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Auslandschweizer erzürnt über Konsulatsschliessungen

Auslandschweizerplatz in Brunnen, Tagungsort des Rats der Fünften Schweiz. aso.ch

Das Vorhaben des Aussendepartements, weitere Konsulate zu schliessen, hat an der Frühjahrstagung des Auslandschweizerrats geharnischte Reaktionen ausgelöst. Da war die Rede von Bullshit, Schikanen und Missbrauch.

Mit seiner Rede stach Gerhard Brügger, der designierte Chef der Konsularabteilung im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), in ein Wespennest .

Brügger bestätigte vor dem Auslandschweizerrat, die kürzlich in der Presse durchgesickerten Pläne des EDA, Konsulate zu schliessen und die konsularischen Dienstleistungen zu zentralisieren.

Brügger begründete die Schritte mit Ressourcenoptimierungen, aber auch damit, dass neue Regionen dieser Welt für die Beziehungen der Schweiz immer wichtiger würden. So will das EDA im indischen Bangalore ein neues Konsulat eröffnen und im russischen Sotschi währen den Olympischen Winterspielen 2014 ein temporäres Konsulat betreiben.

«Die Erweiterung der Netze richtet sich nicht nach der Frage, wie viele Schweizer Bürgerinnen und Bürger dort leben, sondern nach der Gesamtheit der Interessen der Schweiz», sagte Brügger.

Reise quer durch den Stiefel

Die Schliessung der Konsulate quasi vor der Haustüre vieler Auslandschweizer und die wirtschaftliche Argumentation für die Schliessungen führten im Auslandschweizerrat zu zahlreichen Interventionen.

Kritisiert wurde vor allem, dass besonders auch in Ländern der EU Konsulate geschlossen würden und dass damit die Präsenz der Schweiz in wichtigen Ländern und dort, wo die meisten Auslandschweizer lebten, einmal mehr an Bedeutung verliere.

«Es gibt Auslandschweizer in Italien, die künftig zwei bis drei Tage reisen müssen, um ihre Identitätskarte zu verlängern», kritisierte Roberto Engeler, einer der Vertreter Italiens im Rat.

«Missbrauch»

«Wenn Sie so weitermachen, ist die physische Präsenz der Schweiz in Südafrika kaum mehr spürbar.» Sparen würde die Schweiz gescheiter «bei der Handelsförderung und bei den Kultursachen», sagte der in Südafrika wohnhafte Peter Müller.

«Das ist Bullshit, wenn man vom Osten Ungarns zwei Tage lang nach Wien reisen muss. Das ist eine Schikane. Die Schweizer in Ungarn sind sehr erbost über das EDA», sagte John McGough aus Ungarn: «Diese komische Übung ist zudem ein Missbrauch der Auslandschweizer. Wir werden instrumentalisiert für eine Sache, und dann wieder kaltgestellt. Wir sind nicht nur Botschafter von Schweiz Tourismus.»

Vorwürfe «gerechtfertigt», aber…

Mehrere Rednerinnen und Redner kritisierten, dass die Auslandschweizer Organisationen nicht angehört worden seien.

Das Anhören der Auslandschweizer sei «sinnlos» stellte Brügger fest: «Wir wissen genau, dass Sie uns sämtliche Gründe liefern würden, wieso die Konsulate nicht geschlossen werden dürfen», sagte er in seiner Stellungnahme zu den Vorwürfen und räumte gleichzeitig ein, er bewege sich «auf dünnem Eis».

Die Vorwürfe bezeichnete er als «gerechtfertigt», die Kommunikation zwischen dem EDA und den Auslandschweizer-Vereinen sei in der Frage der Konsulate «schlecht» gewesen.

«Wir haben uns da keine Rosen geholt und werden es besser machen.» Brügger verspricht, er werde als «Handelsreisender» in die von den Schliessungen betroffenen Länder gehen und die Reorganisation «verkaufen».

Denn das EDA müsse «nach privatwirtschaftlichen und vernünftigen Kriterien» funktionieren, zumal die Distanzen zum nächsten Konsulat in China oder anderswo «um ein Vielfaches grösser» seien als etwa in Italien.

Um die Schliessung von Konsulaten abzufedern, sehe das EDA zudem abfedernde Massnahmen vor, so die mobile Erfassung der biometrischen Daten oder die Erfassung der Passdaten in der Schweiz. Zudem hat das EDA eine telefonische Helpline eingereichtet. Weitere Massnahmen sind geplant.

Manifest zu den Wahlen

Mit Blick auf die eidgenössischen Parlamentswahlen im Oktober hat der Rat einstimmig das Wahlmanifest 2011 verabschiedet, also den Katalog der Forderungen an die politischen Parteien und Akteure.

Das Manifest fordert verschiedene Verbesserungen im Bereich der Interessenvertretung für Auslandschweizer in Bundesbern. So soll ein eigenes Auslandschweizergesetz dazu führen, dass die Auslandschweizer künftig einen einzigen Ansprechpartner haben werden.

Das heisst: Die Kompetenzen sollen mittels einer gesetzlichen Regelung in einem Departement zusammengefasst werden. Bisher ist das nicht der Fall. So ist zum Beispiel das Justiz- und Polizeidepartement zuständig für Pässe und Identitätskarten. Der Entscheid, wo die Botschaften oder Konsulate stehen oder eben nicht, liegt hingegen beim EDA.

Zu den Forderungen gehören weiter der Ausbau der elektronischen Stimmabgabe, das Recht für Auslandschweizer, auch bei den Wahlen in den Ständerat, statt lediglich in den Nationalrat, teilzunehmen, eine Verbesserung der Kommunikation und eine Aufwertung des Auslandschweizerrates.

Der ASR ist das Sprachrohr der Fünften Schweiz und vertritt gegenüber den Schweizer Behörden die Interessen aller Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer.

Dieses «Parlament der Fünften Schweiz» tagt zweimal jährlich in der Schweiz, um zu wichtigen Fragen der Auslandschweizerpolitik Stellung zu nehmen.

Der Rat tritt jeweils im Frühling und später im Rahmen des Auslandschweizer-Kongresses im Spätsommer zusammen.

Das Manifest fasst die zentralen politischen Anliegen der Auslandschweizer zusammen:

Schaffung eines Auslandschweizer-Gesetzes.

Erleichterung der Wahrnehmung der politischen Rechte (e-Voting, Teilnahme an den Ständeratswahlen).

Förderung der internationalen Mobilität der Schweizerinnen und Schweizer (Personenfreizügigkeitsabkommen, Abbau von Hürden).

Adäquate konsularische Betreuung (ausreichendes Konsularnetz, Ausbau e-Governement).

Ausbau der Kommunikation mit der 5. Schweiz (Schweizer Revue, swissinfo.ch, SwissCommunity).

Aufwertung des Auslandschweizerrats als Repräsentationsorgan.

Stärkung/Ausbau der internationalen Präsenz und Mitwirkung der Schweiz.

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