführt, moniert die EKA.

Sie empfiehlt ein «klares Bekenntnis zum Familiennachzug». Denn die Erfahrungen mit dem Saisonnier-Statut hätten gezeigt, dass sich Einzelpersonen schlechter integrieren als Familien. Auch die Schlechterstellung gegenüber EU- und Efta-Ausländern «wäre stossend».

swissinfo, Alexander Künzle

Eines der wichtigsten Ziele des Ausländergesetzes ist die Förderung der Integration. Das Gesetz betrifft in erster Linie Personen aus den Nicht-EU-Ländern.

Im März 2002 wurde die Botschaft des Bundesrates publiziert. Es dauerte lange, bis die Revision vor das Parlament kam. Im Sommer 2004 beriet der Nationalrat das Gesetz.

2000 hatte das Parlament die Vergabe eines jährlichen «Integrationsförderungs-Kredits» beschlossen.

2001 wurden erstmals 10 Mio. Franken vergeben. Dieses Jahr wird von 14 Mio. Franken gesprochen. Der Multiplikatoreffekt ist um einiges höher.

Ende 2005 soll der «Bericht zur Integration» publiziert werden, den Bundesrat Christoph Blocher in Auftrag gegeben hat.

Am 16. und 17. März wird der Ständerat über zwei Schlüsselthemen der Schweizer Politik beraten. Es geht um die Debatte über das Asyl- und das Ausländergesetz.
Die beiden Gesetze haben nichts miteinander zu tun.
Das Asylgesetz ist Bundesaufgabe, deshalb ist das Budget so hoch (zum Beispiel für die Nothilfe für Asylsuchende).
Beim Ausländergesetz liegt ein Grossteil der Kompetenzen bei den Kantonen (Zulassung, Wegweisung, Gesundheitswesen).

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